„A teyl vun dir, a teyl vun mir“, sind solche Worte, die in der ehemaligen Synagoge verstanden werden. Denn, so erklärt die Sängerin Valeriya Shishkova ihren Zuhörern: ,,Jiddisch besteht aus zwei Teilen, mehr aber aus Deutsch als aus Hebräisch“. Zusammen mit zwei russischen Musikern, Sergey Trembitskiy, Klavier und Flöte, und Gennadiy Nepomnjaschiy, Klarinette, entführt sie in östliche Seelen- und Landschaftswelten. Heiter bis traurig stimmen ihre Lieder aus dem Alltagsleben, um Begebenheiten, die es heute nicht mehr gibt oder auch solche, die zu allen Zeiten aktuell sind. Gefühlsstärke, Leidenschaft und Perfektion, der Dreiklang der Sängerin und ihrer beiden Instrumentalisten erzeugen den typischen Wechsel der Tempi, die unterschiedlichen Stimmungen – einfach das jiddische Feeling.
Valeriya Shishkova ist in Moskau geboren, hat zwar jüdische Wurzeln, aber schon ihr Vater hat nicht mehr jiddisch gesprochen. Die jiddische Musik entdeckt sie erst als junge Frau. Seit 14 Jahren lebt sie in Dresden, gilt mittlerweile in Deutschland als überzeugendste Interpretin jiddischer Lieder. Sie trägt diese im Herzen. Mit ihrer wandlungsfähigen warmen Stimme, die sich mühelos zwischen dunklem Alt und hellem Sopran bewegt, beschreibt sie das unendliche Glück der Liebe ebenso wie Tränen, das Licht des Mondes oder den Flug eines Vogels. Zu jedem ihrer Lieder schildert sie heitere oder tiefsinnige Hintergründe, philosophiert mit Charme, führt mit Sachkenntnis in die jiddische Kultur ein. Mal still oder zutiefst bewegt, dann wieder energisch oder fröhlich, ihre Gestik, Mimik, ihr Gesang und ihre Aura bilden ein stimmiges Gesamtkunstwerk.
Sie wird von zwei versierten russischen Musikern begleitet, die sich Di Vanderer nennen und die mit der ganzen Bandbreite ihres Könnens den instrumentalen Klezmer-Hintergrund liefern. Nepomnjaschiy begeistert mit seiner Virtuosität und seinem komödiantischen Talent, wenn er tanzen und hüpfen kann und immer noch genügend Kraft, Technik und Luft für seine Klarinette hat. Trembitskiy am Flügel und an der Querflöte macht das Trio perfekt, kann auch jiddischen Tango und Walzertakt und liefert im Zusammenspiel mit seinem Musikerkollegen den eindrucksvollen Beweis, dass Jazz seine Wurzeln im Klezmer hat.
Der große Beifall der Zuhörer in der voll besetzten Synagoge wird mit Zugaben belohnt. Ein Abend mit Musik, der glücklich gemacht hat. Der die Lebensfähigkeit einer Kultur bekräftigt, die die Vorgänger der neuen Rechtsextremen fast zum Schweigen gebracht hatten.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.