Sulzbach-Rosenberg
03.04.2019 - 15:51 Uhr

Ansturm bei Stadtführung kaum zu fassen

Fast 200 Menschen feiern bei einer Stadtführung Königin Gertrud und mit ihr die stolze Geschichte ihrer Heimatstadt - so könnte es damals gewesen sein, als die prominente Sulzbacher Grafentochter Einzug hielt auf ihrer Burg.

Mit diesem Ansturm von fast 200 Teilnehmern haben die Veranstalter der szenischen Stadtführung nie und nimmer gerechnet. Bevor die Menge ganz tief in die Stadtgeschichte eintauchen konnte, musste erst am Zangentor der Burg an der Schlossauffahrt halt gemacht werden. Bild: rlö
Mit diesem Ansturm von fast 200 Teilnehmern haben die Veranstalter der szenischen Stadtführung nie und nimmer gerechnet. Bevor die Menge ganz tief in die Stadtgeschichte eintauchen konnte, musste erst am Zangentor der Burg an der Schlossauffahrt halt gemacht werden.

Also eine Art Dejavu-Erlebnis, das den Teilnehmern an einer höchst eindrucksvollen szenischen Stadtführung da beschert wird. Wiederholung dringend geboten! Stadtführer Günther Haller ist in Sachen Stadtführungen wahrlich kein heuriger Hase mehr. Aber wie alle anderen beteiligten Akteure kann auch er kaum fassen, welche Masse an Menschen da Richtung Löwenbrunnen und Schloss strömt: Beinahe 200 Teilnehmer an einer öffentlichen Führung, das ist ebenso rekordverdächtig wie grenzwertig, denn bei solchem Andrang wird es schon schwierig für den Guide, alles wichtige an Informationen und Geschichtswissen so zu transportieren, dass es auch der Letzte in der hintersten Reihe noch mitbekommt.

Hier freilich kommt dem versierten Stadtführer Günther Haller zugute, dass er geradezu perfekt seine Stimmgewalt vereinen kann mit einer gehörigen Portion Humor. Und so darf er sicher sein, dass sich sämtliche Lauscher in seine Richtung drehen, als er im unteren Schlosshof verkündet, dass soeben Königin Gertrud von Sulzbach eingetroffen sei. Während die gekrönte Dame mit Pferd "Bella" und Geleitschutz würdevoll naht, haben die Bläser des CVJM-Posaunenchors Rosenberg unter Leitung von Kurt Lehnerer mit festlichen Bläserklängen bereits deutlich gemacht: Es steht Großes bevor. Das erklärt auch die Anwesenheit prominentesten Vertreter der Sulzbacher Ritterschaft, als da wären Ritter Gelphrad von Königstein zu Rosenberg, Ritter Gottfried von Holnstein, Truchsess zu Sulzbach und Ritter Diepold, Aicher zu Sulzbach. Alle mit Gefolge und Dudelsackspieler, versteht sich, und samt und sonders verkörpert von Aktiven der Historischen Gruppe Stiber-Fähnlein.

Thema ist also das hohe Mittelalter, die historische Glanzzeit in der reichen Sulzbacher Historie. Damit sind auch die Stationen der Führung festgelegt: Das Schloss als Ausgangs- und Zielpunkt sowie die am steilen Felssturz darunter liegende Fürstenquelle, der sagenhafte Ursprungsort dieser Stadt.

Info:

Hintergrund

Zwischen diesen beiden Polen Quelle und Schloss bekommen die Teilnehmer so viel gebündeltes Wissen über die Vergangenheit Sulzbachs vermittelt, dass ihnen fast die Ohren klingen – alles jedoch im charmanten Plauderton eingängig erzählt von Günther Haller. Und nicht zu vergessen natürlich Archäologe Dr. Matthias Hensch, der mit seinen Grabungen im Sulzbacher Schlossareal in den 1990er Jahren ein völlig neues Kapitel der Geschichtsschreibung für den gesamten bayerischen Nordgau aufschlug. Diesem Experten, dem einst eine seiner Studentinnen „Leidenschaft und Trüffelinstinkt“ bescheinigte, blieb es vorbehalten, im oberen Schlosshof eines der spannendsten Grabungsergebnisse zu erläutern: Den Fund mehrerer herrschaftlicher Gräber auf der Fläche einer einst der Schlosskirche vorgelagerten Memorialkapelle. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hatte hier unter anderem der mächtige Nordgaugraf Ernst im neunten Jahrhundert seine letzte Ruhe gefunden. Keineswegs unbedeutendes Randergebnis dieser archäologischen Erkenntnisse: Per Schaufel und Kratzkelle ist die „tausendjährige Herzogstadt“ ratzfatz fast 300 Jahre älter geworden. Denn es gab sie schon, die Sulzbacher, als weiland Kaiser Karl der Große noch in den Windeln lag: Nämlich im frühen achten Jahrhundert. Also so um etwa „700 und zwickt’s mi“ herum . . .

Stadtführungen liegen scheinbar voll im Trend. Am Sonntag wollten rund 200 Teilnehmer in die Geschichte der Herzogstadt eintauchen Das bedeutet Herausforderungen für das Kulturamt. Die SRZ fragte bei Mitarbeiterin Kerstin König nach Annahme und Ausrichtung dieser Angebote.

ONETZ: Frau König, wie ist die Kommune bei den Stadtführern aufgestellt?

Kerstin König: Zurzeit haben wir sechs ausgebildete Stadtführer im Einsatz. Dazu kommen aber noch Angebote des Stiber-Fähnleins in Eigenregie sowie von Wolfgang Fischer für den Stadtteil Rosenberg. Auch für den Rosenpfad, die Synagoge und die Alte Hof-Apotheke gibt es eigene erklärende Begleitungen.

ONETZ: Blicken Sie doch mal auf die drei vergangenen Jahre in Sachen Stadtführung zurück. Welcher Trend zeichnet sich hier ab?

Wir verzeichnen kontinuierliche Zunahmen. Die Angebote wie Jedermann-Stadtführung zweimal im Monat, aber vor allem auch die individuell mit verschiedenen Schwerpunkten vereinbarten Rundgänge erfreuen sich steigender Beliebtheit. Schwerpunkt ist dabei aber jeweils der ganze Altstadtbereich mit den Schwerpunkten Schloss, Rathaus oder Pflasterzollhaus. Hier kann man aber bei Bedarf auch sehr flexibel agieren.

ONETZ: Was kann man zur Teilnehmerzahl sagen und welches Klientel nutzt die Angebote überwiegend?

Die Zahl der Teilnehmer schwankt zwar, aber alleine in den letzten drei Jahren haben annähernd 2500 Personen unsere Angebote genützt. Interesse zeigen vor allem auch viele private Gruppen, Vereine oder Firmen und Betriebe, die einen Ausflug nach Sulzbach-Rosenberg auch gleich mit einer Stadtführung verbinden. Wenn Besucher mehrere Tagen bleiben, gehört fast immer ein Stadtrundgang zu ihrem Aufenthaltsprogramm.

ONETZ: Wo werden Sie angesichts der steigenden Nachfrage beim Ausbau des Angebots den Hebel ansetzen?

Wir bemerken beispielsweise ein gesteigertes Interesse an Themen-Stadtführungen, wie etwa damals bei den Schwerpunkten „Goldene Straße“ „Pfalz Sulzbach“ oder „Karl IV.“. Auch die szenische Stadtführung zum Mittelalter war ja rekordverdächtig. Hier wollen wir das Angebot noch ausbauen. Vorstellbar wäre etwa auch ein Rundgang zum „Jüdischen Sulzbach. (oy)

Kommentar:

Klar auf der Überholspur

Da wird wohl jeder Teilnehmer der Stadtführung zustimmen: Es macht einfach irre Spaß, Geschichte nicht als trockenen Jahreszahlen-Salat serviert zu bekommen, sondern als saftiges Menü für alle Sinne, gewürzt mit Humor und spannenden Geschichten. Die fantastische „Tisch-Deko“ dazu steuern die Schlossanlage, die pittoreske Altstadt und das romantische Bochviertel gratis bei.
Dazu noch Posaunenklang, Dudelsack-Melodei, Hufgetrappel und Schwerterklirren, Eintritt in die sonst nicht zugängliche Schlosskapelle oder ein Blick auf den Rest des mächtigen achteckigen Sulzbacher Burgturms, all das in gut zwei Stunden, das kann kein TV-Unterhaltungsformat toppen.
Sicher ausbaufähig, dieses Angebot „Szenische Stadtführung“. Die Nachbarn in Amberg machen uns da ja schon seit Jahren einiges vor, wie man beim Stadtmarketing mit dem Pfund der eigenen reichen Geschichte so richtig wuchern kann. Und was Geschichtsreichtum angeht, da zeigt Sulzbach-Rosenberg auf der Überholspur Amberg locker die Rücklichter.
Also an die Arbeit, möchte man deshalb wohlmeinend den Verantwortlichen zurufen. Beginnen könnte man bei der Homepage der Stadt. Da findet der Nutzer nämlich nicht auf den ersten und auch nicht auf den zweiten Blick das Angebot „Stadtführungen“. Davon liest man unter „Tourist-Info“ eher zufällig in der letzten Textzeile. Also bitte, so müssen wir unser Licht wirklich nicht unter den Scheffel stellen!

Sepp Lösch

 
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