Was hat Weihnachten mit den Historischen Stadtführungen in Tirschenreuth zu tun? Und stimmt es wirklich, dass Kaiser Karl der IV. mit großem Gefolge in der heutigen Kreisstadt war? Diese und andere Fragen beantworten die vier neuen Theaterszenen, die Manfred Grüßner und Marianne Stangl für die Historischen Stadtführungen geschrieben haben.
Neuer Regisseur
Kürzlich fand die erste Aufführung für die Stadtführer und Darsteller, die die Führungen lebendig erlebbar machen, statt. Dabei gab es viele Neuerungen. Die Historischen Stadtführungen wurden diesmal unter neuer Regie inszeniert. Zwar haben Manfred Grüßner und Marianne Stangl in Zusammenarbeit mit den Gästeführern der Stadt die Szenen geschrieben, doch gaben sie die Regie in jüngere Hände ab. Erstmals leitete Bernhard Neumann, Mitglied beim Modernen Theater Tirschenreuth und Regisseur beim Wiesauer Theaterverein Shalom Amitié, die Darsteller-Teams an.
Altbewährtes peppte Neumann mit dem Hauch einer neuer Stilrichtung auf. Ein Beispiel erlebten die Gäste gleich bei der ersten Szene. In der Darstellung buhlen zwei Krippenschnitzer um die Gunst des reichen Tirschenreuthers "Summer". Der nämlich soll Krippenfiguren kaufen, damit die Schnitzer-Familie sich auch im Winter ein paar Mark dazuverdient. Die Szene ist nicht erfunden, sondern entspricht der Wahrheit: Tatsächlich haben sich die Tirschenreuther in den Wintermonaten mit Schnitzereien über Wasser gehalten.
Wie der "Goaßreiter" entstand
Die Gästeführerinnen Cornelia Stahl und Christina Zapf begrüßten das Publikum allerdings vor den Arkaden. Dort erfuhren die Gäste mehr über die Historie des Bauwerks aus dem 17. Jahrhundert. Dann ging es weiter zur ersten Szene, nach einer wahren Begebenheit: Die Stiefbrüder Joseph Hautmann und Siegmund Stock (mit Haushälterin Fanny Siller) denken darüber nach, einen "Goaßreiter" zu schnitzen. Einer der Stiefbrüder beobachtete Kinder, die auf einer Ziege reiten wollten.
Dabei entsteht in der Szene der Gedanke, aus dem Verkauf von Krippen ein Einkommen zu machen. Tatsächlich schwatzen sie dann im Jahr 1852 dem Gastwirtssohn Summer aus Plößberg eine komplette Krippe auf. Mit viel Witz und Humor mischten sich die Darsteller immer wieder unter die Zuschauer.
Interessante Schauplätze
Nach bewährter Weise suchten die Führerinnen weitere interessante Schauplätze für die Touren aus. Wenig später fand sich die Gruppe vor der Baustelle der ehemaligen Brauerei Schels wieder, wo Gästeführerin Cornelia Stahl schilderte, dass es früher in der Kreisstadt fünf Brauereien gab, die alles nach und nach geschlossen wurden. Zurück auf dem Marktplatz hatte Cornelia Stahl ihr Debüt als Darstellerin einer eigenen, kleinen Szene. Die Gästeführerin mimte eine Tirschenreutherin, die während der Inflation 1922/23 ein Ei für sage und schreibe 80 Milliarden Mark kaufte. Das sei ihre eigene Idee gewesen, sagte Stahl im Nachhinein lachend. Sie will so die Erzählungen auflockern.
Teichwirtschaft in Tirschenreuth
Ein paar Schritte weiter wurde im Hinterhof des Ateliers von Künstlerin Kerstin Rumswinkel klar, wie arm viele Menschen einst waren. In der sogenannten Freibank verkauft eine Metzgerin billiges Fleisch, das aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in den Handel durfte. Ihre Kunden, wie der Totengräber oder der Krippenschnitzer, waren derart arm, so dass sie anschreiben lassen mussten.
Nach einem Abstecher am Museumsquartier, spielte die nächste Geschichte im Fischhofpark. Die Pächter des Stadtteiches beschweren sich beim Kämmerer fürchterlich darüber, dass der Vorpächter, der Apotheker, keine Fische und kaputte Gerätschaften hinterließ. Sie fordern die Stadt als Verpächter auf, Abhilfe zu schaffen. Rund um die Szene gab es spannende Informationen über Tirschenreuth als Stadt der Teiche und den wirtschaftlichen Nutzen. Stahl erzählte auch, warum in vielen Familien noch heute am Heiligen Abend Karpfen auf den Tisch kommen. Vornehm endete die Stadtführung im Keller der Fronfeste: Zur Vorbereitung des entscheidenden Schlages gegen die Protestanten im Jahr 1457 trifft sich Karl V. mit seinem Bruder, dem deutschen König Ferdinand I., und Herzog Moritz von Sachsen im Tirschenreuther Schloss, der Fronfeste.
Mit viel Applaus und großer Erleichterung aller Beteiligten endete die Historische Stadtführung. Diese gibt es seit 2014 nach einer Idee von Bürgermeister Franz Stahl zum 650. Geburtstag der Stadt Tirschenreuth. Seit 2014 nahmen über 3000 Gäste daran teil. Die Führungen sind eine Kooperation der Stadt und dem Modernen Theater Tirschenreuth. Es werden meist bis zu 14 Führungen pro Jahr angeboten. In diesem Jahr zwei weniger wegen des Kultur-Sommers im Fischhofpark.
Die Akteure
- Gästeführerinnen: Cornelia Stahl und Christina Zapf
- Autorenteam: Marianne Stangl und Manfred Grüßner
- Regie: Bernhard Neumann
- Assistenz: Anna Katharina Reiter und Lisa Schedl
- Schauspieler: Lilly Melzer, Lisa Schedl, Georg Schirmer, Reiner Summer, Martin Rother, Alexander Bauer, Karl Jäger und Andreas Schirmer
Alle diesjährigen Termine sind bereits ausgebucht. Freie Plätze gibt es noch am Mittwoch, 21. Juni. Infos und Anmeldungen über die Tourist-Info, Telefon 09631/600 248
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