Trabitz
23.09.2018 - 14:39 Uhr

Kaum Interesse an Bürgerrunde

Eine Bürgerrunde hätte es werden sollen, doch nur wenige Bürger suchten in Trabitz den Kontakt mit den CSU-Kandidaten aus dem Stimmkreis Tirschenreuth/Eschenbach. Die Erinnerung an das Faurecia-Debakel ließ manche Emotion aufwallen.

Als "Wir vier von hier" touren die CSU-Landtags- und Bezirkstagskandidaten durch den Stimmkreis Tirschenreuth/Eschenbach. In Trabitz waren Tobias Reiß, Tanja Renner und Matthias Grundler allerdings nur zu dritt: Bezirkstags-Direktkandidat Toni Dutz war terminlich verhindert. Bild: bjp
Als "Wir vier von hier" touren die CSU-Landtags- und Bezirkstagskandidaten durch den Stimmkreis Tirschenreuth/Eschenbach. In Trabitz waren Tobias Reiß, Tanja Renner und Matthias Grundler allerdings nur zu dritt: Bezirkstags-Direktkandidat Toni Dutz war terminlich verhindert.

Was ist eine Bürgerrunde fast ohne Bürger? "Die Politiker gehen nicht an die Basis - diese Klage hört man ständig. Aber wenn man den Bürgern Gelegenheit zur direkten Begegnung mit Politikern gibt, kommt kaum jemand": Aus ihrer Enttäuschung machten die Aktiven des Trabitzer CSU-Ortsverbands keinen Hehl. Gerade einmal 20 Besucher waren zum Diskussionsabend mit Landtags-Stimmkreisabgeordnetem Tobias Reiß, Landtags-Listenkandidatin Tanja Renner und Bezirkstags-Listenkandidat Matthias Grundler in die "Alte Säge" gekommen - darunter nur wenige ohne "schwarzes Parteibuch".

Andererseits: Im kleinen Kreis redet es sich leichter und offener, und auch CSU-"Veteranen" hielten sich während der gut zweieinhalbstündigen Gesprächsrunde mit kritischen Anmerkungen nicht zurück. Vor allem Arbeitsmarktlage und Beschäftigungspolitik bewegten die Gemüter, ein Besucher sprach die Schattenseiten von Leiharbeit und befristeten Arbeitsverhältnissen an.

Ein anderer schilderte eindringlich seine Lage als 57-Jähriger, der nach der Schließung des Faurecia-Werks allenfalls noch Stellenangebote erhalte, deren Konditionen mehr als zwielichtig seien: "Da wird gerade einmal Mindestlohn geboten, und zu allem Überfluss heißt es noch: der Samstag ist umsonst." Das "Gerede von Vollbeschäftigung" sei "Lug und Trug", lautete sein bitteres Fazit. Tobias Reiß entgegnete, dass ihm die Problematik der befristeten Beschäftigungsverhältnisse, Werkverträge und Leiharbeit bewusst sei: Immerhin habe er zehn Jahre als Justitiar bei einer regionalen Firma gearbeitet. Erfreulicherweise habe sich manches zum Besseren verändert, und überdies könne ein befristetes Arbeitsverhältnis auch eine Etappe zum beruflichen Wiedereinstieg sein. Unternehmen wie das von dem Besucher beschriebene verstießen freilich klar gegen die von der Politik gesetzten rechtlichen "Spielregeln", bekräftigte der Abgeordnete. Die Politik schaffe "zwar keine Arbeitsplätze, sondern nur Rahmenbedingungen", die den Arbeitnehmer- wie den Unternehmensinteressen so gut als möglich entgegenkommen sollten: "Wir brauchen eine florierende Wirtschaft, Arbeitsplätze, gute Löhne und Wettbewerbsfähigkeit in der Welt."

Leider zeige sich immer wieder, wie begrenzt der Einfluss der Politik auf die Wirtschaft sei, merkte Reiß an. Beispielhaft blickte er auf den Kampf um das Trabitzer Faurecia-Werk zurück. Trotz etlicher Gespräche und "goldener Brücken" in Gestalt verbindlicher Förderzusagen für eine Werksmodernisierung sei der Konzern nicht zu einem Sinneswandel zu bewegen gewesen: "Die eigentlichen Entscheidungsträger waren weit weg und hatten an unserer Region kein Interesse."

Die Erinnerung an die Faurecia-Abwicklung ließ bei einigen Besuchern Emotionen hochkochen: "Die haben uns zugesperrt, obwohl wir schwarze Zahlen geschrieben haben und der Krankenstand äußerst niedrig war", beklagte ein Teilnehmer: "Wenn ein milliardenschwerer Konzern seine treuen und leistungswilligen Mitarbeitern wegschmeißt wie faule Äpfel, dann kann man nur sagen: Pfui Teufel."

Doch waren sich Politiker und Publikum einig, dass es gerade in der Oberpfalz viele vorbildhafte Unternehmen gebe, die diese Region und ihre Mitarbeiter wertzuschätzen wüssten. Zum Stichwort "Vollbeschäftigung" wiesen Tobias Reiß und der Trabitzer Gemeinderat Konrad Bauer noch darauf hin, dass es sich hierbei um einen statistischen Begriff handele, der einen kleinen, faktisch "unvermeidbaren" Arbeitslosenanteil bis etwa drei Prozent toleriere.

Im Blickpunkt:

Am guten Willen der Kandidaten hätte es nicht gefehlt: "Wir freuen uns über solche Gelegenheiten, mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen", betonte CSU-Landtags-Listenkandidatin Tanja Renner beim schwach besuchten Bürgergespräch in Trabitz. Als Realschullehrerin und Mutter liege ihr insbesondere die Bildungspolitik am Herzen. Zu einem soliden Bildungssystem gehöre auch ein leistungsfähiges digitales Datennetz. "Wadlbeißerisch" wolle sie für ihre Heimatregion wirken, versprach die Schlammersdorfer Vizebürgermeisterin.

Als Tirschenreuther Kreisvorsitzender der Jungen Union will CSU-Bezirkstags-Listenkandidat Matthias Grundler in besonderer Weise "die jungen Leute ernst nehmen und ansprechen". Nachdrücklich unterstrich der Politikwissenschaftler aus Falkenberg die oft unterschätzte Bedeutung der Selbstverwaltungs-Institution Bezirk, die vielfältige kulturelle, soziale und medizinische Aufgaben wahrnehme. Bekannt seien vor allem das Bezirksklinikum und das Freilandmuseum Neusath-Perschen. Als Stimmkreis-Erststimmenkandidat der CSU für den Bezirkstag stellt sich Toni Dutz erneut zur Wahl. Wegen einer Terminüberschneidung hatte der Wiesauer Bürgermeister seine Teilnahme am Trabitzer Bürgergespräch absagen müssen. (bjp)

 
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