Einmal jährlich tagt der Suchtarbeitskreis Tirschenreuth am Landratsamt. Diesmal gewann Theresia Schwarz vom Gesundheitsamt dafür einen hochkarätigen Referenten: Dr. Markus Wittmann, der ärztliche Direktor des Bezirksklinikum Wöllershof, informierte zum brisanten Thema "Cannabis - vom illegalen Suchtmittel zum Allround-Medikament?" Schwarz begrüßte zur Sitzung im kleinen Saal Vertreter aus dem Jugendamt, von der Polizei, aus Schulen und Betrieben, von der Suchtberatungsstelle, der Koordinierten Kinderschutzstelle (KoKi), aus Selbsthilfegruppen und vom Jobcenter. Vor dem Referat informierte Schwarz über aktuelle Themen wie dem Jugendschutz auf Festen, worüber Vereine aufgeklärt worden seien.
Wittmann stellte Cannabis als verschreibungspflichtiges Medikament vor, das in seiner Wirkung schwer einzuschätzen sei.
Cannabis habe heute nichts mehr mit der Modedroge der 70er Jahre zu tun, betonte er. "Die alten Hippies würde es beim gleichem Konsum wie damals sofort aus den Latschen hauen!"
Wirkung unterschiedlich
Wittmann ging kritisch auf die Tatsache ein, dass Cannabis-Patienten weiter normal mit dem Auto fahren dürfen. Die Medikamentierung könne bei einem Arbeitgeber zum Beispiel im Personentransport oder bei der Bedienung von Maschinen negativ bewertet werden. Während sich Alkohol rasch abbaue, bleibe Cannabis über lange Zeit im Körper nachweisbar. Insgesamt sei die Wirkung individuell unterschiedlich, wie beim Alkohol. Eine nachweislich biologische Abhängigkeit entstehe nicht. Diese sei mehr psychischer Natur: Die Aufmerksamkeit lasse bei Konsumenten nach, es fällt ihnen schwer sich zu konzentrieren. "Cannabiskonsumenten ist alles wurscht", erklärte Wittmann unterschiedliche Auswirkungen auf den Körper.
Als Joint habe Cannabis wie Tabak auch Nebenwirkstoffe. Drei Joints könne man hier mit einer Schachtel Zigaretten gleichsetzen. Leider habe es sich nicht bewahrheitet, dass eine Legalisierung zu weniger Konsum führe. "In Kanada ist der Verbrauch gewaltig gestiegen und die USA hat ein massives Opiat-Problem", erklärte der ärztliche Direktor. Forschungen hätten ergeben, dass Cannabis in London für 30 Prozent aller Psychosen verantwortlich sei, in Amsterdam für die Hälfte. "Gesund ist das auf keinen Fall!"
Nur als Blüten oder Tropfen
Dem Experten ist es wichtig, streng darauf zu achten, wer wofür Cannabis verschrieben bekomme. Zwei Jahre nach der Freigabe seien bis Ende 2018 145 000 Einheiten mit 95 000 Rezepten herausgegeben worden. Da stelle sich die Frage, ob dies immer medizinisch notwendig gewesen sei. Wittmann warnte eindringlich davor, Jugendlichen Cannabis zu geben. Unter 18 Jahren in der Pubertät könne dies äußerst schädliche Wirkungen haben. Cannabis dürfe nur als Blüten, Tropfen oder Extrakt verschrieben werden. Nur begrüßen kann der Referent die verpflichtende Begleitforschung für Ärzte. Verschrieben werde es zu 57 Prozent bei Schmerzen, 14 Prozent bei ADHS, 7 Prozent bei Depressionen sowie in kleinen Prozentsätzen bei Epilepsie und Tourette-Syndrom. Bei einem derart hohem Prozentsatz im Schmerzbereich stellt sich die Frage, ob das immer gut sei.
Wittmann betonte, er sei kein Gegner des legalen Cannabis. "Aber jeder muss genau überlegen, ob es sein muss und kein Arzt sollte sich vom Patienten deshalb unter Druck setzen lassen",schloss Wittmann seinen Vortrag.
Schade, dass solche Artikel heute immer noch unwidersprochen erscheinen dürfen.
Ein paar Anmerkungen zu den teils abenteuerlichen Behauptungen:
"Während sich Alkohol rasch abbaue, bleibe Cannabis über lange Zeit im Körper nachweisbar."
Das ist richtig. Aber während man auch nach Alkoholkonsum immer noch Auto fahren darf, wird man bei Cannabis unter Umständen noch nach Tagen bestraft, wenn man völlig nüchtern fährt. Die Wirkung des THC hat dann schon lange keine negativen Auswirkungen. Es handelt sich um Abbaustoffe, die die Fahrleistung in keiner Weise einschränken.
"Aber jeder muss genau überlegen, ob es sein muss und kein Arzt sollte sich vom Patienten deshalb unter Druck setzen lassen"
Wichtig wäre es, wenn sich Ärzte nicht von der Pharmaindustrie unter Druck setzen und mit Geschenken bestechen lassen. Das ist leider viel zu häufig der Fall, sonst wären einige Aussagen hier nicht zu erklären.
"Cannabiskonsumenten ist alles wurscht"
Pauschale Aussage. Wissenschaftlich nicht haltbar.
"Cannabis habe heute nichts mehr mit der Modedroge der 70er Jahre zu tun, betonte er. Die alten Hippies würde es beim gleichem Konsum wie damals sofort aus den Latschen hauen!"
Schon in den 60ern und 70ern gab es starke Sorten. Da mehr Haschisch geraucht (also in konzentrierter Form) wurde, waren die konsumierten Durchschnittswerte sogar ähnlich. Und selbst wenn, dann zieht man eben nur 1x statt gleich 3x, das ist kein wirkliches Problem.
Problematischer ist es generell eher, dass der THC-Wert im vergleich zum CBD steigt und außerdem nicht angegeben ist (wie das beim Alkoholgehalt gemacht wird). Nur ein legaler und kontrollierter Verkauf würde das ermöglichen.
"Leider habe es sich nicht bewahrheitet, dass eine Legalisierung zu weniger Konsum führe."
Doch. Bei Jugendlichen ist das der Fall. Und darum geht es vor allem.
Erwachsene trinken weniger Alkohol. Auch das ist ein positiver Effekt, wenn Cannabis legalisiert wird.
"die USA hat ein massives Opiat-Problem"
Was für eine unglaubliche Behauptung, das mit Cannabis auch nur ansatzweise in Verbindung zu bringen.
Das ist einer seriösen Diskussion nicht angemessen.
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