Thurndorf bei Kirchenthumbach
28.12.2020 - 13:38 Uhr

Professor Hans-Georg Gradl feiert Christmette in Thurndorf: Sich vom "krippalen" Infekt anstecken lassen

Die elektrischen Lichterketten am Christbaum vor der Pfarrkirche St. Jakobus wiegen sich im Wind. Anstelle von weihnachtlich standesgemäßen Schneeflocken prasselt der Regen vom Himmel.

Professor Hans-Georg Gradl feiert mit der Thurndorfer Pfarrgemeinde die Gottesdienste unter anderem am Heiligen Abend und am Fest der Heiligen. Familie Bild: hzi
Professor Hans-Georg Gradl feiert mit der Thurndorfer Pfarrgemeinde die Gottesdienste unter anderem am Heiligen Abend und am Fest der Heiligen. Familie

Drinnen erinnerte sich Professor Hans-Georg Gradl, der zusammen mit den Gläubigen die Christmette feierte, in seiner Predigt an die Jahre zuvor. „Wenn mir jemand gesagt hätte, dass sie dieses Jahr alle mit Mund-Nasen-Schutz im Gottesdienst sitzen: Ich hätte das für einen eher schlechten Scherz gehalten", sagte er in seiner Predigt.

Doch wegen der Infektionsgefahr im Zuge der Covid19-Pandemie sei es so gekommen. Doch im Gegensatz m Coronavirus sei beim Weihnachtsfest eine Ansteckung erwünscht, betonte Gradl: Hier gehe es um einen „krippalen“ Infekt.

Seit Monaten gehe man auf Abstand zueinander, reduziere die persönlichen Kontakte. Weihnachten jedoch, "dieser andere 'krippale' Infekt", gehe nicht auf Distanz: Weihnachten „feiere“ die Gemeinschaft und einen Gott, der auf uns Menschen zugehe.

"Wir sollten uns von Weihnachten anstecken lassen", forderte der Priester die Gläubigen auf: "Den anderen schützen, aber Licht und Wärme nicht vermissen lassen – mit einem Telefongespräch, einer Geste oder einem guten Gedanken, dem man jemandem zukommen lässt."

Die Menschen müssten die weihnachtliche Nähe unter diesen neuen Bedingungen wieder neu erfinden und entdecken. Masken schützten, erschwerten aber gleichzeitig die Verständigung.

Weihnachten bedeute dagegen eine verständliche Kommunikation: "Gott wird Mensch", besser könne man nicht kommunizieren. "Jesus spricht in unserer Sprache, wenn er in den Gleichnissen von Weinbergen, Hirten, Einladungen und Hochzeiten erzählt – eben menschlich, verständlich, einfühlsam."

Heutzutage werde oftmals "in unserer Kirche eine Fremdsprache gesprochen": „Uns versteht keiner mehr“, merkte der Geistliche an. "Es werden nicht die heute verständlichen Worte gebraucht." Weihnachten zeige die Art, auf die Gott Wert lege: Menschsein, handeln, sich hingeben und auch hergeben.

In den vergangenen Monaten sei sehr auf Sauberkeit geachtet worden, was wichtig bei der Bekämpfung der Pandemie sei. Weihnachten dagegen sei ein „ziemlich schmutziges Unterfangen“, erklärte der Geistliche. Man solle nur die Krippe zwischen Ochs und Esel ansehen, man solle doch an dieses „weihnachtliche Idylle“ hinschnuppern – nichts sei steril in diesem Stall.

„Gott lässt sich auf das Leben von uns Menschen ein“, machte der Prediger deutlich. "Leben ist auch schmutzig, Leben gibt es nicht im Hochglanz." Immer wieder teile Jesus den Tisch, pflege Umgang mit Zöllnern, Habenichtsen und "Nachteulen aller Art". Weihnachten rufe uns mitten ins Leben, an die Seite derer, die „besudelt sind und stinken“.

Die Weihnachtsfeiern finden in diesem Jahr in einer von Pandemie gebeutelten und bedrohen Welt statt. "Aber Weihnachten ist da für die Nacht", sagte Gradl. Unser Glaube sage, dass das Licht der Weihnacht stärker sei als alle Finsternis.

„Ich wünsche uns, dass wir uns von diesem 'krippalen' Infekt anstecken, von der Weihnacht ergreifen lassen, und wir alle verantwortungsvoll, behutsam, aber zugleich energisch und entschieden handeln, wenn es um die Botschaft von Weihnachten geht.“

Krippe mit dem Jesuskind in der Thurndorfer Pfarrkirche Bild: hzi
Krippe mit dem Jesuskind in der Thurndorfer Pfarrkirche
 
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