Tirschenreuth
15.11.2019 - 17:58 Uhr

Podiumsgespräch zur Europassion 2020 in Tirschenreuth

Passionsspiele gibt es mindestens seit dem 13. Jahrhundert. Die bekannte Geschichte die darin erzählt wird ist wesentlicher Bestandteil des christlichen Glaubens. Vertreter aus Kirche, Stadt und Theater machten sich dazu Gedanken.

Machten sich Gedanken zur Passion Bürgermeister Franz Stahl, Pfarrerin Stefanie Schön, Bischof Rudolf Voderholzer, Stadtpfarrer Georg Flierl, Vinzenz Rahn, Manfred Grüssner und Florian Winklmüller (von links). Bild: tr
Machten sich Gedanken zur Passion Bürgermeister Franz Stahl, Pfarrerin Stefanie Schön, Bischof Rudolf Voderholzer, Stadtpfarrer Georg Flierl, Vinzenz Rahn, Manfred Grüssner und Florian Winklmüller (von links).

Bei einem Podiumsgespräch erläuterten Bischof Rudolf Voderholzer, Regionaldekan Georg Flierl, die evangelische Pfarrerin Stefanie Schön, Bürgermeister Franz Stahl sowie die Schauspieler Florian Winklmüller, Manfred Grüssner und Vinzenz Rahn, was die Darstellung der Passion Christi in ihnen auslöst, welche Bedeutung sie für ihren Glauben und welche Auswirkungen sie auf die Gesellschaft hat.

Gut 60 Zuschauer

Das Diözesankomitee der Katholiken im Bistum Regensburg hatte deshalb in Kooperation mit der Katholischen Erwachsenenbildung im Landkreis Tirschenreuth und dem Evangelischen Bildungswerk Oberpfalz zum Podiumsgespräch ins Pfarrzentrum eingeladen. Moderiert wurde die Diskussion von Sonja Ettengruber vom Straubinger Tagblatt. Gut 60 Tirschenreuther waren gekommen, um die Statements der Podiumsteilnehmer zu hören.

Bischof Voderholzer freut sich, dass Passionsspiele wieder im kommen seien. In der Barockzeit habe es in Bayern mehr als 35 Passionsspielorte gegeben. Er sei bestrebt alle Passionen im Bistum, von denen er erfahre persönlich zu besuchen. Einigen wie etwa die Kemnather habe er bereits beigewohnt. "Meine Beziehung zum Passionsspiel ist die Schnittmenge zur Eucharistie, denn im Grunde hat die Eucharistiefeier eine gewisse Nähe zum Passionsspiel", sagte der Bischof.

Intensiver auf der Bühne

Jedes Passionsspiel sei intensiver als wenn man die Geschichte nur in der Heiligen Schrift lese. Man sei schnell gefesselt und werde mit hineingenommen in das Ringen um die Fragen, "warum musste es so laufen, warum hat sich die Situation so zugespitzt, wer war schuld und wie konnte es so weit kommen?" Bei der Premiere wird Bischof Rudolf diesmal dabei sein. Die Stadt leiste mit ihrer Passion einen Beitrag zur Evangelisierung.

Auch für die evangelische Pfarrerin Stefanie Schön geht es bei der Passion um ein intensiveres Erleben als man es durch bloßes Lesen erreichen könne. Vor allem für Jugendliche und Kinder sei mit der Darstellung auf der Bühne das Geschehen viel besser zu begreifen. Sie hatte außerdem gleich einen Änderungswunsch, was die Inszenierung betrifft. Weil sie gemeint hatte, die Podiumsdiskussion wäre im Kettelerhaus, habe sie die Szene der Salbung in Bethanien mitbekommen, die dort gerade geprobt wurde. Ihr sei aufgefallen, dass die Frau im Vordergrund, die Füße von Jesus salbt. Gleichzeitig seien aber die Worte aus dem Markus- oder Matthäusevangelium verwendet worden, wo es eindeutig um die Salbung des Hauptes gehe. Vielleicht könne man das ja bei der Inszenierung berücksichtigen.

Toll bei der Sache findet sie, dass die Geschichte im Dialekt über die Bühne geht, ist aber enttäuscht, dass Jesus hochdeutsch spricht, weil er ja ein Mensch gewesen sei, der aus dem Volke kam. Für die Gender-Wissenschaftlerin sei es denkbar, vielleicht in einer ökumenischen Frühschicht das Thema der Frau in der Passion zu beleuchten.

Fünfter Regisseur

Das griff Vinzenz Rahn auf und sagte, dass er sich freuen würde, wenn die Pfarrerin ein Referat zum Thema bei der Europassions-Konferenz halten würde. Vielleicht wolle sie auch mitspielen, etwa als Frau im Volk. "Man muss da klein anfangen. Ich selbst begann als Soldat."

Auch Manfred Grüssner, der als Regieassistent zusammen mit Marianne Stangl die Proben vor Ort begleitet ging auf die Ausführungen der Pfarrerin ein. "Wir sind bereits vier Regisseure und jetzt kriegen wir noch einen dazu", scherzte er. Die wenigen Rollen, die in hochdeutsch gesprochen werden verteidigte er damit, dass sie das Gesamtgeschehen für Zuschauer verständlich macht, die den Oberpfälzer Dialekt nicht verstehen.

Alle Facetten abgebildet

Stadtpfarrer Georg Flierl sieht bei der Betrachtung des Leidensweges Jesu auch die Gesellschaft in allen Facetten abgebildet. Münze man die Passionsgeschichte auf heute um, erlebe man auch so eine Art Shitstorm auf biblisch.

Im Umkehrschluss sei es immens wichtig, diejenigen zu schützen, die bei der Ausübung ihrer politischen Ämter zum Wohle der Allgemeinheit Morddrohungen und ähnliches bekämen. Man dürfe nicht zulassen, dass die guten Leute mundtot gemacht würden und die falschen das Zepter in die Hand bekämen.

Florian Winklmüller, der aktuell den Pontius Pilatus mimt, sagte, dass man als Schauspieler während der Proben und Aufführungen tatsächlich ein anderer wäre, man sich schnell mit seiner Rolle identifiziere. Das läge unter anderem auch daran, weil Johannes Reitmeier eine stille Andachtspassion geschrieben habe, die unter die Haut gehe.

Bezug zur Pfarrei

Bürgermeister Franz Stahl wertete die Tirschenreuther Passion als wichtige gesellschaftspolitische Veranstaltung. Damit sei auch ein besonderer Bezug zur Pfarrei entstanden. Sein Wunsch sei es, dass die Passion in den kommenden Jahrzehnten immer eine Rolle in Tirschenreuth spielen werde.

Bischof Rudolf studiert den Flyer zur Europassion 2020. Bild: tr
Bischof Rudolf studiert den Flyer zur Europassion 2020.
Sonja Ettengruber moderierte die Podiumsdiskussion. Bild: tr
Sonja Ettengruber moderierte die Podiumsdiskussion.
Über 60 Interessierte waren zu Podiumsgespräch gekommen. Bild: tr
Über 60 Interessierte waren zu Podiumsgespräch gekommen.
Manfred Grüssner sprach aus Sicht der Regie und der Schauspieler. Bild: tr
Manfred Grüssner sprach aus Sicht der Regie und der Schauspieler.
 
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