Sulzbach-Rosenberg
31.07.2019 - 16:49 Uhr

Watzmann-Drama: Zwei Ersthelfer aus Weigendorf

Die Rettungsaktion am Watzmann war dramatisch: Eine Frau war 50 Meter in die Tiefe gestürzt. Großes Glück für die 22-Jährige: Zwei der Ersthelfer, die sich zu ihr abseilten, sind Profis in Sachen Bergrettung. Sie stammen aus Weigendorf.

Silas Hämmerl (links) und Johannes Grötsch sind seit Sonntagabend zurück von ihrem Bergwochenende. Die beiden Bergwacht-Mitglieder wollten privat den Watzmann überqueren, als eine 22-Jährige auf dieser Route 50 Meter in die Tiefe stürzte und die beiden jungen Männer als Ersthelfer gefordert waren. Bild: san
Silas Hämmerl (links) und Johannes Grötsch sind seit Sonntagabend zurück von ihrem Bergwochenende. Die beiden Bergwacht-Mitglieder wollten privat den Watzmann überqueren, als eine 22-Jährige auf dieser Route 50 Meter in die Tiefe stürzte und die beiden jungen Männer als Ersthelfer gefordert waren.

Silas Hämmerl (20) und Johannes Grötsch (26), beide aus Weigendorf, sind seit einigen Jahren bei der Bergwacht-Bereitschaft Sulzbach-Rosenberg. Dass genau dieser Umstand einer Bergsteigerin enorm helfen sollte, konnten sie nicht wissen, als sie sich zu einem lange geplanten Bergwochenende in die Alpen aufmachten. Während ihrer Watzmann-Überquerung waren sie als Ersthelfer bei einem schweren Unglück gefordert: Eine 22-Jährige aus Brandenburg war 50 Meter in die Tiefe gestürzt.

Zu siebt waren die Oberpfälzer ins hochalpine Gelände aufgebrochen, vier von ihnen wollten die Watzmann-Überschreitung in Angriff nehmen. Die beiden Weigendorfer sind Cousins, mit einem weiteren Cousin und dem Vater von Johannes Grötsch machten sie sich am Samstagmorgen vom Watzmannhaus auf den Weg. "Man geht so früh wie möglich los, um sicher drüber zu kommen", sagt Grötsch über die Überschreitung. Um 4 Uhr ging es los.

Gegen 8 Uhr erreichte das Quartett die Mittelspitze, machte dort Pause - und sah, wie sich in gut 100 Meter Entfernung einige Bergsteiger bemerkbar machten. Aus deren Gruppe war gerade eine junge Frau abgestürzt - 50 Meter in die Tiefe. Silas Hämmerl und Johannes Grötsch zögerten nicht, sich zu der verunglückten Bergsteigerin, die sie von ihrer Position aus nicht sehen konnten, abzuseilen. Ein weiterer Bergsteiger aus Bayern, der zufällig Rettungsdienst-Mitarbeiter war, schloss sich den Weigendorfern an.

Zwischenstand gebaut

Ein Seil hatten sie dabei, das allerdings war nur 30 Meter lang, so dass sie auf der Mitte des Weges nach unten einen Zwischenstand bauen mussten. "Wir haben uns nacheinander abgeseilt, um zu der Patientin zu kommen", sagt Hämmerl. "Das hat ganz gut geklappt." Sie wussten nicht, wo sich die Frau befand, sie wussten nicht, wie schwer sie verletzt war, ob sie den Absturz überhaupt überlebt hatte. Die jungen Männer schildern, dass sie höllisch aufpassen mussten, um ja keine Steine loszutreten - diese hätten das Opfer treffen können. Auch wollten sie sich beim Abseilen nicht in Gefahr bringen. Endlich sind sie bei der schwerstverletzten Urlauberin. Und froh, dass sie mit dem dritten Ersthelfer einen weiteren Rettungsdienst-Profi dabei haben. "Er hat super in unser Team gepasst", sagen die Weigendorfer.

Das Trio stabilisierte die Patientin. Augenzeugen des Unglücks hatten bereits die Rettungskräfte verständigt. "Wir hatten unten gar keinen Empfang", berichten die Cousins. Erste Versuche, die Frau per Helikopter zu retten, misslangen. Der Nebel war zu dicht. Acht Stunden lang hofften die Einsatzkräfte, es würde sich irgendwann eine Wetterlücke auftun und der Hubschrauber könnte die Schwerverletzte doch noch ausfliegen - keine Chance. Wegen der dichten Wolken konnten die Piloten die Unglücksstelle nicht anfliegen.

Helikopter brachten per Shuttle-Verkehr weitere Retter auf den Berg, zwei Mitglieder der Bergwacht Ramsau seilten sich zur verunglückten Bergsteigerin und deren Ersthelfern ab. "Ein überlebensnotwendiges Medikament wurde mit dem Heli von der Kreisklinik Berchtesgaden an die Nebelgrenze geflogen und dann sozusagen im Staffellauf von unseren Leuten zur Patientin gebracht", zitiert der BRK-Kreisverband Berchtesgadener Land den zuständige Bereitschaftsleiter der Bergwacht Ramsau, Rudi Fendt, in einem Bericht.

Da besseres Wetter nicht in Sicht war, blieb nichts anderes übrig, als die Frau per Schrägaufzug zum Grat hinauf - immerhin 40 Höhenmeter - und seilversichert über das Hockeck in Richtung Watzmannhaus zu transportieren. Auch dabei packten Hämmerl und Grötsch kräftig an, schleppten zum Beispiel Material. Da machte es keinen Unterschied, dass die einen Bergretter aus der Region, die anderen Ersthelfer und Bergretter aus der Oberpfalz waren: "Wir waren einfach alle Rettungskräfte", so Grötsch. "Wir haben alle zusammengeholfen", so Hämmerl.

"Für uns selbstverständlich"

Die Nacht von Samstag und Sonntag verbrachten die beiden Weigendorfer und ihre beiden Begleiter, die sich in all der Zeit, während die Rettungsaktion lief, rührend mit um die Augenzeugen des Unglücks aus der Gruppe der 22-Jährigen gekümmert hatten, im Watzmannhaus. Auch der Hüttenwirt war voll des Lobes für die beiden couragierten Ersthelfer. "Alle waren voller Dankbarkeit", erinnert sich Grötsch. Er und sein Cousin betonen, dass es für sie eine Selbstverständlichkeit war, da zu helfen.

Die dramatische Rettungsaktion am Watzmann beherrschte am Wochenende die Nachrichten: Weil wegen dichten Nebels kein Hubschrauber an die Unglücksstelle konnte, mussten die Rettungskräfte einen Schrägaufzug bauen, um die abgestürzte Bergsteigerin rund 40 Meter zum Grat hinauf zu transportieren. Bild: BRK Berchtesgadener Land
Die dramatische Rettungsaktion am Watzmann beherrschte am Wochenende die Nachrichten: Weil wegen dichten Nebels kein Hubschrauber an die Unglücksstelle konnte, mussten die Rettungskräfte einen Schrägaufzug bauen, um die abgestürzte Bergsteigerin rund 40 Meter zum Grat hinauf zu transportieren.
Info:

Lob für die Rettungskräfte

Auf der Homepage des BRK Berchtesgadener Land dankt Ramsaus Bergwacht-Bereitschaftsleiter Rudi Fendt den an der Rettungsaktion am Watzmann beteiligten Kräften und erwähnt auch „die sehr gut ausgebildeten Ersthelfer der Bergwacht Sulzbach-Rosenberg“. Alle hätten Unglaubliches geleistet und perfekt Hand in Hand zusammengearbeitet, damit die junge Frau trotz der extrem schwierigen Bedingungen überlebe.

Die beiden Ersthelfer der Sulzbach-Rosenberger Bergwacht, Silas Hämmerl und Johannes Grötsch, sind aber auch sehr dankbar für das, was ihre Begleiter – ein Cousin und Grötschs Vater – sowie zwei weitere Bergsteiger oben an der Kante geleistet haben. Sie kümmerten sich um jene, die den Absturz der Frau miterlebten und um sie bangten. „Sie haben die Augenzeugen beruhigt, waren für sie da – das haben sie klasse gemacht.“

 
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