Sulzbach-Rosenberg
30.08.2019 - 13:46 Uhr

Gesundes Essen und intakte Natur: Der Schrebergarten bringt's zusammen

Urban Gardening liegt im Trend. Das Anlegen eines öffentlichen Gartens in der Stadt erfand aber bereits im 19. Jahrhundert ein Mann namens Schreber. Seine Fans hat er auch in Sulzbach-Rosenberg, und zwar am Fuße des Annabergs.

Üppiges Grün, Blumen, Gewächshäuser und Lauben - eine intakte Natur in der Kleingartenanlage am Annabergweg Bild: hka
Üppiges Grün, Blumen, Gewächshäuser und Lauben - eine intakte Natur in der Kleingartenanlage am Annabergweg

Kleingartenanlage nennt sich das Areal am Annabergweg. Es besteht aus Parzellen mit Bäumen, Nutzgärten und blühenden Rabatten, mit Gewächshäusern, Pergolen und schmucken Lauben. Darin arbeiten und erholen sich Menschen, die in und mit ihrem Garten ganz einfach glücklich sind: die Schrebergärtner. In Deutschland gibt es - hauptsächlich in Städten - mehr als eine Million Kleingärten, wenn den Menschen auf Grund von Platzmangel oft Gartenland fehlt.

Lydia Ladegans Laube, ihr liebster Aufenthalt in den Sommermonaten Bild: hka
Lydia Ladegans Laube, ihr liebster Aufenthalt in den Sommermonaten

Insgesamt 90 Parzellen

Am Annabergweg kommen sie von April bis September in ihre grünen Refugien - jeden Tag, bei Wind und Wetter. Jetzt werden die Tage schon kürzer, hinter den Zäunen der Schrebergärten aber prangen Dahlien, Zinnien und Gladiolen noch in leuchtenden Farben. Es ist warm, und in den Gärten und Lauben ist Leben. Edeltraud und Gerhard Vogl lassen frisches Wasser in ihren Teich laufen und füttern die Goldfische. Grüne Grasfrösche dösen am Ufer, Libellen schwirren, Insekten summen. Lydia Ladegan, die Nachbarin, prüft die dunklen Beeren am Holunderstrauch, sie will Saft davon machen. Beider Grundstücke sind zwei von insgesamt 90 Parzellen, die privat erworben oder von der Stadt gepachtet worden sind.

Gerhard Vogl vor seinem Teich mit Goldfischen, Grasfröschen und Libellen. Bild: hka
Gerhard Vogl vor seinem Teich mit Goldfischen, Grasfröschen und Libellen.

Am Anfang war nur Schutt

"Wir waren die Ersten", erzählt Gerhard Vogl. Seine Frau und er haben ihre Parzelle seit bald 40 Jahren, haben sie "grün" gemacht. Denn, so erinnert sich das Ehepaar, erst einmal mussten Schutt und Dreck weggeräumt werden. Das Gelände war ein Lagerplatz für den damaligen Bergbau der Maxhütte.

Lydia Ladegan, hier mit Hund Remi, bewirtschaftet ihren Schrebergarten seit 18 Jahren. Bild: hka
Lydia Ladegan, hier mit Hund Remi, bewirtschaftet ihren Schrebergarten seit 18 Jahren.

Lydia Ladegan hat ihren Garten vor 18 Jahren von einem früheren Pächter übernommen, bewirtschaftet ihn nach dem Tod ihres Mannes heute mit ihrem Lebensgefährten Alexander Mut. "Am Häusl ham a wenig nachgebastelt", beschreibt die Übersiedlerin aus Kasachstan die Arbeit an ihrer schmucken Laube. Einen Garten war sie von ihrem Zuhause gewohnt: "Haben alles gehabt und waren hier ohne nix." Jetzt gedeihen Tomaten und Gurken, reifen gestreifte Kürbisse und saftige Holunderbeeren, wird geerntet, eingekocht, entsaftet und natürlich auch verschenkt. "Die Kinder kommen und die Verwandten, holen Gemüse und Obst", freut sie sich über ihre Möglichkeit zu geben.

Am Gartenhäuschen eine Erinnerung an die Heimat in Kasachstan: Das Straßenschild in russischer Schrift. Bild: hka
Am Gartenhäuschen eine Erinnerung an die Heimat in Kasachstan: Das Straßenschild in russischer Schrift.

Schock kam über Nacht

Ruhe und Entspannung, das Wachsen und Gedeihen, aber auch das gute Miteinander, das Austauschen unter Gleichgesinnten: Das ist es, was Edeltraud und Gerhard Vogl an ihrem Garten schätzen. Sie wie auch die anderen "Laubenpieper" nennen ihren Garten ihr ganzes Glück. Laue Sommerabende, der Kaffee am Sonntagnachmittag, auch das Gießen und Unkraut jäten machen Freude, geben Sinn. Umso größer war der Schock, als vor ein paar Jahren der Freistaat als Eigentümer quasi über Nacht die Anlage für Meistbietende versteigern lassen wollte. "Ohne uns überhaupt davon zu informieren", kann sich Gerhard Vogl heute noch empören. Durch den massiven Widerstand aller und die Unterstützung von Bürgermeister Michael Göth konnte der Plan vereitelt werden. Die Stadt kaufte das Gelände, in den Schrebergärten kehrte wieder Ruhe ein.

Täglich kann Edeltraud Vogl Tomaten in ihrem Gewächshaus ernten. Bild: hka
Täglich kann Edeltraud Vogl Tomaten in ihrem Gewächshaus ernten.

Die Ruhe den ganzen Sommer über genießen die Schrebergärtner - meist sind es Rentner - ganz besonders. "Assafohrn, as Handy dahoim loua, nou is a Rouh", schildert Gerhard Vogl einen normalen Gartentag. Wenn einmal gefeiert wird, sei das in Ordnung, sagen die Vogls, "dann fahrn ma halt heim". Daheim sind sie in der Jahnstraße in Rosenberg. In ihrem Schrebergarten sind sie alle Tage, haben auch Besuch von Kindern und Enkeln, Schaukel und Trampolin zeugen davon.

Blumen und Grün, ein gemütlicher Platz und der Grill, all das macht das Glück des Schrebergärtners aus. Bild: hka
Blumen und Grün, ein gemütlicher Platz und der Grill, all das macht das Glück des Schrebergärtners aus.

Gleiche Interessen

Für Lydia Ladegan ist ihr Garten ein Gesundbrunnen: "Fitness für die Glieder, Therapie für die Nerven", lacht sie. Sie ist eine von vielen Russlanddeutschen in dieser Gartenanlage. Mit ihren Nachbarn hat sie guten Kontakt seit vielen Jahren. "Wir haben die gleichen Interessen", sagt auch Edeltraud Vogl, "das verbindet." Und sollte es einmal Probleme geben, dann werde darüber geredet. Eine Einigung sei bisher immer gefunden worden.

Zinnien in leuchtenden Farben weisen auf den nahen Herbst hin. Bild: hka
Zinnien in leuchtenden Farben weisen auf den nahen Herbst hin.

Die Zukunft der Laubenkolonie? Viele Schrebergärtner mussten aus Altersgründen aufgeben, andere sind verstorben. Vogls denken nicht ans Aufhören. Auch haben sie Kinder, die den Garten lieben. Die anderen? Ihre Hoffnung: Der Wunsch nach gesunder Ernährung und die Notwendigkeit einer intakten Natur könnten Urban Gardening fördern und damit auch den Schrebergärtnern weiterhin ihr Gartenglück garantieren.

Hintergrund:

Urban Gardening

Was heute Urban Gardening heißt, fing im 19. Jahrhundert in einer Stadt an: Mit dem Leipziger Orthopäden Daniel Gottlob Moritz Schreber (1808 bis 1861), der Namensgeber für eine nach ihm benannte Gartenkultur wurde. "Laubenpieper" ist eine (scherzhafte) Bezeichnung für den Inhaber eines Kleingartens mit einer Gartenlaube.

 
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