Tirschenreuth
03.02.2023 - 13:28 Uhr

Hospiz- und Palliativnetzwerk will das Thema Sterben wieder in das Leben holen

Beim Treffen des Hospiz- und Palliativversorgungsnetzwerks Nordoberpfalz wurde die neue Koordinatorin aus dem Landkreis Tirschenreuth vorgestellt. Die Vertreter unterzeichneten zudem eine Charta, die das Sterben in Würde sicherstellen soll.

Der Tod ist ein Tabuthema in der Gesellschaft. "Wir wollen Licht ins Dunkle bringen", erklärte Doris Wagner-Zeeh, neue Koordinatorin des Hospiz- und Palliativversorgungsnetzwerks Nordoberpfalz im Landratsamt Tirschenreuth. Die Neusorgerin löste am 1. Februar die bisherige Koordinatorin Tanja Herzer aus Thansüß ab.

Das Treffen der Netzwerkpartner und das Unterschreiben der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen war Wagner-Zeehs erster offizieller Arbeitseinsatz. In den nächsten Wochen wird sie von ihrer Vorgängerin in ihr neues Aufgabengebiet eingearbeitet. Die Koordinations-Tätigkeit wird sie neben ihrer Arbeit als Fachkraft für Sozialmedizin am Gesundheitsamt Tirschenreuth betreiben.

Menschen nicht allein lassen

Wie wichtig die Verknüpfung von Netzwerkpartnern ist, stellte Tirschenreuths Landrat Roland Grillmeier mit einer persönlichen Erfahrung heraus: "Vor acht Jahren ist mein Vater in Neustadt palliativ verstorben. Da weiß man erst, was das bedeutet, wenn die Versorgung in diesem Bereich vorhanden ist." Bei dem Netzwerktreffen standen Inhalte und Austausch zur Palliativ- und Hospizarbeit im Vordergrund. "Es geht um die Betreuung und Begleitung der Menschen in schweren Familiensituationen. Es geht darum, Menschen nicht allein zu lassen", erklärte Grillmeier.

Um Bedarfe, Ziele und Ideen zu sammeln, wurden in der Mitte des großen Sitzungssaals zwei Stellwände aufgestellt. In je zwei Gruppen, die von Daniela Peintinger und Bernd Lober von der „Gesundheitsregion plus“ angeleitet wurden, schrieben die Vertreter des Netzwerks emsig auf bunten Zetteln zentrale Punkte auf. Darunter waren Themen wie Vernetzung, Öffentlichkeitsarbeit, Versorgungslücken schließen, Steigerung der Akzeptanz in der Bevölkerung, niedrigschwellige Angebote für Angehörige oder finanzielle Unterstützung.

Viel Unwissen vorhanden

Um diese Ziele auch förmlich zu untermauern, unterschrieben die Vertreter des Netzwerks, der Gesundheitsregion Plus Nordoberpfalz sowie die Landräte Roland Grillmeier, Andreas Meier (Landkreis Neustadt/WN) und Weidens Bürgermeister Lothar Höher die Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen. Dr. Stephanie Kuchlbauer, Onkologin und Chefärztin für Palliativmedizin am Klinikum Weiden, stellte in einem Vortrag die fünf Leitsätze der Charta vor, die 2007 von der Europäischen Vereinigung für Palliativmedizin und Pflege vereinbart wurde.

Das Ziel sei die Verbesserung der Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen. "Es gibt immer noch viel Unwissen und viel Nicht-Gut-Wissen trotz der Verbreitung der Charta", betonte Kuchlbauer. "Sterben gehört zum Leben dazu, die Charta soll das wieder in das Leben hereinholen." Die Ärztin appellierte: "Das Sterben darf nicht einfach gesellschaftlich weggeschoben werden." Im ersten Leitsatz gehe es darum, gesellschaftspolitische Herausforderungen zu überwinden.

Internationaler Austausch

Der zweite Leitsatz rückt die Bedürfnisse der Betroffenen in den Vordergrund. "Es braucht gute Ansprechpartner für einen Sterben in Würde", so Kuchlbauer. Dazu zählen regionale Strukturen, ehrenamtliche Hospizarbeit, sowie ambulante und stationäre Versorgung. Im Leitsatz drei wird der Bildungsbereich angesprochen. "Das Thema sollte schon kindgerecht in Schulen angesprochen werden." Gleichzeitig gehe es um Qualitätssicherung in diesem Tätigkeitsfeld. Der vierte Leitsatz rückt die Forschung in den Mittelpunkt. "Hier braucht es auch interdisziplinäre Arbeit etwa von Medizin, Therapeuten und Seelsorgern", so Kuchlbauer.

Leitsatz fünf geht auf die europäische und interdisziplinäre Dimension ein, der gerade auch in Zeiten von Lieferschwierigkeiten von Medikamenten an Bedeutung gewinnt. Weiter sei die internationale Vernetzung von Bedeutung und die Förderung von kontinuierlichem und systematischen Austausch. "Wir können noch viel von anderen Ländern profizieren", war sich Kuchlbauer sicher.

OnetzPlus
Weiden in der Oberpfalz12.01.2023
Hintergrund:

Zur Person: Doris Wagner-Zeeh

  • Alter: 51 Jahre
  • Wohnort: Neusorg
  • Ausbildung: Examinierte Krankenschwester
  • Beruf: Fachkraft für Sozialmedizin am Gesundheitsamt in Tirschenreuth, Pflegefachkraft FQA (Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtung, Qualitätsentwicklung und Aufsicht)

Doris Wagner-Zeeh aus Neusorg übernimmt seit 1. Februar die Koordination des Hospiz- und Palliativversorgungsnetzwerks Nordoberpfalz.
 
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