Tirschenreuth
14.12.2018 - 11:39 Uhr

Wie Josef Kuchenreuther seine nächtlichen Atemaussetzer in den Griff bekommen hat: Endlich ausgeschlafen

Lautes, unregelmäßiges Schnarchen durchbricht die Stille der Nacht. Dann ist es ruhig – viel zu lange ruhig. Bis zu einer Minute und länger setzt der Atem von Josef Kuchenreuther aus. Tagsüber fühlt sich der stattliche Mann ständig müde, kann sich mittags kaum mehr auf den Beinen halten, würde am liebsten auf der Stelle einschlafen. Seiner Frau sind die nächtlichen Atemaussetzer zunehmend unheimlich, so kann es nicht weitergehen. Heute, 15 Jahre später, hat Josef Kuchenreuther seine Schlafapnoe mit einer Nasenmaske im Griff. „Das Gerät sorgt dafür, dass ein permanenter Druck auf mein Gaumensegel erzeugt wird, der Atem kann so ungehindert die ganze Nacht fließen.“

<p>Josef Kuchenreuther</p>
 Bild: Norbert Eimer

Josef Kuchenreuther

Was ist Schlafapnoe?

Apnoia nannten die griechen die Windstille. Heute bezeichnen Ärzte Atemstillstände während des Schlafes, die länger als zehn Sekunden dauern und öfter als fünfmal pro Stunde auftreten, als Schlafapnoe-Syndrom (SAS). Atemstillstände von über zwei Minuten Dauer und bis zu 600-mal pro Nacht (sechs bis acht Stunden) sind keine Seltenheit. Hieraus entsteht eine Unterversorgung des Organismus mit Sauerstoff.

Die Folgen sind: Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, plötzlicher Herztod, Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes, krankhafte Vermehrung der roten Blutkörperchen, Depressionen, verkürzte Lebenserwartung, eingeschränkte Lebensqualität. Das Unfallrisiko im Verkehr und am Arbeitsplatz nimmt stark zu. Als Risikofaktoren gelten Alkohol, Rauchen, Übergewicht, Anomalien im Nasen-Rachenraum, Schnarchen, langjährige Schichtarbeit, unbewältigter Dauerstress.

Der Leidensweg von Josef Kuchenreuther ist intensiv, glücklicherweise kurz. Denn schnell findet sich der Tirschenreuther vor einem Lungenfacharzt und wenig später in einem Schlaflabor wieder. „ Schlaflabor hört sich spektakulärer an, als es tatsächlich ist. Nach dem Verkabeln mit jeder Menge Elektroden an verschiedenen Stellen des Körpers heißt es, ganz normal zu schlafen, als wäre man zu Hause – nur eben unter Beobachtung.“ Und das gelinge erstaunlich gut, trotz fremder Umgebung und Technik rundherum. Die Elektroden messen die Gehirnströme, Herzaktionsströme sowie Augenbewegungen und Muskelaktivitäten von Josef Kuchenreuther; Atmungsfühler an seiner Nase dokumentieren die Atemströme, ein Atmungsgürtel um Brust und Bauch die Atembewegungen. Am Mittelfinger registriert ein Pulsoxymeter die Sauerstoffsättigung des Blutes. Nach drei Nächten steht die Diagnose der Schlafmediziner fest, sie lautet Schlafapnoe. Für Josef Kuchenreuther schreck und Erleichterung gleichermaßen, denn: „Was bedeutet diese Diagnose für mich, welche Auswirkungen hat diese Krankheit auf mein weiteres Leben?“ Und Erleichterung, denn schnell ist klar, endlich kann der Tirschenreuther etwas aktiv gegen seine permanente Müdigkeit tun.

Wie wichtig richtige Diagnosestellung und unmittelbarer Therapiebeginn sind, weiß Josef Kuchenreuther zu diesem Zeitpunkt nicht. Denn Müdigkeit ist bei weitem nicht die größte Gefahr, die von Schlafapnoe ausgeht. Die nächtlichen Atemaussetzer können verantwortlich sein für Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, plötzlichen Herztod, Herzinfarkt und Schlaganfall. Oft werde die Krankheit als lästiges schnarchen abgetan, doch Schlafapnoe sei eine ernste Erkrankung, betont Josef Kuchenreuther. „Bei einer Schlafapnoe sind die Atemwege so verengt, dass die Atmung nicht nur deutlich erschwert ist, sondern sogar vollständig aussetzt. Vor allem das Herz hat damit zu kämpfen, muss öfter schlagen, um die vorübergehende Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff wieder auszugleichen.“ Das bleibt nicht ohne Folgen, der ständige Anstrengungswechsel lässt den Puls ansteigen und absinken, führt zu Durchblutungsstörungen des Herzmuskels. „die Herzen vieler Schlafapnoiker sind im Laufe der Jahre stark gewachsen, schlichtweg zu groß geworden.“

Wie viele Menschen fängt auch Josef Kuchenreuther erst im Alter an, zu schnarchen, im Laufe der Jahre wird das Schnarchen immer lauter. Verantwortlich dafür ist die Muskelspannung, die mit wachsendem Alter nachlässt, die Gewebeweichteile im Rachenraum werden schlaffer. dabei sind die Übergänge zwischen schnarchen und Schlafapnoe fließend. „Beim Schlafapnoiker sind die Atemwege während des Schlafes nicht nur verengt wie beim normalen Schnarcher, sondern sie fallen komplett in sich zusammen, so dass gar keine Luft mehr hindurchgeht. Bis zu drei Minuten kann solch ein Atemaussetzer dauern, bis schließlich das Gehirn ein Alarmsignal sendet.“ Durch diese Weckreaktion wacht der Schnarcher kurz auf, was ihm meistens jedoch gar nicht bewusst wird – die Weckreaktion löst eine sofortige Straffung der Atemwegsmuskulatur aus, so dass der Schnarcher wieder Luft bekommt. „Man saugt mit einem lauten, fast schon explosionsartigen Schnarchgeräusch die ersehnte Luft in seine Lungen“, sagt Josef Kuchenreuther. Danach gehe das Prozedere wieder von vorne los, die ganze Nacht über.

Schlafapnoe lässt sich mit Atemtherapiegeräten sehr gut behandeln beziehungsweise in den Griff bekommen: In verschiedenen Ausführungen sorgen die Geräte mit einem kontinuierlichen Atemwegsdruck für frei fließenden Atem während des Schlafes. „Jede Therapiemaske muss auf den Apnoiker individuell angepasst werden, oft sind Standardlösungen nicht passend. Meine Nasenmaske hat den Vorteil, dass ich keine Maske vor dem Gesicht und somit keine Einschränkung des Gesichtsfeldes habe.“ Als störend oder hinderlich empfindet Josef Kuchenreuther seine Maske nicht, vielmehr weiß der Tirschenreuther diese Atemtherapie als Garant für mehr Lebensqualität zu schätzen. „Ich fühle mich morgens nach dem Aufwachen frisch und tagsüber nicht mehr schläfrig. Und dass mein Enkel die Maske mit einer Kaffeemaschine vergleicht und fragt, ob da gleich dampf rauskomme, darüber kann ich herzhaft lachen.“

Info:

Selbsthilfegruppe

Josef Kuchenreuther ist Leiter der Schlafapnoe Selbsthilfegruppe Nord-Ost-Bayern. Jeden zweiten Mittwoch im Monat treffen sich Betroffene in Wiesau zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch und Facharztvorträgen. Nähere informationen gibt es unter 09631/798579.

Tipps:

Erholsame Nacht

Paracelsus und Kneipp haben wichtige Beobachtungen zum Schlaf gemacht und Verhaltensregeln für eine erholsame Nacht aufgestellt:

Halten Sie feste Zeiten ein
Regelmäßige Aufsteh- und Ins-Bettgeh-Zeiten – auch am Wochenende – sind eine Voraussetzung, dass sich die biologischen Rhythmen des Körpers aufeinander abstimmen können.

Machen Sie tagsüber kein Nickerchen
Selbst ein relativ kurzer Mittagsschlaf von 30 Minuten führt zu einer starken Senkung des Schlafdrucks, was Ein- und Durchschlafstörungen in der Nacht verursachen kann. Achten sie darauf, dass sie auch abends vor dem Fernseher nicht eindösen.

Trinken Sie keinen Alkohol
Trinken sie zwei Stunden vor dem Zubettgehen keinen Alkohol mehr. Alkohol kann zwar zu leichterem Einschlafen verhelfen, beeinträchtigt aber die Schlafqualität. Schon geringe Mengen (ein Glas Wein, eine Flasche Bier) verschlechtern deutlich die Schlaferholsamkeit.

Rauchen Sie nicht
Rauchen sie nach 19 Uhr nicht mehr und während der Nacht überhaupt nicht. Nikotin wirkt sich auf den Schlaf ähnlich negativ wie Koffein aus. Vor allem die Wechselwirkung aus Nikotin und Alkohol wirkt schlafstörend.

Vermeiden Sie Anstrengungen
Vermeiden sie körperliche Anstrengungen nach 18 Uhr. Treiben sie aber grundsätzlich tagsüber Sport. Nach körperlicher Anstrengung dauert es mehrere Stunden, bis die Aktivierung des Körpers wieder abgeflaut und die Körpertemperatur wieder gesunken ist.

Vermeiden Sie „Uhrenblicke“
Vermeiden sie, nachts auf die Uhr zu schauen. Das löst meist gedankliche und körperliche Reaktionen aus, raubt den Rest an Gelassenheit gegenüber dem Schlaf und baut Leistungsdruck auf.

 

 
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