"Er eckte an, weil die Kleinen und Schwachen bei ihm gut wegkamen, und er passte damit nicht in das Meinungsbild der damaligen Zeit, das der Leute, die etwas zu sagen hatten. Mit einem Wort: Jesus musste weg", erklärte Pfarrer im Ruhestand Helmut Süß beim Einkehrtag der KAB-Ortsgruppe zur vorösterlichen Bußzeit. Süß sprach dabei zum Thema „Kreuzweg Jesu – Begegnungen“.
Der physische Kreuzweg von Jesus habe, wie in der Bibel erwähnt, an der auch historisch benannten Burg Antonia begonnen, dem Zentrum der römischen Besatzungsmacht in Jerusalem. Kreuzwegstationen an einer Wegstrecke, in Jerusalem sei das die Via Dolorosa, seien seit dem 16. Jahrhundert bekannt, berichtete der Geistliche. In unseren Pfarreien fänden sich plastische Darstellungen ungefähr seit dem Jahr 1700.
Ein Bildnis vom Angesicht Jesu werde mit Veronika in Verbindung gebracht, ging Süß als erste Begegnung auf die Szene ein, in der Veronika Jesus ein Schweißtuch reicht. Aus dem lateinischen „vera – wahr“ und dem griechischen „Ikon-Bild“ sei der Name Veronika als "wahres Bild" gedeutet worden.
Früher sei in der Kirche der strenge Gott im Vordergrund gestanden, heute werde vom liebenden und gnädigen Gott gesprochen. Das Gottesbild ändere sich, und Änderungen in der Kirche seien Zeichen einer lebendigen Kirche, betonte der Redner. „Welches Gottesbild habe ich?“, könne sich jeder einzelne fragen, auch dann, wenn viel Schlimmes zusammenkomme an Krankheit und Schicksal in den Familien.
Als ein "sehr einprägendes Beispiel einer Begegnung" bezeichnete Süß die Szene, als Simon von Cyrene von Soldaten „überredet“ werde, das Kreuz oder einen Balken zum Hinrichtungsplatz zu tragen. "In die Jetzt-Zeit übertragen, kann sich jeder Mensch fragen, wo und in welchen Fällen man helfen kann", erklärte der Geistliche. "Wie sehen wir um uns herum Krankheit von Kollegen und Freunden, Trennungskrisen, Probleme von Kollegen am Arbeitsplatz und vieles mehr?"
Als weiteres Beispiel hatte der Ruhestandspfarrer die Begegnung von Jesus mit seinen beiden Leidensgenossen ausgesucht. Da es sich bei den beiden „Schächern“ im heutigen Sinn um Gesetzlose oder gar Verbrecher gehandelt hatte, stoße es bei vielen auf Unverständnis, dass einer von ihnen sich mit einer einzigen Bemerkung plötzlich als Gutmensch zeigte und als „Last-Minute-Bekehrter" ins Paradies eingehen konnte, merkte Süß an.
Gleiches könne im Evangelium von der Arbeit im Weinberg nachgelesen werden, wo der Weinbergsbesitzer am Morgen, am Mittag, am Nachmittag und sogar eine Stunde vor Feierabend Arbeiter anwarb, aber alle den gleichen Lohn erhielten. "Aber es gibt nur eine Glückseligkeit, alle können gerettet werden", sagte der Referent. Man solle nicht über andere den Stab brechen.
Am Ende seines Vortrags sprach Süß einen anderen Aspekt an und verglich einen „inaktiven“ Christen mit einem Andersgläubigen: „Wer ist besser, ein Moslem, der dreimal täglich seinen Gebetsteppich ausrollt, oder ein Christ, der vergessen hat, wie das Beten geht?" Da sei der, der einen anderen Glauben praktiziere, schon lieber, meinte der Geistliche, wies am Ende aber auch darauf hin: „Gottes Mühlen gehen anders, und jeder bekommt immer wieder seine Chance.“
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