Im Neubaugebiet regiert seit Monaten der Bagger. Die Erschließung für Kanal, Wasser, Strom, Straßenbau etc. läuft auf Hochtouren. Dabei wird auch viel Fels ausgebaut, es türmen sich die Haufen aus Aushub. Doch das natürlich gewachsene Material kann bautechnisch dort nicht mehr an anderer Stelle eingearbeitet werden, wie es zum Beispiel bei einem Lärmschutzwall der Fall wäre. Und genau darin liegt das Problem.
Aufklärung gibt die Stadtbaumeisterin: Der Materialüberschuss dürfte zwar dort bleiben, hat aber keinen Platz. Also muss er abtransportiert werden. Ein Entsorger nimmt ihn aber erst nach einer ausführlichen Untersuchung. Und in diesem Nachweis fanden sich stellenweise geringe Mengen von (natürlicher) Belastung durch Schwermetalle. Sie kommen in unserer Gegend praktisch überall in geringen Konzentrationen vor.
Weil aber die abfallrechtlichen Vorschriften bei Verlagerung des Aushubs eine Untersuchung vorschreiben, wurden die Haufen beprobt. Die Einstufung nach LAGA-Tabelle (Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall) ergab einen Wert von Z 1.1 - das gilt schon, wenn auch nur ein einziger Wert in einem Haufen dieses nahelegt.
Walter Pirner von Protect Umwelt, dessen Firma die Beprobung vornahm, hat die zahlreichen Einzel- und Mischproben aus den Haufen ausgewertet. Gibt es Grund zur Sorge? "Keinesfalls!", meint der Diplom-Ingenieur. "Geogen belastetes Z1.1-Material ist aus bodenschutzrechtlicher Sicht im Grunde unbedenklich, hier sind Mergel und Kalkstein stellenweise mit natürlichen Spuren von Cadmium, Nickel, Thallium und Arsen durchsetzt."
Noch höher belastet ist die Region zwischen Hof und Weiden. Fast überall im Landkreis sei die Lage in Neubaugebieten die gleiche. "Vollkommen unbelastete Böden der Klasse Z 0 finden Sie vielleicht in zehn Prozent der Fälle." Das Material sei vollkommen unbedenklich gegenüber Mensch, Pflanze und Grundwasser, es dürfe sogar in hydrogeologisch sensiblen Bereichen verwertet werden. "Es ist geogen belastet, entspricht also der natürlichen chemischen Zusammensetzung, das wurde nicht durch Menschen verursacht".
Wie ist diese Belastung einzustufen? Der Experte hat eine klare Auskunft: "Die bodenschutzrechtlich festgelegten Prüfwerte für Kinderspielplätze sind zum Beispiel wesentlich höher als in dem hier gefundenen Material." Der Grund dafür, dass die mehreren tausend Tonnen Sand, Fels und tonige Erde abtransportiert werden müssen, findet sich nämlich in den Gesetzen: Sobald das Material in der Baggerschaufel liegt, greift das Abfallrecht. Und das schreibt die Untersuchung vor. Es könnte schon woanders in technischen Bauwerken verwertet werden, aber das setzt oft ein kompliziertes und langwieriges bürokratisches Antragsverfahren zwischen verschiedenen Ämtern voraus - "und das will sich keiner antun."
Walter Pirner sieht die Gesetzeslage und die Praxis in diesem Fall kritisch, er fordert Abhilfe: „Indem wir dieses kaum belastete, eigentlich vielseitig verwendbare Material auf die Deponien verweisen, verschwenden wir dort kostbaren Raum. Doch dafür ist es eigentlich zu schade.“ Gewachsener Boden habe auf einer Deponie nichts verloren. Die Folge sei, dass zum einen die Deponiepreise sich innerhalb der letzten sechs, sieben Jahre verdoppelt hätten, zum anderen der Platz dort knapp werde. Um eine neue Deponie zu genehmigen, brauche es zudem mehrere Jahre Vorlauf.
Die Stadt wird nun rund fünf Euro pro Tonne zusätzlich aufwenden müssen, um das überflüssige Material vom Baugebiet in eine Deponie zu schaffen. Denn ansonsten wird es keiner haben wollen bzw. er scheut den bürokratischen Aufwand. Deswegen regt Walter Pirner generell bei Tiefbauplanungen ein "massenneutrales" Vorgehen an, also die Verwendung des Aushubs innerhalb der gleichen Baumaßnahme, zumindest soweit möglich. Das ist gesetzlich zulässig.
In Kempfenhof jedenfalls werden die Lastwagen die Haufen abtransportieren müssen. Eigentlich schade, man hätte damit viel gestalten können. Aber der Bürokratie-Dschungel ist auch natürlich gewachsen, er gewinnt hier die Oberhand.
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