Dass Indien ein Land mit vielen Gesichtern ist, war Julian (22), Tabea (21) und Elias (19) Schornbaum vor dem Abflug im Oktober bewusst. Die beiden älteren Geschwister studieren Medizin, der Jüngste hat in diesem Jahr Abitur gemacht. Ihre gemeinsame Reise sollte in Sri Lanka starten, nach Erkundung dieser vielfältigen Insel nach Südindien führen und von dort bis nach Nordindien und Nepal.
Der Flug war schon gebucht, als es in Kerala zu einer verheerenden Naturkatastrophe kam. "Wir lasen davon in einem Zeitungsartikel: Durch anhaltenden Monsun einer zuletzt vor über 100 Jahren erlebten Stärke kam es zu schweren Überflutungen", berichten die Geschwister. "In diesem Aufruf ging es um erbetene Hilfe und Spenden für die zahlreichen Flutopfer. Die weltweit verbreitete Organisation Steyler Missionare würde vor Ort bei Wiederaufbauarbeiten helfen. Da Julian und Elias lange Zeit Ministranten in der Tirschenreuther St.-Peter-Kirche der Steyler Missionare waren, fragten wir direkt beim Verbund nach näheren Infos."
Große Gastfreundschaft
Die Idee, dort selbst mit anzupacken, erwies sich als nicht umsetzbar. Stattdessen bot der für die Organisation in Kerala zuständige Pater Babu Kakkaniyil an, die Auswirkungen der Flut persönlich zu zeigen. In Madurai wurden die Geschwister herzlich von den Steyler Missionaren empfangen, die die Weiterfahrt zu Pater Babu organisierten. In Changanacherry wohnten sie im Internat einer Seminarschule, die Jugendliche mit dem Ziel begleitet, nach dem Abitur mit dem Priesterstudium zu beginnen. "Es gab gemeinsame Mahlzeiten mit den Priestern und den Schülern, einen Gottesdienst nach Sonnenaufgang und intensive sportliche Auseinandersetzungen", sind die Tirschenreuther von der Gastfreundschaft begeistert. Zwei Tage begleiteten sie Pater Babu. Die Arbeit der Missionare besteht hauptsächlich in Hausbesuchen, um seelische Unterstützung zu leisten und herauszufinden, wie am besten beim Wiederaufbau geholfen werden kann.
Damm steigt an
Große Teile Keralas liegen wenige Meter über der Meereshöhe, die Anwohner leben vom Reisanbau. Als durch den Monsun der Wasserspiegel um mehrere Meter stieg, mussten die Bewohner ihre Häuser verlassen und in provisorischen Camps unterkommen. Nach Ende der starken Regenfälle floss die Wassermenge nur langsam ab.
"Gut vier Monate später konnten wir noch in alle Richtungen kilometerlang überschwemmte Felder sehen", schreiben die Geschwister. Die brachliegenden Flächen werden so schnell nicht wieder nutzbar sein. Durch den Besuch in einem betroffenen Dorf und eine Fahrt auf dem weit verzweigten Flusssystem wurden die Ausmaße deutlich.
Mit dem Bus fuhren die jungen Leute dann für drei Tage in die höher gelegene Stadt Idukki zu Pater Sebastian in das am schwersten betroffene Gebiet. Sie wurden im "Social Office" des Distrikts untergebracht. Nach der Katastrophe konzentrieren sich die Mitarbeiter auf akute und langfristige Hilfe durch Wiederaufbau. Gleich am ersten Tag besichtigten die Geschwister eine Hauptursache der Schäden, den Idukki-Damm, einen der größten in Asien. Der Wasserspiegel im Stausee war durch den Regen so gefährlich angestiegen, dass über 30.000 Einwohner in Camps umziehen mussten. Als die Tore des Damms geöffnet wurden, verbreiterte sich das schmale Flussbett innerhalb kürzester Zeit, da die Wassermassen mit gewaltiger Wucht umliegende Steine und Erde mitrissen.
Häuser völlig zerstört
"Nahe des Flussbetts liegende Häuser wurden mitsamt Untergrund weggespült, hausgroße Felsen zerstörten am Weg liegende Brücken und ganze Teile von Straßen wurden einfach mitgerissen. Zurück bleibt ein komplett verändertes Landschaftsbild", schildert Tabea Schornbaum ihre Eindrücke. Zusätzlich löste der anhaltende Regen massive Erdrutsche aus. Straßen brachen weg, Häuser rutschten mitsamt Untergrund in die Täler, wurden durch einbrechende Erdmassen unbewohnbar. So wurden 1200 Häuser völlig zerstört, 2226 teilweise. Viele Menschen starben.
Die Arbeiter des "Social Office" versuchen, den Betroffenen beim Wiederaufbau der Häuser zu helfen und neuen Grund aufzukaufen, erklärte ein Mitarbeiter, der selbst wie viele seiner Freunde obdachlos geworden ist. "Dass er sich dennoch Zeit nahm und uns mit viel Geduld und Aufgeschlossenheit alles erklärte, beeindruckte uns sehr. Trotz sprachlicher Schwierigkeiten konnten wir uns mit Hand, Fuß und Google-Übersetzer sehr gut verständigen und lernten am Abend bei einer Tasse Chai auch noch seine kleine Familie kennen", schreiben die Tirschenreuther.
Bevor sie weiterreisten, verbrachten sie noch einen Sonntag mit Pater Sebastian. "Er nahm uns mit zu Messe, Sonntagsschule, Hausbesuch und Versammlungen, wobei wir überall mit offenen Armen und großer Herzlichkeit von Kindern und Lehrern und etlichen Gemeindemitgliedern empfangen wurden. Dass wir trotz all dem Leid noch so viel Freude und Lachen erleben können, hatten wir vorher nicht erwartet!"
Tief beeindruckt von den Bildern der Flutfolgen, aber auch vom Überlebenswillen der Betroffenen bitten Elias, Tabea und Julian Schornbaum um Spenden für die Opfer. Die Steyler Missionare St. Peter in Tirschenreuth leiten die Spenden auf das Konto der Sparkasse Oberpfalz Nord (IBAN DE73 7535 0000 0000 101857) unter dem Stichwort „Flutopfer Kerala“ weiter.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.