"Ich komme seit 15 Jahren gerne hier raus. Und ich nehme immer viel Positives für mich mit. Es ist schön, dass unsere Arbeit Erfolg hat", lautet Anni Flögels spontane Antwort auf die Frage, was für sie ihre ehrenamtliche Mitarbeit im Asylbewerberheim bedeutet. Die über 80-jährige ehemalige Lehrerin gehört wie viele andere zu jenen Kreisstädtern der ersten Stunde, die sich seit dem Bau des Heims für die Bewohner aus aller Welt engagieren.
Flögel hat unzähligen Flüchtlingen das deutsche Abc beigebracht, während Petra Gehring die wöchentliche Betreuung der Migrantenkinder ins Leben rief. Beide Frauen sind nur Beispiele für viele andere, die sich für die Heimbewohner engagieren. Wer auch immer mithilft, der Erfolg ist dokumentiert: Einige dieser Kinder, wie die heute 21-jährige Aliaksandra Tkachuk, schafften es dank der selbstlosen Hilfe der Frauen bis zum Abitur. Die Weißrussin studiert derzeit Lehramt und möchte später Migranten Deutschunterricht geben.
Tkachuk hat das Heim verlassen und lebt nun mit ihrer Familie ganz normal in einer Wohnung. Es sei immer ein Kommen und Gehen im Heim, kann Maria Staufer, die Sozialberaterin für Asylbewerber vom Caritasverband, viele solcher Geschichten erzählen. Derzeit sei das Heim bestens belegt mit etwa 130 Bewohnern, davon 40 Kinder, sagt sie.
Beim Fest zum 15-jährigen Bestehen des Asylbewerberheims tritt am Donnerstag Heimleiter Uli Merdan ans Mikrophon. Er ist auch ein Mann der ersten Stunde. Rasend schnell seien die 15 Jahre vergangen. Merdan ist glücklich über ein Heim, das immer noch im besten Zustand, sauber und gepflegt sei.
Maria Staufer begrüßt Reinhard Ühlin, den ehemaligen Leiter der Flüchtlingsaufnahmestelle. Er will nicht öffentlich auftreten. Dem "Neuen Tag" verrät er aber seine Freude darüber, zum Jubiläum nicht vergessen worden zu sein als einer der Pioniere. "Tirschenreuth hat das gemeistert. Hier wird bestens zusammengearbeitet", hat er viel Lob dabei. Die Leute seien zufrieden, die Ortslage sei super.
Bürgermeister Franz Stahl räumt im Interview offen ein, man sei in Tirschenreuth "überrascht" worden mit der Tatsache, ein Heim einrichten zu müssen. "Aber wenn schon, dann wollten wir eine menschenwürdige Unterkunft schaffen." Niemals sei eine Industriebrache infrage gekommen. Vielmehr sei die Entscheidung für einen Neubau gefallen. "Das hat es noch nie gegeben und wir haben die Regierung der Oberpfalz total damit überrascht. Wir waren damit bayernweit Vorreiter", so Stahl.
Mit der Kewog als Hausbesitzer und dem Caritas-Kreisverband als Sozial- und Alltagsberater für die Bewohner wird das Heim seither betrieben. "Aber ohne die Mithilfe der Ehrenamtlichen geht es nicht", betont Maria Staufer und bedankt sich bei allen Verantwortungsträgern. Sie weiß von Flüchtlingsfamilien, die in Wohnungen umgezogen und voll integriert seien.
Eine menschenwürdige Unterkunft zu schaffen, sei oberste Priorität gewesen, sagt Bürgermeister Stahl. "Das gebietet das christliche Verantwortungsgefühl, das wir einhalten müssen." Als gewaltige Leistung bezeichnet Thomas Thaller von der Regierung der Oberpfalz die Gemeinschaftsunterkunft (GU) in Tirschenreuth. "Bitte bleibt an der Stange. Ohne euch kann das nicht funktionieren", bittet er den AK Asyl weiterzumachen.
Unter den Gratulanten befinden sich auch Präsident Albert Saller und Franz Göhl vom Lions-Club. Die Lions haben eine Einladung zum Kinderfest am Ententeich und eine Spende mitgebracht. Bürgermeister Stahl bringt eine finanzielle Unterstützung und die Zusicherung mit, die Flüchtlinge auch in den nächsten Jahren immer herzlich willkommen zu heißen und ihnen zu helfen, wo es nötig sei.
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