Sulzbach-Rosenberg
05.07.2019 - 13:38 Uhr

Literaturarchiv öffnet Schatztruhe von Eugen Oker

Es ist ein Geburtstagsgeschenk nicht für, sondern von Eugen Oker. Vielmehr kommt es von seiner Frau Maria. Viele Kisten hat sie kürzlich nach Sulzbach-Rosenberg geschickt.

Archivleiter Michael Hehl (Vierter von rechts) zeigt den Vernissage-Besuchern Eugen Okers Notizbücher und Briefe. Bild: hka
Archivleiter Michael Hehl (Vierter von rechts) zeigt den Vernissage-Besuchern Eugen Okers Notizbücher und Briefe.

Der literarische Nachlass des Oberpfälzer Lyrikers, Romanciers und Spielekritikers befindet sich seit 2007 im Literaturarchiv. Im Jahr des 100. Geburtstages von Eugen Oker kamen private Schätze dazu: Foto- und Recherche-Material, Notizbücher, Zeitungsartikel und Briefe. "Weil" sagt Okers Witwe Maria Gebhardt, "dort ist alles gut aufgehoben." Das Literaturarchiv bedankt sich dafür mit der Ausstellung "Lebensfäden", die bis Oktober 2019 zu sehen sein wird.

Die Witwe selber konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht dabei sein, als im Literaturarchiv, die bereits dritte Oker-Ausstellung eröffnet wurde. Allerdings durften Archivleiter Michael Hehl und Patricia Preuß, die kaufmännische Leiterin, Familienangehörige Okers begrüßen: seinen Sohn Max Bauernschmidt und seine Frau Sabine aus Markt Schwaben sowie die Schwestern des Dichters, Johanna Augustin aus Regensburg und Waltraud Luber mit Ehemann Richard aus Kallmünz.

"Lebensfäden" nennt das Literaturarchiv die Ausstellung nach dem Titel eines von Okers autobiographischen Büchern, das anlässlich seines 100. Geburtstages im Lichtung-Verlag neu herausgegeben wurde. In vier Räumen sind Dinge zusammengetragen, die das Leben des Eugen Oker, der eigentlich Fritz Gebhardt hieß, beschreiben: Selbstironische Selfies, Collagen aus Obst- und Würfelzuckerpapieren, Manuskripte von Gedichten und für Fernsehsendungen. Als "eine wahre Schatztruhe" bezeichnet Archivleiter Hehl die Sammlung. Sie zeichne ein Bild von einem Leben für die Literatur, die Kunst und das Spiel mit der Lebensphilosophie des schelmischen Augenzwinkerns und des Hintersinnigen.

Viele Berufe hatte der passionierte Oberpfälzer Eugen Oker, der vor 100 Jahren in Schwandorf geboren wurde. Er ist nicht nur bekannt als Autor und begnadeter Mundartdichter, sondern auch als Spieleerfinder und -kritiker. In der BR-Sendung "Bayern, wo's kaum einer kennt" zeigte er den Freistaat mit dem Blick fürs Kuriose. Und dass er es geschafft hat, nach dem Zeiten Weltkrieg als "deutscher Kaufmann" Zugang zu Seminaren und Sitzungen der Engländer in Wilton Park in Sussex zu bekommen, spricht für seine Cleverness. Seine letzte Ruhestätte hat der Botschafter seiner Heimat in Kallmünz gefunden, dem Geburtsort seiner Frau. 45 Jahre, bis zu seinem Tod 2006, war sie mit ihm verheiratet. Sie gründete mit ihm "Kuckuck & Straps", den "Verlag mit den kleinsten Auflagen der Welt", der heute zu dem niederbayerischen Verlag Lichtung gehört.

Was wäre eine Ausstellung, ohne den Dichter selbst zu Wort kommen zu lassen? Diese Rolle übernahm im Literaturarchiv Gerhard Burger, Autor und Übersetzer und Verfasser des Vorwortes zu den "Lebensfäden". Aus diesem Oker-Buch las er Kapitel über dessen Kindheit, als die bigottische Höllrieglin ihre Gänse stopfte und er mit der lustigen Marie ein frommes Spiel über das ewige Leben spielte. Auf Liebesgedichte an seine Frau folgten skurrile Reime und Zeichnungen aus dem "Kuckuck von Timbuktu" und ganz zum Schluss sein Desertieren aus dem Krieg und die Begeisterung über den Zusammenbruch des Dritten Reiches. Ein sehr persönliches, witziges, makabres, nachdenkliches Buch, gewidmet dem Sohn Max, der dieses Vermächtnis seines Vaters zu würdigen weiß.

Schlitzohr Oker an den Dichterfürsten. Bild: hka
Schlitzohr Oker an den Dichterfürsten.
In seinen Taschenkalendern hat Eugen Oker Tagebuch geführt. Bild: hka
In seinen Taschenkalendern hat Eugen Oker Tagebuch geführt.
Weisheit auf Oberpfälzer Mundart. Bild: hka
Weisheit auf Oberpfälzer Mundart.
Die Familie Eugen Okers war zur Ausstellungseröffnung gekommen. Von rechts Sohn Max Bauernschmidt, geb. Gebhardt, mit Frau Sabine, die Schwestern Johanna Augustin und Waltraud Luber mit Ehemann Richard. Bild: hka
Die Familie Eugen Okers war zur Ausstellungseröffnung gekommen. Von rechts Sohn Max Bauernschmidt, geb. Gebhardt, mit Frau Sabine, die Schwestern Johanna Augustin und Waltraud Luber mit Ehemann Richard.
"Lebensfäden" heißt das Buch, aus dem Autor und Übersetzer Gerd Burger las. Oker vergleicht das Leben mit einem Pullover, zusammengesetzt aus Erinnerungsfäden. Bild: hka
"Lebensfäden" heißt das Buch, aus dem Autor und Übersetzer Gerd Burger las. Oker vergleicht das Leben mit einem Pullover, zusammengesetzt aus Erinnerungsfäden.
 
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