Die Ausgaben sind nur mit mehr Kreisumlage zu stemmen. Darüber waren sich alle im Kreistag einig. Die Umlage, die vergangenes Jahr aufgrund der enorm gestärkten Finanzkraft um 5 Punkte auf 40,5 gesenkt werden konnte, beträgt jetzt 41,5. Das entspricht knapp 96 Millionen Euro, wovon allein Kemnath 53,5 Millionen beisteuert. Was mit dem Geld möglich ist, beriet das Gremium in einer harmonischen Sitzung.
Die neue Realschule Kemnath, das teuerste Projekt in der Landkreisgeschichte, steht mittlerweile mit 73,5 Millionen Euro im Investitionsplan bis 2025. Allein heuer finanziert der Landkreis 24 Millionen Euro. Mit 13,1 Millionen Euro rechnet man bei der Generalsanierung der Dreifachhalle am Stiftland-Gymnasium. Hier sollen dieses Jahr die Arbeiten starten. Das neue Verwaltungsgebäude des Landratsamtes steht mit 13 Millionen Euro im Plan. Für Sanierung und Außenanlagen am Berufsschulzentrum Wiesau sind bei einem Gesamtbedarf von 3 Millionen Euro heuer noch 1,8 Millionen vorgesehen.
Das sagt der Landrat
Unter das Motto "Gestalten in unsicheren Zeiten" stellte Landrat Roland Grillmeier den Haushalt. Der Landkreis investiere wie nie zuvor, was den Unternehmen und der Bevölkerung zu verdanken sei. "Diese Finanzkraft stärkt unsere Heimat", sagte er mit Blick auf aktuell Platz zwei hinter München. Die andere Seite sei der Schuldenstand von über 450 Euro pro Einwohner bei einem Landesschnitt von 170 Euro. Allein die gestiegene Bezirksumlage würde eine um 1,3 Punkte höhere Kreisumlage notwendig machen. Der Wegfall von Schlüsselzuweisungen und Stabilisierungshilfen sowie niedrigere staatliche Fördersätze täten ein Übriges.
Schuldensenkung sei das Gebot, doch dürfe man die Pflichtaufgaben nicht vernachlässigen, mahnte der Landrat. Vehement verteidigte er das neue Verwaltungsgebäude des Landratsamtes und legte Zahlen vor: Waren es 2010 noch 360 Mitarbeiter, beträgt die Zahl jetzt 476. "Wir schieben das Projekt seit 2015. Auch der Personalrat sagt, diese Situation ist nicht mehr haltbar." Beim Architektenwettbewerb habe sich die kostengünstigste Alternative ohne Tiefgarage durchgesetzt. Es sei keinesfalls ein Prestigeobjekt, lud Grillmeier jeden ein, sich ein Bild von den Arbeitsbedingungen in manchen Abteilungen zu machen.
Das sagt die CSU
Für die konstruktiven Vorberatungen des von Superlativen geprägten Haushalts dankte CSU-Sprecher Bernd Sommer allen Kollegen. Trotz guter Finanzausstattung sei der Landkreis zu wirtschaftlicher Haushaltsführung verpflichtet. Die notwendige Erhöhung der Kreisumlage sei nur dank der Steuerzahler möglich. Den Neubau beim Landratsamt hielt Sommer für notwendig, zumal die Personalmehrung auch aus zugewiesenen Aufgaben resultiere. Auf die vielfache Frage "Braucht's denn das?" antwortete er mit einem klaren Ja. Ebenso stand er zu den Ausgaben für die Sporthalle in Tirschenreuth und die Berufsschule Wiesau: "Wir müssen es unseren Handwerkern ermöglichen, optimal zu lernen." Kritik übte der CSU-Fraktionschef an zu niedrigen staatlichen Fördersätzen bei Baumaßnahmen und dem ÖPNV.
Das sagen die Freien Wähler
Die Haushaltslage sei schwierig und der Schuldenstand bedenklich, mahnte Hans Klupp (Freie Wähler): "Vielleicht wäre eine etwas höhere Kreisumlage vernünftiger und nachhaltiger." Trotz gestiegener Kosten halte seine Fraktion die Investitionen gerade im schulischen Bereich für unverzichtbar. Dem vorgelegten "noch soliden" Kreishaushalt stimme man zu.
Der Schuldenstand werde auf besorgniserregende 60 Millionen Euro im Jahr 2026 oder noch weiter steigen: "Diesen Rekord im Freistaat sollten wir nicht anstreben." Dabei müsse auch der Neubau der Werkstätten an der Berufsschule zeitnah folgen. Investitionen in den Hallenbädern sowie die "unbedingt erforderliche Finanzierung für den Bahnhof Wiesau" seien noch gar nicht berücksichtigt. Der Rechnungsprüfungsausschuss halte die dauernde finanzielle Leistungsfähigkeit des Landkreises schon jetzt für gefährdet, mahnte Klupp.
Das sagt die SPD
Den Wandel vom Armenhaus zur Aufsteigerregion thematisierte SPD-Sprecher Uli Roth und dankte allen Beteiligten, in erster Linie der Stadt Kemnath. Einige Haushaltsansätze erschienen ihm zu moderat: "Schon ab 2024 werden wir erneut eine höhere Kreisumlage brauchen." Dennoch empfahl er, kein Projekt auf der Agenda wegzulassen und absolute Priorität auf schulische Bildung zu legen. Seine Fraktion trage alles mit, hätte gerne auch die Berufsschulwerkstätten in dieser Reihe gesehen. Ebenso gehöre die Finanzierung des Kulturbahnhofs Wiesau demnächst auf die Tagesordnung.
Um Dynamik aus der Schuldenentwicklung zu nehmen, sah Roth "etwas Schiebepotenzial" beim Ämtergebäude des Landratsamtes, auch wenn die SPD grundsätzlich dahinter stehe. Beim Neubau des Kreisbauhofs ergäben sich vielleicht mit der Neuausrichtung des benachbarten Eska-Betriebs Synergieeffekte.
Das sagt die Zukunftsliste
"Können wir uns das alles leisten?", fragte Matthias Grundler (Liste Zukunft Landkreis Tirschenreuth), wollte sich aber keinem der genannten Projekte verschließen. 2023 solle ein Orientierungsjahr sein, um die weitere Entwicklung fortzuschreiben. Die größte Baustelle, die Realschule Kemnath, müsse gut über die Bühne gebracht werden. Zum Bildungsschwerpunkt zählte er auch die Entwicklung der Realschulen Waldsassen. Der Ansiedlung und Erweiterung großer Firmen müsse man Rechnung tragen. Schließlich empfahl Grundler noch, sich um die Jugendherberge Tannenlohe zu kümmern: "Die wurde in den 1980er Jahren saniert und seitdem nicht mehr angeschaut."
Das sagen die Grünen
"Nichts ist überflüssig, nichts kann man streichen", schickte Josef Schmidt für die Grünen vorweg. Dennoch lehnte seine Fraktion als einzige den Investitionsplan ab, "der uns überfordert". Er empfahl eine zeitliche Rückstellung des Neubaus am Landratsamt unter Nutzung aller alternativen Optionen. Nicht einverstanden war Schmidt mit der Verlagerung der Wiesauer Werkstätten in die nächste Legislatur; auch die Erneuerung des Bauhofs sähe er lieber früher.
Insgesamt sei man gut vorangekommen im Landkreis, bescheinigte Schmidt besonders mit Blick auf den Klimaschutzmanager und den ÖPNV. Wichtig war ihm das Weideprojekt Waldnaabauen, das Modellcharakter über Bayern hinaus habe. Abschließend forderte der Sprecher, das Thema erneuerbare Energien und Beteiligungsmöglichkeiten für Bürger voranzubringen.
Zahlen aus dem Kreishaushalt 2023
- Verwaltungshaushalt: 123, 52 Millionen Euro
- Vermögenshaushalt: 35,42 Millionen Euro
- Kreditaufnahme: 12,25 Millionen Euro
- Schulden Ende 2023: 47,15 Millionen Euro
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