Trotz Kritik sitzen viele Fußballfans am Mittwoch vor dem Bildschirm

Tirschenreuth
22.11.2022 - 16:55 Uhr
OnetzPlus

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft spielt am Mittwoch bei der WM in Katar. Die umstrittene Vergabe der Weltmeisterschaft und die Debatte um Menschenrechte halten im Landkreis Tirschenreuth Fans nicht ab, das Spiel im TV zu sehen.

Begeisterung für die WM ist im Landkreis Tirschenreuth derzeit kaum spürbar. Deutschlandfahnen an den Häusern sind ebenso Fehlanzeige wie schwarz-rot-gold dekorierte Autos. Die Auslagen von Fanartikeln in den Geschäften sind diesmal sehr überschaubar. Und fast nirgendwo sind Treffen zum Public-Viewing, zum gemeinsamen Ansehen der Spiele, angekündigt. "Es ist einfach zu kalt, im Winter denkt man nicht an Fußball", so urteilen viele. Andere sind mittlerweile stinksauer auf die Fifa und die Entscheidung, die WM nach Katar zu vergeben. Der Streit um die mehrfarbige One-Love-Kapitänsbinde hat hier noch zusätzlich Öl ins Feuer gegossen.

Nach Meinung vieler Fußballfans könnte sich das Desinteresse heute schlagartig ändern, wenn Deutschland erfolgreich ins Turnier starten sollte. Wenn die Elf von Hansi Flick attraktiven und erfolgreichen Fußball zeige, säßen bald sicherlich wieder alle vor dem Bildschirm und fieberten mit, prophezeien mehrere Fußballfunktionäre im Stiftland. Daran würden auch die Lichterketten und der Glühweinduft der bevorstehenden Vorweihnachtszeit nichts ändern. Viel hänge einfach davon ab, wie sich die deutsche Mannschaft im Spiel gegen Japan präsentiere.

Auch Thorsten Ziegler schaut zu

Thorsten Ziegler, Jugendleiter des ATSV Tirschenreuth, sagt: "Ich schau mir auf jeden Fall die Spiele der deutschen Nationalmannschaft und weitere interessante Spiele an, sofern es mir zeitlich möglich ist." Viele Spiele fänden bereits am Nachmittag oder am frühen Abend statt, wo die Meisten noch beruflich tätig seien. Dass die WM nach Katar vergeben worden ist, kann er nicht nachvollziehen: "Katar ist kein Fußball-Land. Es hätte sicherlich viele andere Fußballnationen gegeben, die diese WM gut ausgerichtet hätten." Er hält aber nichts davon, die Kritik, die nach seiner Ansicht berechtigt ist, auf dem Rücken der Fußballer auszutragen. "Die Spieler können am wenigsten dafür", so seine Meinung. Ziegler glaubt auch nicht daran, dass mehr als 50 Prozent der Deutschen kein WM-Spiel anschauen werden. Ziegler: "Wenn es für die Deutschen gut läuft, sitzen alle vor dem Bildschirm."

Dies findet auch Christian Zettl, ehemaliger Spieler des Landesligisten SV Mitterteich und derzeit Trainer beim ATSV Tirschenreuth. "Wenn die Deutschen attraktiven und erfolgreichen Fußball spielen, schauen die Leute trotzdem zu. Denn wir sind ein Fußballer-Land." Er persönlich werde, wenn es beruflich möglich sei, viele Spiele anschauen. "Ich freue mich auf viele schöne Begegnungen." Trotz allem hält auch er eine Weltmeisterschaft im Winter für nicht richtig: "Es fehlt halt das ganz besondere Flair, wenn ich nur an die Public-Viewing denke." Aber bei der Fifa sei halt das Geld entscheidend, und so habe sich Katar die WM geholt.

Zettl traut der deutschen Nationalmannschaft einiges zu. "Wir können auch Weltmeister werden, wir haben eine junge Mannschaft mit vielen Talenten. Es gibt aktuell keine überragende Übermannschaft", findet er.

"WM nur alle vier Jahre"

Stefan Schneider aus Mähring, der vor einigen Jahren auch beim SV Mitterteich gespielt hat und heute die G-Junioren des SC Mähring trainiert, wird ebenfalls oft vor dem Bildschirm sitzen. "Eine Weltmeisterschaft findet nur alle vier Jahre statt. Da wäre es doch nicht normal, wenn man sich als Fußballer nicht auf solch eine WM freuen würde." Ein Boykott komme deshalb für ihn überhaupt nicht infrage, auch wenn er die Vergabe nach Katar scharf kritisiert.

Schneider: "Die Vergabe fand doch schon vor einigen Jahren statt. Jahrelang hat man von den Kritikern nichts mehr gehört. Erst jetzt, zur WM, stellen sie alles infrage und rufen zum Boykott auf." Schneider ist sich sicher, dass die Stimmen leiser werden, wenn Deutschland erfolgreich spielt. "Dann schauen alle Fußball." Er traut den Deutschen mindestens das Halbfinale zu, auch weil Mario Götze mit im Kader ist. Stefan Schneider: "Ich finde, dass der Frankfurter ein Unterschiedspieler ist, der ein Spiel entscheiden kann." Überhaupt habe der Bundestrainer gut nominiert. Es seien erfahrene Spieler dabei, aber auch junge und vielversprechende Talente, wie Jamal Musiala vom FC Bayern München. Das sei eine gute Mischung.

Wenisch boykottiert WM

Boykottieren werden die WM auf jeden Fall Edgar Wenisch und seine Frau Manuela. Wenisch spielte früher beim TSV Konnersreuth, dort war er auch einige Jahre Vorsitzender. Er nimmt kein Blatt vor den Mund: "Für mich ist der Fifa-Präsident Infantino ein Verbrecher, dem gebe ich keine Bühne. Der benutzt die WM, nur um sich darzustellen. Dank Fifa-Präsident Infantino ist die Fußball-Weltmeisterschaft zu einem Kasperl-Theater verkommen. Selbst wenn Deutschland das Finale erreichen sollte, werde ich dies boykottieren", betont Wenisch.

 
 

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