Familie Wolf, ihre Schottischen Hochlandrinder und das Projekt "Wilde Weiden Waldnaabaue"

Tirschenreuth
06.09.2023 - 08:38 Uhr
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Eine Ochsenherde der Familie Wolf aus Immenreuth steht zwar in den Waldnaabauen, beim Projekt "Wilde Weiden" in dem Gebiet sind sie aber nicht dabei. Landwirt Martin Wolf erklärt die Hintergründe.

Seit 2021, heuer den dritten Sommer, schauen in der Nähe des Wanderparkplatzes Waldnaabaue in Tirschenreuth vier Schottische Hochlandrinder neugierig über den Zaun. Die kleine Ochsenherde gehört Martin Wolf aus Immenreuth. Die Tiere beweiden dort eine rund zwei Hektar große Fläche des Wasserwirtschaftsamts Weiden.

Trotz der Nähe zu den Waldnaabauen stellt der 53-jährige Landwirt klar: "Wir sind nicht am Beweidungsprojekt ,Wilde Weiden Waldnaabauen' beteiligt", betonen er und seine Frau Marion. "Seit dem Bekanntwerden des Projekts ,Wilde Weiden' wird fälschlicherweise immer davon ausgegangen, dass wir Teil des Projekts sind." Zuletzt auch in der August-Sitzung des Tirschenreuther Stadtrats. Dem ist aber nicht so. Die Fläche des Wasserwirtschaftsamtes in der Nähe des Wanderparkplatzes unterhalb der Firma Hamm hatte die Familie schon gepachtet, "bevor wir wussten, dass dort einmal ein großes Beweidungsprojekt entstehen wird".

Eigenes Konzept

Natürlich habe sich die Familie gleich als Beweider für das Vorhaben, das auf 200 Hektar Naturschutzfläche in den Waldnaabauen entstehen soll, beworben. Was die Wolfs allerdings zu dem Zeitpunkt nicht wussten: Das Projekt "Wilde Weiden" hat feste Prinzipien und Vorschriften, wie die Beweidung auszusehen hat. "Wir beweiden nach einem eigenen, ganz anderen Konzept", erklärt Marion Wolf (52). Dennoch hat sich die Familie heuer im Frühsommer beworben. Die Landwirte kamen sogar in die nähere Auswahl und stellten sich und ihr Konzept vor. "Das Projekt haben wir allerdings nicht bekommen", erklären die Wolfs. "Eine Beweidung ist absolut positiv, wir finden das Projekt super." Man habe zwar das gleiche Ziel, jedoch unterschiedliche Herangehensweisen.

Im Projekt "Wilde Weiden" sei etwa vorgesehen, dass die Mutterkuhherde ganzjährige auf der Weide steht. Das handhabt die Familie in ihrem Betrieb anders: Auf der Weide in den Waldnaabaue stehen nur Ochsen ab einem Alter von etwa zwei Jahren. Zum einen weil das Gelände dort unübersichtlich ist und zum anderen, weil dort kein wolfssicherer Zaun möglich ist. Außerdem ist die Belastung mit Stechmücken und Fliegen extrem hoch, schildern die Landwirte. "Wir versuchen, den Tieren mit biologischen Mitteln zu helfen, diese bieten aber nur begrenzt Schutz." Auf den anderen Weiden, die Martin Wolf gepachtet hat, sei die Stechmücken- und Fliegenbelastung deutlich geringer als in der Waldnaabaue.

Bei den Wolfs sind die Rinder auch ganzjährig draußen, kommen den Winter über aber auf eine Fläche mit Unterstand nahe des Hofs. Die Tiere sind etwa von Mitte Mai bis Ende Oktober auf der Weide, je nachdem, wie die Futterlage ist. Im vergangenen Jahr wurde die Herde von der "Storchenwiese" etwa einmal umgesiedelt, weil es wegen der Trockenheit an Futter mangelte. Die Ochsenherde in der Waldnaabaue dagegen konnte bis November bleiben. "Sobald eine Zufütterung notwendig ist, holen wie sie nach Hause", berichtet Martin Wolf. Dort werden die Tiere mit Heu oder Gärheu gefüttert. Dieses stammt von den eigens mit dem Balkenmäher gemähten Naturschutzflächen und Biotopen.

Anders als beim Projekt "Wilde Weiden", bringen die Kühe der Wolfs ihre Kälber nicht auf der freien Fläche zur Welt. Wenn Kühe trächtig sind, schauen die Landwirte, dass diese auf einem Areal nahe am Hof bei Immenreuth sind. "Die Kälber kommen dann meistens auf einer Fläche neben unserer Hofstelle mit Unterstand zur Welt oder auf hofnahen, wolfssicher eingezäunten Weiden", berichtet Marion Wolf. "Da machen wir keine Kompromisse. Die ersten Tage sind für ein Kalb immer etwas kritisch", weiß die Landwirtin, die seit Jahren die Aufzucht betreut. Dort werden die Jungtiere mit Ohrmarken gekennzeichnet und können die erste Zeit gut überwacht werden. Wenn die Kälber stabil sind und sich an den Elektrozaun gewöhnt haben, kommen sie gemeinsam mit ihrer Mutter und weiteren Kühen auf die Weiden mit wolfabweisendem Zaun.

71 Rinder auf 7 Weiden

Vor über 20 Jahren hatte sich die Familie Wolf aus Immenreuth mit ihrer Landwirtschaft auf Naturschutzflächen spezialisiert. Insgesamt bewirtschaftet die Familie rund 85 Hektar geschützte Areale. 2017 schafften sich Martin und Marion Wolf neben dem Fleckvieh ihre ersten Schottischen Hochlandrinder für die Beweidung der besonderen Flächen an. Die im Vergleich zu anderen eher kleine und relativ leichte Rasse eignet sich dafür besonders gut. Besonders die ruhige, gutmütige und vor allem genügsame Art der Rasse faszinieren den Landwirt. Aktuell besitzt die Familie 71 Schottische Hochlandrinder, die den Sommer verteilt auf sieben Weiden verbringen. Insgesamt beweiden die Rinder der Familie 30 Hektar Fläche. Nach und nach erweiterten die Wolfs ihre Weideflächen. Die "Storchenwiese" bei Lodermühl ist mit neun Hektar das größte Areal. Diese Wiese hat die Familie seit drei Jahren gepachtet. Dort halten die Landwirte aktuell sieben Mutterkühe mit sieben Kälbern und zwei Färsen (geschlechtsreife Kuh, die noch nicht gekalbt hat).

"Die Zusammenarbeit mit der Stadt Tirschenreuth klappt super", freut sich Marion Wolf. Zwar versorgen sich die Tiere auf den Weiden selbst, doch der Landwirt schaut täglich nach seinen Tieren. Auf den Tirschenreuther Weiden erhält die Immenreuther Familie fachmännische Unterstützung von Tier- und Landwirt Dieter Brandl und dessen Familie. "Besonders freut uns, dass die Anwohner und Wanderer unser Beweidung positiv gegenüber stehen", berichten die Wolfs im Gespräch mit Oberpfalz-Medien.

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Tirschenreuth21.08.2023
 
 

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