Das achtköpfige Laborteam aus Tirschenreuth hat durch Zufall von Überlegungen der Kliniken Nordoberpfalz AG, die Laborarbeiten künftig von externen Anbietern erledigen zu lassen, erfahren und die Pläne am Donnerstag in einem Offenen Brief an den Aufsichtsrat der AG mit der Überschrift "Stehen Sie zu Ihrem Wort" öffentlich gemacht. Darin weisen die Medizinisch-technischen Laboratoriumsassistenten darauf hin, dass die Vorbereitungen zum Verkauf der drei Labore "im stillen Kämmerchen" laufen würden.
Wie eine der Betroffenen im Gespräch mit Oberpfalz-Medien erklärt, ging vor etwa drei Wochen ein Fremdanbieter mit einem Projektleiter bereits durch die Räumlichkeiten in Tirschenreuth. Dazu heißt es im Brief: "Sie begutachteten die Analysegeräte und stellten unter anderem Fragen bezüglich Schichtplänen und eventuellen Möglichkeiten für Rufbereitschaften." Auf Nachfrage hätten die Mitarbeiter dann erfahren, dass die Labore outgesourct werden sollen. Insgesamt gebe es wohl drei Kaufinteressenten. Auf Nachfrage von Oberpfalz-Medien bestätigte die Kliniken AG am Freitag diese Überlegungen.
Widerspruch zu Aussagen
Für die Labormitarbeiter ist dieser Schritt nicht nachvollziehbar, vor allem mit Blick auf viele Äußerungen von Politikern. Beispielhaft wird in dem Brief Tirschenreuths Landrat und Aufsichtsratsmitglied Roland Grillmeier zitiert: Dieser hatte im Sommergespräch mit Oberpfalz-Medien gesagt, dass die Klinken AG in kommunaler Hand bleiben solle.
Eine Privatisierung der Labore hätte laut Brief nicht nur für die Angestellten unmittelbare Auswirkungen, sondern auch weitgehende für die gesamte diagnostische Versorgung der Krankenhäuser und somit auch für die Patienten. "Personalabbau und die Einführung einer Rufbereitschaft hätten zur Folge, dass Standorte wie das Krankenhaus Tirschenreuth nicht mehr als Akutkrankenhaus eingestuft werden können", weisen die Mitarbeiter auf mögliche Konsequenzen hin. Patienten mit akuten Beschwerden, wie beispielsweise Verdacht auf Herzinfarkt, akute Infektionen oder diabetisches Koma, würden eine Rund-um-die-Uhr-Besetzung der Labore voraussetzen. Zudem könnten nach ihren Angaben keine Notfalloperationen mehr stattfinden, da im Falle einer notwendigen Bluttransfusion das Laborpersonal nicht schnell genug vor Ort wäre. Auch das Weiterbestehen der Entbindungsstation in Tirschenreuth sei durch diese Entscheidung infrage gestellt, da auch hierfür eine 24-stündige Besetzung des Labors als Voraussetzung gelte.
"Unsere Tätigkeit findet hinter den Kulissen statt, aber auch wir sind 24 Stunden für unsere Patienten da und gewährleisten mit unserer Tätigkeit die Grundlage jeglicher Diagnostik", beschreiben die Mitarbeiter ihr Arbeitsfeld. Nahezu alle Krankheitsdiagnosen, therapeutischen Entscheidungen, Therapieüberwachungen sowie OP-Vorbereitungen einschließlich der Transfusionsmedizin würden von Laborwerten abhängen. Und die Qualität dieser Diagnostik könne nur so gut sein wie der Laborbetrieb, der sie erstellt.
"Ein Betrieb, der in Zeiten von chronischem Fachkräftemangel Fachpersonal besitzt und dieses mitsamt seinem Know-how verkauft, nur um wieder schwarze Zahlen zu schreiben, kann einen nur sprachlos machen", zeigen sich die Mitarbeiter enttäuscht. Das Team befürchtet, dass die Entscheidung zum Verkauf schon sehr bald fallen kann. Der Aufsichtsrat tagt am Donnerstag, 22. September, in der Stadthalle in Neustadt.
Die Kliniken-AG bestätigte am Freitag auf Anfrage von Oberpfalz-Medien die Überlegungen. "Im Zuge der Aktualisierung des Sanierungsgutachtens sind wir dazu angehalten, alle Möglichkeiten und zur Verfügung stehenden Alternativen zu prüfen, die zur Sicherung unserer Standorte beitragen. Kostenanalysen und Vergleiche mit anderen Krankenhäusern haben Potenziale im Laborbereich aufgezeigt und dass die dortigen Strukturen derzeit nicht optimal sind", informiert Pressesprecher Michael Reindl.
Neben der Prüfung von Kooperationen und Optimierungen würden daher Analysen mit verschiedenen Laboranbietern durchgeführt. Erst wenn alle Effekte ausführlich und detailliert geprüft seien und eine abschließende Beurteilung vorliege, könne eine Entscheidungsgrundlage erarbeitet werden, die dann in den Gremien diskutiert werde. Derzeit liege noch kein entscheidungsreifes Konzept vor, sagt Reindl.
Nun offizielle Informationen
Die Mitarbeiter in diesem Bereich (rund 50 von insgesamt 3000 bei der Kliniken AG) sind mittlerweile durch die Unternehmensleitung über den aktuellen Stand und das weitere Vorgehen informiert worden. In Tirschenreuth stand Personalleiter Bernd Weisensee Rede und Antwort. In Kemnath und Weiden übernahm dies Vorstand Michael Hoffmann.
Auch der Betriebsrat sei eng in die weiteren Planungen eingebunden, betont Reindl. "Ziel ist, auch weiterhin zu gewährleisten, die Standorte zu sichern und die vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten beizubehalten und gegebenenfalls auszubauen. Unsere Träger bekennen sich weiterhin zum Erhalt der Kliniken Nordoberpfalz in kommunaler Trägerschaft."
Roland Gleißner, Gesamtbetriebsratsvorsitzender und gleichzeitig auch Betriebsratsvorsitzender des Standort Tirschenreuths, betont, dass er in dieser Angelegenheit voll hinter dem Personal stehe. Ein Labor sei ungemein wichtig für ein Krankenhaus. Von einer externen Erledigung der Aufgaben hält er dabei gar nichts, weil dies mit Sicherheit längere Wege und längere Wartezeiten auf Untersuchungsergebnisse mit sich brächte. Und auch wenn die Pläne einen Dienstleister vorsähen, der im Haus arbeite, würde das wohl für die Kollegen weniger Gehalt, weniger Urlaub und keine Zusatzversorgung durch den öffentlichen Dienst bedeuten. Zudem sei es überhaupt kein Stil, wie mit den Mitarbeitern hier umgegangen werde. "Man hätte die Mitarbeiter schon viel früher in die Überlegungen einweihen müssen und nicht erst, nachdem quasi ,ein Unfall’ die Pläne öffentlich gemacht hat“, sagt er.
Der Betriebsratsvorsitzende kündigt bereits jetzt zur Aufsichtsratssitzung am Donnerstag, 22. September, in Neustadt/WN eine Demonstration gegen die Pläne an.
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