Sonntag früh, 8.45 Uhr: Stadtpfarrer Dr. Roland Kurz geht in die Christuskirche. Einen Talar trägt er nicht, denn er darf derzeit keinen Gottesdienst halten. Aber er möchte ein Zeichen geben, dass die Kirche noch da ist und das Leben weitergeht. Ein Zeichen der Verbundenheit mit den Gläubigen, denn auch die Christuskirche bietet zwar online Andachten an, kann aber damit nicht alle Gemeindeglieder erreichen. Vor allem Ältere, die sich mit dem Internet nicht auskennen, bleiben davon ausgeschlossen.
Deshalb bietet Pfarrer Kurz jeden Sonntag ein tröstendes Stück Normalität: Die Glocken läuten. Jetzt rufen sie die Menschen allerdings nicht zum Sonntagsgottesdienst in die Kirchen. Sie laden jedoch zum Innehalten während der Quarantäne und zu einem stillen Gebet ein.
Während der Stundenschlag automatisch erfolgt, muss das Geläut von Hand eingestellt werden. Zuerst setzt der Pfarrer die hellste Glocke in Bewegung. Erst wenn die gleichmäßig schwingt, kommen nach und nach die anderen mit Ausnahme der Taufglocke dazu, bis das volle Geläut ertönt. Die kleine Glocke schaltet er als erste aus, so dass zum Schluss nur noch die tiefste läutet. Sie ist nach dem Ausstellen noch länger zu hören, weil sie wegen ihrer Größe eine halbe Minute nachhallt. Ein bisschen Übung muss sein, damit das Geläut vor dem Stundenschlag um 9 Uhr verklungen ist: "Wenn sich das mischt, klingt es gemein", weiß der Fachmann.
Auf eine ökumenische Aktion an Ostern weist Kurz bereits jetzt hin: Am Ostersonntag werden um 8.30 Uhr die Glocken von St. Marien und der Christuskirche den Ostermorgen verkünden. Um 12 Uhr am Ostersonntag werden in einer gemeinsamen Aktion der evangelischen und katholischen Kirchen ebenfalls die Glocken läuten.













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