Ende der 1990er Jahre wurde die Dienstleitungs-GmbH ins Leben gerufen, um Existenzgründern mit Rat, Tat und vor allem einem Raumangebot besser unter die Arme greifen zu können. Neben dem Landkreis als Hauptanteilseigner waren damals noch die Stadt Waldsassen, einige Banken sowie die Industrie- und Handelskammer mit im Boot. Heute ist der Landkreis Tirschenreuth am Gründerzentrum allein beteiligt und auch für die Übernahme des jährlichen Defizits zuständig.
"2022 laufen die Verträge aus", informierte Volker Höcht am Montag im Kreisausschuss. Das Gründerzentrum solle zukunftsfähig ausgerichtet werden, die Start-up-Welt habe sich verändert. "Wir machen uns Gedanken, in welcher Form wir die Einrichtung weiterbetreiben", deutete der Wirtschaftsförderer des Landkreises an, ohne auf konkrete Varianten einzugehen. Die sollen im Lauf des nächsten Jahres diskutiert und politisch entschieden werden.
In seinem Tätigkeitsbericht ging Höcht auf die Arbeit der Wirtschaftsförderung ein, die in den vergangenen Monaten sehr von der Corona-Entwicklung geprägt war. "Wir haben frühzeitig zwei Arbeitgeber-Hotlines eingerichtet und in der heißen Phase zu zweit Anfragen bearbeitet." Was systemrelevante Grenzpendler betreffe, habe man schnell mit der Deutschen Botschaft in Prag Kontakt aufgenommen und in Kooperation mit der Tourismus-Abteilung am Landratsamt Unterkünfte gesucht. Gut angenommen worden seien von Anfang an die Corona-Teststationen vor Ort in Absprache mit den Unternehmen im Landkreis.
Zur Strategie der Wirtschaftsförderung gehöre die Unterstützung der Kommunen bei der Standortentwicklung und zunehmend die Nachfolgeberatung in Betrieben, wo eine Übergabe ansteht. Das erste Wirtschaftsgespräch, zunächst mit Vertretern der größeren Firmen im Landkreis, sei gut gelaufen: "Das wollen wir weiterentwickeln."
Ein wichtiges Thema sei die digitale Vernetzung, sprach Höcht unter anderem die neu geschaffene Plattform "Digitale Nordoberpfalz" an. Auch über die sozialen Medien sei die Wirtschaftsförderung jetzt viel sichtbarer geworden. "Die Fachkräftesicherung wird uns die nächsten Jahre stark begleiten", nannte Volker Höcht einen Schwerpunkt. Auch zur Förderung von Rückkehrern in die Heimat hoffte er, bald konkrete Maßnahmen präsentieren zu können. Der Förderbescheid für das Projekt sei übergeben, im Januar erfolge die Ausschreibung für externe Partner.
Ein "neues Vertrauen" zwischen der Wirtschaft und der öffentlichen Hand machte Landrat Roland Grillmeier aus. "Wir wollen die Chancen des ländlichen Raums nutzen, gerade in Coronazeiten." Einen Trend der Arbeitnehmer von den Städten aufs Land bestätigte CSU-Fraktionssprecher Bernd Sommer: "Wir wissen, was wir zu bieten haben. Jetzt müssen wir Angebot und Nachfrage zusammenbringen." SPD-Sprecher Uli Roth berichtete, dass viele Bekannte wieder in die Heimat zurückkehrten, wenn die Eltern älter werden. Um so wichtiger sei ein entsprechendes Betreuungsangebot.
Auf die Bedeutung der "weichen Faktoren" wie Kultur, Freizeit und Gastronomie wies Hans Klupp (Freie Wähler) hin. Dem pflichtete Heidrun Schelzke-Deubzer (Grüne) bei. Matthias Grundler (Liste Zukunft) richtete das Augenmerk auf geeigneten Wohnraum: "Das ist neben dem Arbeitsplatz das Topthema."
Welche Rolle das Arbeitsangebot spielt, unterstrich Franz Stahl. Schon wenige Tage nach Bekanntwerden der Ziegler-Pläne, in Tirschenreuth ein Großprojekt für Fertighäuser anzusiedeln, habe das Unternehmen sehr viele Bewerbungen von Arbeitskräften aus einem Umkreis von 100 Kilometern bekommen. "Wenn alle an einem Tisch sitzen, ist sehr viel möglich", lobte der Bürgermeister der Kreisstadt das bisherige lokale Zusammenwirken bei der Neuansiedlung. Dagegen sei durchaus "eine gewisse Arroganz" bei Staatsbehörden auf Oberpfalz- und Bayern-Ebene festzustellen.
Die Geschichte des Gründerzentrums
- Das Gründerzentrum Waldsassen wurde von der Kommunalen Entwicklungs- und Wohnungsbaugesellschaft (Kewog) gebaut, die anfangs auch die Geschäftsführung stellte.
- Seit 2003 agierte die Einrichtung unter der Regie der Wirtschaftsförderung des Landkreises. Der Mietvertrag mit der Kewog begann am 1. Januar 1998 und endet am 31. Dezember 2022. Nach 25 Jahren endet auch die Bindungsfrist der Nutzung, die wegen der öffentlichen Zuschüsse einzuhalten ist.
- Nach dem Tod des Landkreis-Wirtschaftsförderers Manfred Dietrich, der auch Geschäftsführer des Gründerzentrums war, wurde dem Kreiskämmerer diese Funktion übertragen. Klaus Pöllmann ist seit 2018 Geschäftsführer.
- Das jährliche Defizit des Gründerzentrums bewegt sich im Bereich von 100.000 Euro. Den größten Anteil daran hat die Miete.
- Die Nutzung der Büro- und Produktionsflächen im Gebäude an der Konnersreuther Straße schwankt je nach Nachfrage der Existenzgründer. Derzeit ist das Zentrum nach Auskunft des Geschäftsführers zu 100 Prozent ausgelastet.
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