Sulzbach-Rosenberg
03.03.2020 - 17:47 Uhr

Herzstück der Maxhütten-Energie schwindet

Der Abbruchbagger frisst sich durch das Gebäude, legt Stahltrümmer scheppernd beiseite. 52 Jahre tat das MH-Kraftwerk zuverlässig seinen Dienst, jetzt ist es bald nur mehr ein Schutthaufen im freigeräumten Areal.

Der Abriss der Maxhütte schreitet weiter voran. Jetzt ist das ehemalige Kraftwerk des Stahlwerks dran. Bild: Hartl
Der Abriss der Maxhütte schreitet weiter voran. Jetzt ist das ehemalige Kraftwerk des Stahlwerks dran.

Zuerst fiel am Donnerstag der Kamin des Kraftwerks (onetz.de/2983760), jetzt kommt das Gebäude selber dran. Das Abbruch-Unternehmen, die Firma Ferraro Group aus Neunkirchen im Saarland, macht sich im Rahmen ihres für große Teile des MH-Areals geltenden Arbeitsvertrages auch hier ans Werk. Die Ostseite ist schon eingerissen, das Innere des rund fünfstöckigen Baues liegt frei, riesige Doppel-T-Träger bilden das Gerüst. Der Bagger reißt die Stahlteile aus dem Gebäude und legt sie auf einen Haufen. "Das geht alles ins Recycling zu MAR zu den Lechstahlwerken", erklärt Manager Bernhard Dobler von der Maxhütte-Verwertungs- und Verwaltungsgesellschaft (MHVV).

2000 Kubikmeter Schutt

Das ist der alte Siemens-Generator im MH-Kraftwerk im Jahr 2008, genauer gesagt die Vorschaltmaschine. Sie reduzierte den Hochdruck- auf Mitteldruckdampf. Jahrzehntelang lieferte die Anlage Strom für das integrierte Hüttenwerk. Bild: ge
Das ist der alte Siemens-Generator im MH-Kraftwerk im Jahr 2008, genauer gesagt die Vorschaltmaschine. Sie reduzierte den Hochdruck- auf Mitteldruckdampf. Jahrzehntelang lieferte die Anlage Strom für das integrierte Hüttenwerk.

So an die 3000 Tonnen Stahl werden hier wohl zusammenkommen. Die rund 2000 Kubikmeter Bauschutt werden in je 500 Kubikmeter große "Haufwerke" aufgeschichtet und vor ihrem Abtransport beprobt und auf Belastungen untersucht. Dämmmaterial und asbestverdächtige Teile sind bereits per Hand ausgebaut und zwischengelagert worden. Rund acht Wochen, so schätzt die Firma, werden die Arbeiter hier beschäftigt sein.

Aber zurück zum Kraftwerk: 1950 erbaut, stellte das 83 mal 26 Meter große und 26 Meter hohe Gebäude das energietechnische Herzstück der Maxhütte dar. Karl Reyzl gerät als Diplom-Ingenieur ins Schwärmen, wenn er von der Technik spricht: "Primär wurde das Kraftwerk in diesem integrierten Hüttenwerk mit Gichtgas aus den Hochöfen betrieben. Als Stütz-Energie kamen im Bedarfsfall Erdgas und schweres Heizöl hinzu." In fünf Kesseln verbrannt, lieferten diese Stoffe den Hoch- und Mitteldruck-Prozessdampf für die Dampfzugmaschinen des Walzwerks. Wurde dort kein Dampf benötigt, erzeugten die beiden Generatoren daraus 12 bzw. 8 Megawatt elektrische Energie - "das machte im Jahresschnitt oft weit über 40 Prozent des gesamten Maxhütten-Stroms aus", schätzt Reyzl, der heute noch von dem stabilen und robusten System schwärmt.

Technisches Kabinettstückchen

Im Rosenberger integrierten Hüttenwerk konnte das Walzwerk also statt mit den sonst üblichen Elektromotoren eine Energiestufe tiefer gleich mit Dampf gefahren werden - eine ziemlich gute und sparsamere Lösung. Und das Gichtgas als Hauptbrennstoff entstand ja ohnehin bei der Roheisen-Produktion in den Hochöfen der Hütte. Jetzt ist auch dieses technische Kabinettstückchen Geschichte, so wie das Stahlwerk und viele andere bekannte Teile der Maxhütte. Aber immerhin existieren ja viele künstlerisch wertvolle Bilder einiger MH-Dokumentatoren. Sie lassen die einstige Technik-Herrlichkeit immer noch erahnen.

Info:

Kraftwerkstechnik

Das Kraftwerk der Maxhütte wurde 1949/50 mit zunächst drei Kesseln à 25 Tonnen pro Stunde (t/h) gebaut. 1958 kam der Kessel 4 dazu mit 40 t/h. 1971 wurde der Kessel 5 errichtet mit 100 t/h Dampfleistung. Verfeuert wurde das vom Hochofen erzeugte Gichtgas, zur Stützfeuerung wurde Heizöl S eingesetzt.

1987 wurden zwei neue Kessel 1A und 2A dazugebaut mit jeweils 25 t/h Dampfleistung für Gichtgas und alternativ mit Erdgas betreibbar. Der erzeugte Dampf wurde direkt im Betrieb eingesetzt in der Vakuumanlage und in den Walzenzugmaschinen des Walzwerks.

Überschüssiger Dampf wurde in Generatoren verstromt. Dazu nutzte man eine Vorschaltmaschine mit 8 Megawatt (MW) Leistung und eine Nachschaltmaschine mit 12,5 MW Leistung. Beide Maschinen wurden im Jahr 1950 gebaut. Die Strombilanz betrug zum Beispiel im Jahr 1998: Eigenerzeugung 66 Gigawattstunden, Fremdbezug 112 Gwh.

 
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