Tirschenreuth
03.05.2019 - 17:51 Uhr

Kreistag Tirschenreuth: Ein Vorstand und Ein-Drittel-Lösung für Kliniken AG

Der Landkreis Tirschenreuth geht in die Offensive: Nachdem sich Landrat und Kreisräte mit öffentlichen Äußerungen zur Kliniken Nordoberpfalz AG zurückgehalten haben, positionieren sie sich nun gemeinsam nach außen und stellen Forderungen.

Das Krankenhaus Waldsassen soll zu einem Intersektoralen Gesundheitszentrum umgewandelt werden Bild: kgg
Das Krankenhaus Waldsassen soll zu einem Intersektoralen Gesundheitszentrum umgewandelt werden

Die zukünftige Ausrichtung der Kliniken Nordoberpfalz AG wird seit Monaten intensiv diskutiert. Dabei kamen auch immer wieder Interna aus Aufsichtsratssitzungen an die Öffentlichkeit. Für Landrat und Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Lippert ein untragbarer Zustand. "Wir sind entsetzt über die Indiskretionen", verlas er am Freitagmittag eine gemeinsame Erklärung des Kreistags. Vorher hatte das Gremium fast zweieinhalb Stunden hinter verschlossenen Türen zu diesem Thema getagt.

Durch das Durchsickern von Informationen seien Vorstand Josef Götz in einer unmenschlichen Art sowie die AG erheblich beschädigt worden. "Das ist für uns untragbar", sprach Lippert für alle Kreisräte. Die geplante Dreier-Lösung für den Vorstand habe der Kreistag heftig diskutiert. Man sei zu dem Konsens gekommen, "vorerst nur einen Vorstand auszuschreiben", auch mit Blick auf mögliche Kosten.

Auch verwies Lippert auf die Aktionärsvereinbarung. Nach der halten die Stadt Weiden 51 Prozent, der Landkreise Tirschenreuth 47,5 Prozent und der Landkreis Neustadt/WN 1,5 Prozent der Aktien. Es sei klar, dass alle die Kliniken AG finanziell unterstützen müssten. Defizite eines Klinikums seien nichts Besonderes. "Aber wir müssen alle drei Geld in die Hand nehmen, möglichst in Richtung einer Ein-Drittel-Lösung", brachte der Landrat eine Neuaufteilung ins Spiel. Jeder sollte 33,3 Prozent einzahlen. Die drei Gesellschafter seien daher in Gesprächen, um eine Lösung zu finden.

An Spielregeln halten

Zudem könnten sich die Tirschenreuther vorstellen, falls es gelänge gemeinsam Geld in die Hand zu nehmen, auf die geplante Servicegesellschaft zur Auslagerung von Dienstleistungen zu verzichten. "Wir pochen auf eine adäquate und moderne medizinische Versorgung für unsere ländliche Bevölkerung", fasste der Landrat die Diskussion des nicht-öffentlichen Teils zusammen.

Den öffentlichen Punkt "Gewährung von Ausfallbürgschaft" der Klinken AG durch den Landkreis nutzten die Fraktionen, um ihre Positionen darzulegen. Dabei forderten alle für die Zukunft eine gerechtere Verteilung der Lasten. Letztendlich stimmten bis auf den parteilosen Jürgen Menzinger ("Ich will ein Zeichen setzen.") alle Kreisräte der Übernahme der Bürgschaften zu.

"Wir in Tirschenreuth haben uns immer an die Spielregeln gehalten. Seit geraumer Zeit stehen viele Interna in der Zeitung", meldete sich CSU-Fraktionschef Toni Dutz zu Wort. Nach all den Vorkommnissen in der Vergangenheit sei es wichtig, "dem Landrat ein starkes Mandat zu geben." Allen drei Partnern der AG müsse klar sein, dass einer alleine die Versorgung nicht leisten könne. Alles müsse adäquat aufgeteilt werden. Daher biete sich die Ein-Drittel-Lösung an. "Die bisherige Verteilung ist ungerecht." Es sei ein Irrglaube, dass es nach Schließungen von kleinen Standorten kein Defizit mehr geben werde. Auch würden Patientenströme nicht vor Bezirksgrenzen haltmachen.

Mit Landkreis gespielt

SPD-Fraktionschef Rainer Fischer wurde deutlich: "Teilweise ist mit uns gespielt worden. Das, was mit Waldsassen passiert, ist nicht das Ende der Fahnenstange." Wie Hans Klupp von den Freien Wählern und Marco Vollath (Zukunftsliste) forderte Fischer ab sofort ein noch stärkeres Eintreten für die Interessen des Landkreises.

Auch griff Lippert die Umwandlung des Krankenhauses Waldsassen in ein Intersektorales Gesundheitszentrum (IGZ) mit einer erweiterten ambulanten Versorgung auf: "Es gibt Zeichen, dass es vonseiten des Ministeriums und der Krankenkassen positiv gesehen wird." Möglicherweise könnte auch der Strukturfonds angezapft werden.

Die finanzielle Unterstützung der Orthopädischen Rehabilitationsklinik in der Klosterstadt hatte der Kreistag schon beschlossen. Nun stimmte das Gremium auch der Übernahme des Jahresfehlbetrags für 2019 in tatsächlicher Höhe zu. Allerdings mit der Ergänzung, dass eine Defizitvereinbarung abzuschließen sei. "Wir wollen nur die Kosten tragen, die in Waldsassen gemacht werden", erläuterte Dutz.

Ludwig Spreitzer (CSU) machte darauf aufmerksam, dass nach der Schließung der akut-stationären Station weiterhin Tag und Nacht ein Arzt vor Ort sein muss. "Das ergibt eine deutliche Kostenmehrung." Dem stimmte Dr. Achim Nemsow (CSU) zu. Um alles aufrechtzuerhalten, brauche man mindestens drei Arztstellen. Durch die Schließung der Akut-Station sehe er auch die Fortführung der Reha-Station gefährdet. "Daher sollte alles mit einem Konzept und ohne Schnellschuss erfolgen." Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer stellte die Frage, ob es nicht sogar wirtschaftlicher sei, die Akut-Station zu erhalten. "Dies sollten wir im Auge behalten."

Im Blickpunkt:

Zusammenarbeit mit Amberg prüfen

Dem Kreistag lag auch eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit der Kliniken AG mit dem Klinikum Amberg vor. Laut Landrat Wolfgang Lippert geschieht dies schon in einigen Bereichen erfolgreich. Als Beispiele nannte er das Perinatalzentrum und die Geburtenabteilung in Tirschenreuth.

„Der Ausbau der Kooperation mit Amberg wird von uns favorisiert“, bekannte der Landrat. Die Absichtserklärung zur Forcierung der Zusammenarbeit billigte der Kreistag einstimmig. Allerdings wurde ein Absatz gestrichen und eine Ergänzung eingefügt. „Wir sind dafür. Ob es zu einer Zusammenführung kommt, muss aber eine Prüfung zeigen. Wir wollen uns alles offen halten“, erklärte Toni Dutz (CSU).

Rainer Fischer (SPD) bekräftigte, dass eine intensive Überprüfung des Zusammenschlusses nicht heiße, „dass wir es machen. Auch danach können wir unsere Meinungen noch einbringen.“ Man müsse bei dieser Sache extrem vorsichtig sein. „Das Ergebnis darf nicht sein: zwei Häuser mit Spitzenmedizin und aus den anderen machen wir ‚Liegestätten‘. Das kann nicht die zukünftige Gesundheitsversorgung des Landkreises Tirschenreuth sein.“ Für diese Aussage gab es Zustimmung von Lippert: Eine Fusion könne nicht bedeuten, „dass wir uns schlechter stellen“. Allerdings sollte man sich dem Zusammenschluss nicht verschließen und Untersuchungen anstellen.

„Wir haben es geschafft, uns parteiübergreifend auf einen sehr gut formulierten Kompromiss zu einigen“, lobte Marco Vollath von der Zukunftsliste. Und auch für Grünen-Fraktionschefin Heidrun Schelzke-Deubzer war es wichtig, dass der Kreistag weiterhin das Heft des Handelns in der Hand hat.

 
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