Wenn Sterbebilder ihre Geschichte erzählen

Ursensollen
01.12.2019 - 18:58 Uhr

Die Erinnerungen sollen wachgehalten werden. An das Schicksal von Gefallenen und Vermissten der Gemeinde Ursensollen erinnert eine Sterbebilder-Ausstellung.

Gut besucht war die Sterbebilderausstellung im Atrium der Mittelschule in Ursensollen. Fast jeder der Anwesenden hatte Menschen gekannt oder hat auch heute noch einen Bezug zu den Opfern. Man hörte dies immer wieder aus Erzählungen beim Betrachten der Bilder und Exponate.

"Das Bewusstsein für die Heimat gibt Halt in unserer bewegten Welt", sagte Ortsheimatpfleger Josef Schmaußer. Den Gefallenen und Vermissten aus Ursensollen haben er und weitere Heimatfreunde eine Ausstellung von Sterbebildern und Dokumenten aus dem Zweiten Weltkrieg gewidmet.

Der heimatkundliche Stammtisch der Gemeinde Ursensollen versucht mit seinen Treffen seit nunmehr 13 Jahren die Pflege der Heimatgeschichte nicht nur fortzuschreiben, sondern auch die Vergangenheit wachzuhalten. "Wir haben uns dies zur Hauptausgabe gemacht, um nachfolgenden Generationen dieses Stück Geschichte weiterzugeben." Die Kriegszeit sei wohl das traurigste Kapitel der Geschichtsschreibung in all den Gemeinden, sagte Josef Schmaußer im Atrium der Ursensollener Mittelschule. "Das Treffen ist ein Erinnern an eine Zeit, die mit sehr viel Leid und Trauer quer durch unsere Familien verbunden ist." Durch das Erinnern an Gefallene und Vermisste des Zweiten Weltkrieges könne man nur erahnen, "welches Leid dieser sinnlose Krieg über unsere Familien gebracht hat". Schmaußer sprach von einer Bilanz des Schreckens, die man sich immer vor Augen halten müsse, auch wenn es nur noch wenige Zeitzeugen gebe. Die Sterbebilder-Ausstellung wurde mit Postkarten und Erinnerungstücken aus Privatsammlungen ergänzt.

Ortsheimatpfleger Josef Schmaußer (Mitte) hat mit vielen Heimatfreunden eine umfangreiche Ausstellung an Sterberbildern und Dokumenten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs zusammengetragen. Dafür bedankten sich der stellvertretende Landrat Johann Kummert (links) und Bürgermeister Franz Mädler (rechts).

Mahnen und erinnern

Die Pfarrei Hausen musste während des Zweiten Weltkrieges 79 Gefallene und Vermisste betrauern, informierte Josef Schmaußer. 51 Gefallene und Vermisste verzeichnete die Pfarrei Hohenkemnath einschließlich der Filiale Erlheim. 52 Kriegsopfer waren in der Pfarrei Ursensollen zu beklagen. "Unsere Generation hat die Aufgabe, zu mahnen und zu erinnern, dass Freiheit und Frieden nicht selbstverständlich sind, sondern immer wieder erarbeitet werden müssen", betonte der Ortsheimatpfleger. Wenn diese Ausstellung bei jungen Menschen einige kleine Mosaiksteine sammeln könne, dass sie im täglichen Leben mutig gegen das Vergessen eintreten, "haben wir unsere Aufgaben erfüllt".

Für den Landkreis bedankte sich der stellvertretende Landrat Johann Kummert für die doch recht umfangreichen Vorarbeiten, die immer einer derartigen Ausstellung vorangehen. "Jedes hier gezeigte Bild hat seine eigene Geschichte. Hinter jedem Bild verbirgt sich eine Tragödie und jedes Bild hat Trauer und Elend über die Familien gebracht", sagte er und forderte: "Wir müssen immer wieder dafür eintreten, dass sich dies nie mehr wiederholen wird." Diese Ausstellung soll seien Worten nach Alt und Jung mahnen, nicht zu vergessen, sondern mit Mut zur Demokratie zu stehen.

Kriegsopfer sind nicht vergessen

Seitens der Gemeinde Ursensollen dankte Bürgermeister Franz Mädler "seinem" Ortsheimatpfleger Josef Schmaußer für dessen Heimat-Engagement. "Der Arbeit seines von ihm ins Leben gerufenen Heimatkundlichen Kreises ist es zu verdanken, dass die Menschen erfahren, welches Leid damals auf unsere Heimatgemeinden niedergegangen ist." Es müsse eine immerwährende Mahnung zum Frieden sein, die erinnere und dafür sorge, dass die Gefallenen und Vermissten samt deren Familien auch in nachgelagerten Generationen nicht vergessen würden.

Wie Josef Schmaußer noch erzählte, habe sich der Tod eines Familienmitglieds vielfach angekündigt. So habe jemand erzählt, man habe den "Engel des Herren" gebetet, als plötzlich die Uhr stehengeblieben sei. "Unser Ulrich ist gefallen", habe die Mutter hervorgestoßen. Nach zwei Wochen überbrachte der Bürgermeister die traurige Botschaft vom Tod des Sohnes.

Das kleine, beschauliche Dörfchen Garsdorf erinnert auch heute noch mit einer Gedenktafel an junge Männer, die auf den Schlachtfeldern ihr Leben gelassen haben.
Viele Schicksale:

Ursensollens Ortsheimatpfleger Josef Schmaußer kennt die Geschichte der Familie Kotzbauer aus Thonhausen. Gleich vier Brüder waren im Zweiten Weltkrieg auf den Schlachtfeldern geblieben. „Josef Kotzbauer fiel am 21. Juni 1943 in Russland, sein Bruder Johann fand am gleichen Tag den Tod. Georg Kotzbauer ist seit dem 23. August 1944 vermisst, sein Bruder Michael seit dem 20. Dezember 1944“, erzählte Josef Schmaußer.

Ein ähnliches Schicksal erlitt Familie Lindner in Hohenkemnath. Ludwig Lindner fiel am 28. Oktober 1943 in Russland. Die Brüder Johann und Michael sind als vermisst gemeldet. Nur Anton, der spätere Bürgermeister der Gemeinde Ursensollen, ein hochdekorierter Jagdflieger, war aus dem Krieg zurückgekehrt, berichtete Schmaußer.

Tragische Folgen hatte ein Tieffliegerangriff auf den Personenzug nach Kastl am Dienstag, 20. Februar 1945: Dabei kamen der 13-jährige Albert Augsberger aus Ursensollen und Anna Hack ums Leben. (bö)

Tragische Folgen hatte ein Tieffliegerangriff am Dienstag, 20. Februar 1945, bei dem der 13-jährige Albert Augsberger aus Ursensollen bei einem Tieffliegerangriff auf den Personenzug nach Kastl zusammen mit Anna Hack ums Leben gekommen ist.
 
 

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