Die Tirschenreuther Florian Gradl und Paul Brysch sind mit ihrer Hilfe für die Ukraine selbst aktiv geworden. Den beiden Musikerfreunden geht die Hilfe der offiziellen Stellen nicht schnell genug. Gradl (45) ist Head of Project bei der Firma Gebacon in Weiden, die Teile für Schienenfahrzeuge entwickelt und herstellt, Brysch (46) ist als Hausmeister beim BRK in Tirschenreuth beschäftigt. "Jeder redet zwar vom Helfen, aber man muss handeln", erklärt Paul Brysch.
Als ihnen klar geworden sei, dass die offiziellen Stellen noch einige Zeit brauchen würden, um hier etwas auf die Beine zu stellen, habe man die Sache selbst in die Hand genommen. Gradl und Brysch, die gemeinsam in der Band "Männer-WG" musizieren, organisieren mit Freunden und Familienmitgliedern einen Konvoi an die polnisch-ukrainische Grenze.
Vereine unterstützen Aktion
„Wir wollen direkt den Menschen vor Ort helfen und fahren daher dringend benötigte Dinge persönlich in das Krisengebiet“, informieren die Organisatoren. Ziel sei es, Hilfsgüter schnell und unbürokratisch in die Ukraine zu bringen. „Wir bitten die Menschen in der Stadt und im Landkreis Tirschenreuth um Sachspenden.“ Diese nehmen sie an einer zentralen Sammelstelle, die die beiden in einer Lagerhalle an der Kornbühlstraße 22 in Nähe der Arbeitsagentur eingerichtet haben, an. Besetzt ist die Sammelstelle von Freitag, 4. März, bis einschließlich Donnerstag, 10. März. Die Waren können dort am Freitag von 18 bis 21 Uhr, am Samstag und Sonntag jeweils von 10 bis 14 Uhr sowie von Montag bis Donnerstag von 18 bis 21 Uhr abgegeben werden.
Gebraucht werden unter anderem Hygieneartikel, Desinfektionsmittel, Decken, Schlafsäcke, Zelte, Feldbetten, Isomatten, haltbare Lebensmittel, Babynahrung, Windeln, Getränke in PET-Flaschen, Verbandsmaterial, Taschenlampen, Kerzen und Feuerzeuge. „Bitte keine Kleidung und Spielsachen abgeben, da diese in hohen Mengen vorhanden sind“, so die zwei Männer.
Zur Freude der beiden Hauptorganisatoren haben mittlerweile auch viele Vereine erklärt, dass sie die Aktion unterstützen wollen. "Viele wollen aktiv mithelfen, um den Transport erfolgreich zu realisieren", freuen sich die beiden Männer. Auch ein Konto haben sie eingerichtet. Unter der Nummer DE62 7539 0000 0770 11 werden Geldspenden angenommen. "Spendenquittungen können ausgestellt werden", betonen sie.
Paul Brysch schon in Polen
Paul Brysch ist bereits nach Polen gefahren, um die Weichen dafür zu stellen, dass der geplante Oberpfälzer Konvoi direkt in das Kriegsgebiet fahren kann. Dabei kommen ihm seine guten Kontakte zugute. Brysch ist gebürtiger Pole. Er lebt zwar schon seit rund 30 Jahren in Deutschland, hat in der Nähe von Katowice (Kattowitz) aber noch Verwandte in dem Land an der Grenze zur Ukraine. Diese Verbindungen kommen ihm nun zugute.
Mit seinem VW Passat Kombi hilft er bei seiner Mission auch, Flüchtlinge aus der Ukraine von der Grenze bei Przemyśl zu Verwandten oder Bekannten in das Landesinnere zu bringen. "Die Hilfsbereitschaft dort ist riesengroß. So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt", berichtet er von seinen Eindrücken.
Über riesengroße Unterstützung freut sich auch der Lions-Club Tirschenreuth, der einen Hilfskonvoi mit Medikamenten für Krankenhäuser im Kriegsgebiet vorbereitet. Die Fäden dafür laufen beim Governor für Ostbayern, Franz Göhl, zusammen. Nach dem öffentlichen Spendenaufruf stand am Donnerstag sein Telefon nicht mehr still. "20 bis 25 Anrufe pro Stunde dürften es am Donnerstagvormittag schon gewesen sein", erzählt Göhl. Darunter war auch ein Arzt, der seine Praxis aufgegeben hat und seine Medikamentenvorräte nun den Lions zur Verfügung stellt.
Auch zwei Pharma-Unternehmen unterstützen den Hilfskonvoi. Von einer Apotheke in Berlin aus wird ein ganzer Lkw mit Hilfsgütern nach Tirschenreuth rollen. "Zugute kommt uns natürlich, dass wir mit Dr. Dieter Gürster, dem Chef der Marien-Apotheke in Tirschenreuth, auch einen absoluten Fachmann in unseren Reihen haben", informiert Göhl. Er leite die gesamten Bestellungen bei den Pharmaunternehmen in die Wege, kontrolliere den Eingang und beschrifte die Waren.
Abfahrt auf Montag verschoben
Aufgrund der großen Resonanz haben die Lions mittlerweile den Start ihres Konvois von Samstag auf Montag verschoben. "Eher ist das wirklich nicht zu schaffen", sagt Göhl. Die Lions wollen, wie berichtet, Arzneimittel und Verbandsmaterial für Krankenhäuser vom Sammelpunkt beim Liebensteiner Kartonagenwerk in das vom Krieg gebeutelte Land bringen. Ein 40-Tonner soll die Hilfsgüter bis nach Pilsen fahren. Dort übernimmt dann ein befreundeter Lions-Club den weiteren Transport in Richtung Ukraine. Ziele sind das Krankenhaus in Charkov und das Uni-Klinikum in Užhorod, die sich um die weitere Verteilung kümmern. "Die Krankenhäuser dort sind gut vernetzt", weiß Göhl.
Derzeit mache es leider wenig Sinn, Spenden direkt an die Lions in der Slowakei zu richten, da alle Apotheken leer gekauft seien. Göhl: "Hilfe bringt nur die direkte Lieferung von Medikamenten und medizinischen Produkten." Der Lions-Club in Kosice habe mittlerweile von der slowakischen Regierung die Legitimierung erhalten, dass die Hilfsgüter nicht durch den Zoll müssen. "Damit gewinnen wir wertvolle Zeit für die Verteilung", informiert Göhl. Geldspenden nehmen die Lions weiter auf dem Volksbank-Konto DE62 7539 0000 0000 0770 11 entgegen. "Der Hilfsfluss soll auch nach dem Konvoi nicht abreißen", sagt Göhl.
Rund 50 Flüchtlinge schon da
Die landkreisweite Organisationsgruppe „Ukraine-Hilfe“ traf sich erstmals am Donnerstag im Landratsamt. Koordiniert wird diese im Amt von Regierungsdirektorin Regina Kestel und Judith Sollfrank vom Sozialamt. „Ich möchte mich ausdrücklich für diese unglaubliche Welle der Solidarität bedanken“, wird Landrat Roland Grillmeier in einer Mitteilung zitiert. Es seien alleine im Landratsamt bereits weit über 100 Hilfsangebote eingegangen. Davon beträfen rund 80 Unterkunftsmöglichkeiten; auch Dolmetscher, Sachspenden und sonstige Hilfsangebote seien darunter.
„Wir prüfen diese Angebote nun sehr zügig und werden in Abstimmung mit der Regierung versuchen, entsprechende Anmietungen vorzunehmen“, so Grillmeier. Laut aktuellsten Zahlen seien bereits rund 50 Vertriebene im Landkreis angekommen, von denen aber fast alle bei Familie oder Freunden untergekommen seien.
Derzeit stehen im Landkreis unter anderem noch freie angemietete Wohnungen aus Asylzeiten zur Verfügung. Ein wichtiges Thema werde aber sein, langfristige Angebote für die Flüchtlinge zu finden. Als weitere Idee wurde bei der Besprechung die Abfrage bei Hotels für Akutmaßnahmen thematisiert, dies soll ebenfalls zeitnah geschehen. Auch die Einrichtung einer Notunterkunft im grenznahen Bereich werde vorbereitet.
An der Besprechung nahmen neben den Fachstellen des Landratsamtes auch Vertreter der Bundeswehr, des BRK, der Polizei und der Bundespolizei sowie das Sozialteam, die AWO und die Caritas teil. Hilfsangebote aus der Bevölkerung können an die eigens dafür eingerichtete E-Mail-Adresse ukraine-hilfe[at]tirschenreuth[dot]de gerichtet werden.
Benötigte Güter der Brysch-Gradl-Hilfsaktion
- Decken, Schlafsäcke, Feldbetten, Zelte und Iso-Matten
- Haltbare Lebensmittel und Trockennahrung (Konserven, Reis, Nudeln etc.)
- Getränke in PET-Flaschen (Wasser, Säfte und so weiter)
- Windeln, Feuchttücher, Babynahrung, Babymilchpulver, Obstgläser, Schnuller
- Kinderzahnbürsten, Zahnpasta, Seifen, Duschgel, Shampoos, Deos, Cremes, Haarbürsten
- Damenbinden und Tampons
- Schmerzmittel und Durchfallmedikamente
- Desinfektionsmittel für Wunden, Hände und Flächen sowie Einmalhandschuhe
- Verbandsmaterial (Kompressen, Pflaster, Bandagen, Mullbinden und Wattepads)
- FFP2-Masken und Mund-Nasen-Schutz
- Papiertaschentücher, Toilettenpapier und Küchenrollen
- Taschenlampen, Batterien, Kerzen, Feuerzeuge, Müllsäcke, Klebebänder, Kabelbinder
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