Sulzbach-Rosenberg
31.05.2019 - 19:50 Uhr

"Vor allem sprachlich war es eine Herausforderung"

Pfarrer Saju Thomas stammt aus Indien und lebt seit 2006 in Sulzbach-Rosenberg. In unserer Rubrik "Zugroast" erzählt er von einem etwas holprigen Start in der Oberpfalz - der zu kuriosen Gesprächen führte.

Pfarrer Saju Thomas stammt aus Indien und lebt seit 2006 in der Oberpfalz. Bild: ge
Pfarrer Saju Thomas stammt aus Indien und lebt seit 2006 in der Oberpfalz.

Über den Umweg Österreich kam Pfarrer Saju Thomas aus Indien in die Oberpfalz. Der katholische Priester stammt aus Kerala im Süden Indiens, studierte in Wien und lebt seit März 2006 als Pfarrer in Sulzbach-Rosenberg. Der 51-Jährige, der an Heiligabend Geburtstag hat, hält die Oberpfälzer für freundlich und offen, er fühlt sich wohl in der Region. Nur mit der Sprache war's am Anfang schwer - was zu einigen kuriosen Gesprächen führte.

ONETZ: Der Oberpfälzer ist ein Grantler und Sturkopf. Stimmt’s?

Das sind pauschale Aussagen, die so nicht zutreffen. Sture Menschen gibt es überall, in jeder Kultur. Das sind aber Ausnahmen. Die Oberpfälzer sind sehr herzliche Menschen, entgegenkommend, freundlich, positiv. Sie haben mich sehr willkommen geheißen. Sie sind sehr offen für Neues. Die Offenheit muss aber auch von mir kommen. Wenn ich nicht so offen gewesen wäre, hätte ich mich nicht so integrieren können.

ONETZ: Mit welchen Vorurteilen und Erwartungen sind Sie in die Oberpfalz gekommen? Und wie lautet jetzt Ihr Fazit?

Auch das hängt von mir ab. Mit meiner offenen Grundeinstellung ist es egal, wohin ich komme – ich versuche immer das Beste zu geben. Ich weiß, es gibt kein Land und kein Volk, wo zu hundert Prozent alles passt. Das wird es nie geben. Manchmal muss man dann kämpfen, Hindernisse nehmen. Auch hier war nicht alles rosig am Anfang. Vor allem sprachlich war es eine Herausforderung. Ich wusste eigentlich nichts über die Oberpfalz. Ich habe in Wien nur am Rande gehört, dass sie ein besonderes Stück in Deutschland ist, im positiven Sinn. Das kann ich auch bestätigen. Die Menschen bilden eine Einheit, sind in vielen Vereinen. dazu die Kultur, das Bier, die Musik und die Trachten. Das ist sehr interessant.

ONETZ: Spielen Sie oft mit dem Gedanken, in Ihre alte Heimat zurückzukehren? Wie oft fahren Sie tatsächlich zurück?

Ja, natürlich. Ich bin hier nur eine begrenzte Zeit da. Ich habe einen Vertrag, der läuft noch. Aber es ist nicht für die Ewigkeit gedacht. Nach Indien fahre ich einmal im Jahr, besuche die Heimat. Die Leute dort freuen sich sehr, sie sind sehr interessiert über Deutschland.

ONETZ: Was erzählen Sie dort von Ihrer neuen Heimat? Was würden Sie Ihren Verwandten oder Freunden zuerst zeigen, wenn die zu Besuch in die Oberpfalz kommen?

Sulzbach-Rosenberg ist hier nicht so bekannt. Wenn ich das Wort ausspreche, müssen die Leute in Indien zehn Mal nachfragen. Bayern wird dort oft mit Fußball verbunden. Und Deutschland steht für Qualitätsprodukte, Disziplin und Pünktlichkeit. In Indien kann 10 Uhr auch 10.30 Uhr heißen. Aus Indien habe ich hier noch keinen Besuch bekommen, aber ich bin 2013 mit einer Gruppe von 33 Personen nach Indien. Die Leute haben sehr interessante Einblicke erhalten.

ONETZ: Verstehen Sie Ihre Oberpfälzer Kollegen, wenn Sie mit ihnen nach Feierabend ein Bier trinken?

Am Anfang war es ein bisschen schwierig. Einmal kam ein Mann in mein Büro, ein Vater, der Probleme mit seinem Kind hatte. Er sagt immer: ‚Mein Boum, mein Boum, mein Boum’. Ich habe dann ganz ruhig gefrag: ‚Wo haben Sie den Baum gepflanzt?’ Da war der Mann erstmal sprachlos. (lacht) Wenn ich Oberpfälzer Mundart spreche, haben viele Leute Spaß. Die finden das gut, wenn ich sage: ‚Basst scho’ oder ‚Hock de hi’.

ONETZ: Fühlen Sie sich bereits als Oberpfälzer?

Ich fühle mich hier wohl, akzeptiert und wertgeschätzt. Mehr kann ich nicht erwarten, egal wo ich bin. Darauf baut man auf. Das ist die Begründung für innere Zufriedenheit.

Alle Teile der Serie

Serie "Zugroast":

In der Kolumne „Zugroast“ stellen wir jede Woche Menschen vor, die aus Hamburg, dem Ruhrpott oder Kasachstan in die Oberpfalz gezogen sind – und hier eine neue Heimat gefunden haben.

 
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