Tirschenreuth
29.10.2018 - 15:47 Uhr

Kinder brauchen soziales Netz

Das Netzwerk "Koki - frühe Kindheit" wird immer größer. 90 Teilnehmer aus der nördlichen Oberpfalz diskutieren bei der Fachtagung zum Thema "Damit Aufwachsen gelingt - Eltern stärken, Kinder schützen".

Peter Gold vom Jugendamt Tirschenreuth, Erzieherin Michaela Schnidt, Hebamme Hedwig Arnold, Moderatorin Marianne Fütterer von Koki, Allgemeinärztin Dr. Cordula Köhler-Weinrich, Frauenärztin Dr. Sema Tasali-Stoll und Familienhebamme Annett Arndt (v. li.) bildeten die Gesprächsrunde am Podium. Bild: ubb
Peter Gold vom Jugendamt Tirschenreuth, Erzieherin Michaela Schnidt, Hebamme Hedwig Arnold, Moderatorin Marianne Fütterer von Koki, Allgemeinärztin Dr. Cordula Köhler-Weinrich, Frauenärztin Dr. Sema Tasali-Stoll und Familienhebamme Annett Arndt (v. li.) bildeten die Gesprächsrunde am Podium.

Von 10 bis 16 Uhr wurde im großen Sitzungssaal des Landratsamtes engagiert diskutiert, vorgetragen und zugehört. Alle zwei Jahre findet das Treffen der Netzwerker aus der Stadt Weiden, den Landkreisen Neustadt/WN und Tirschenreuth statt. Dort sind die koordinierenden Kinderschutzstellen (Koki) seit Jahren etabliert. Darin eingebunden sind möglichst alle Stellen, die in der Region mit Säuglingen und Kleinkindern zu tun haben.

Depression im Wochenbett

"Postpartale Depression - was hat das mit meinem Kind zu tun?" Über psychische Störungen, unter denen manche Mütter kurz nach der Geburt eines Baby leiden, referierte Dr. Markus Wittmann, ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Bezirksklinikum Wöllershof.

Dem schloss sich nach der Mittagspause Dr. Georgina Huber an, Oberärztin an der Klinik St. Hedwig für Geburtenhilfe und Frauenheilkunde der Universität Regensburg. Ihr Thema: "Die psychisch belastete Schwangere - welche Unterstützung können wir während Schwangerschaft und Geburt anbieten?" Marianne Fütterer von der Koki Tirschenreuth moderierte am Nachmittag die Gesprächsrunde. "Alles eitel Sonnenschein? Schön wär's." Das wirkliche Leben sei oftmals anders, gab Fütterer das Stichwort. Allgemeinärztin Dr. Cordula Köhler-Weinrich stellte dazu fest, es sei dringend erforderlich, Kindern in einem unstabilen sozialen Netz jemanden an die Seite zu geben, der regelmäßig zur Verfügung stehe. Peter Gold, Sozialpädagoge und Leiter des Sozialen Dienstes am Jugendamt Tirschenreuth, stellte den "freundlichen Eindruck" von Koki heraus. Das Jugendamt leide immer noch unter dem Vorurteil "die nehmen uns die Kinder weg". Das sei natürlich nur bedingt und im Einzelfall wahr. "Die Bandbreite des Jugendamtes leistet mehr als das, an dem es gemessen wird", sagte Gold. Das soziale Umfeld für Kinder leide darunter, dass es keine Großfamilien mehr gebe. Deshalb seien Kinderkrippen unheimlich wichtig. Ihren "Hut vor Koki" zog die Erzieherin und Leiterin der Kindertagesstätte Brand, Michaela Schmidt. Sie plädierte dafür, Erziehungsberatung ab der 5. Klasse zum Schulunterricht zu machen, um die Jugendlichen auf das Elternsein rechtzeitig vorzubereiten.

Hilfe, wenn es brennt

Oft bringe der Perfektionismus, den junge Eltern an sich selbst stellen würden, Probleme. Das fand Hebamme Hedwig Arnold. Und es fehle in vielen jungen Familien an Kenntnissen für grundlegende Dinge. Deshalb müsse es möglich gemacht werden, unkompliziert und schnell Unterstützung zu leisten, wenn es brennt, zum Beispiel mit einer Familienhilfe. Zur Frage der Moderatorin über die Stolpersteine bei der Arbeit für Koki nannte Peter Gold den Datenschutz. Michaela Schmidt sprach den Personalmangel in der Berufsgruppe der Erzieherinnen an. "Die Eltern wollten perfekt sein, deshalb müssen die Kinder daheim nur noch funktionieren. Sie dürfen nicht mehr Kind sein", klagte Cordula Köhler-Weinrich. Über gesundheitliche Schäden wegen zu frühem Umgang mit dem Mobiltelefon sorgte sich die Weidener Frauenärztin Dr. Sema Tasali-Stoll.

Anerkennung für jeden

Am Ende durfte jeder Gesprächsteilnehmer einen Wunsch äußern. Peter Gold sprach für alle, als er die gute Zusammenarbeit innerhalb der Koki-Stellen benannte. In dieser Form solle es weitergehen. Persönlich wünschte er sich ein Klima in der Gesellschaft, in dem sich jeder Mensch als anerkanntes Mitglied fühlen könne. Dafür gab's vom Publikum extra Applaus.

Peter Gold wünscht sich ein Klima, in dem sich jeder Mensch als anerkanntes Mitglied in der Gesellschaft fühlen kann. Bild: ubb
Peter Gold wünscht sich ein Klima, in dem sich jeder Mensch als anerkanntes Mitglied in der Gesellschaft fühlen kann.
 
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