Massiver Borkenkäfer-Angriff befürchet

Vohenstrauß
29.04.2020 - 14:11 Uhr

Die Waldbesitzer beten um ergiebigen Regen, um im Kampf gegen den Borkenkäfer eine kleine Chance zu haben. Drei Experten in Sachen Waldbau erwarten eine sehr kritische Situation.

WBV-Förster Andreas Eisner, WBV-Geschäftsführer Josef Maier und Forstrevierleiter Stefan Stangl (von links) begutachten Käferholz in einem Privatwald bei Burkhardsrieth. Die markierten Bäume müssen zügig aus dem Wald entfernt werden.

Josef Maier, Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung Eslarn-Vohenstrauß (WBV), blickt nicht gerade optimistisch in die Zukunft: „In den vergangenen Jahren sind wir immer noch mit einem blauen Auge davongekommen. Ob das heuer wieder so wird, kann man noch nicht sagen.“ Der Vohenstraußer spricht für 1190 Mitglieder, die über eine Waldfläche über rund 7500 Hektar verfügen.

Die Lage sei angesichts der anhaltenden Trockenheit in den vergangenen Wochen äußerst heikel: „Der Borkenkäfer ist heuer früh unterwegs, das Klima ist knochentrocken.“ Ein paar Tage Regen würden da auch nicht die erhoffte Erleichterung bringen. Die Fichten brauchen ausreichend Wasser, um den Käfer „ausschwemmen“ zu können.

Die Waldbesitzer sollten sehr wachsam sein und wöchentlich auf Borkenkäfer-Streife gehen. Sie würden wissen, wo die „Käfer-Hotspots“ sind: an Waldrändern, wo die Sonne gut hinkommt, und in Gebieten mit trockenen Böden. Forstrevierleiter und Privatwaldberater Stefan Stangl erklärt, warum eine gründliche Aufarbeitung des Käferbefalls in der ersten Schwärmwelle am wirkungsvollsten ist. Nur dann habe man eine Chance, die Käferpopulation abzuschöpfen und so die Ausbreitung des Befalls erfolgreich zu verhindern. Ist die Larve zum Käfer ausgewachsen, verlassen die Insekten den Baum, der nicht mehr zu retten ist, fliegen über 200 Meter weiter, um am neuen Standort erneut Schaden anzurichten.

Erst seit kurzem betreut Stangl bei Vohenstrauß eine von zwei Borkenkäfer-Monitorin-Fallen, die im Osten und Westen des Landkreises Neustadt/WN Aufschluss über den Käfer-Flug und das Schwärmverhalten geben sollen. „Für eine erste Zwischenbilanz ist es aber noch zu früh, weil der Käferdruck erst jetzt richtig beginnt“, weiß der Revierleiter.

„Ist der Käfer entdeckt, dann muss man raus und die befallenen Bäume schnell abholzen“, erklärt Maier. Wichtig sei, das Holz in ausreichender Entfernung (500 Meter) von einem Nadelwald zu lagern. „Allein das ist aber zur Zeit schwierig genug“, betont der Geschäftsführer. „Die Sägewerke haben Schwierigkeiten mit dem Absatz, der Preis ist jenseits von Gut und Böse.“ Wohin also mit dem Käferholz? Den Gedanken an die „chemische Keule“ verdrängt der Waldbesitzer, „den Einsatz von Pflanzenschutzmittel bei dem Käferholz wollen wir natürlich verhindern.“

Die Winter seien nicht hart genug. Kälte allein würde den Borkenkäfer nicht beeindrucken. „Was wir brauchen, ist eine feuchte, kühle Witterung“, so Maier. Dann hätte der Baum genug Widerstandskraft, um das gefährliche Insekt durch ausgestoßenes Harz auszuschwemmen. „Wir müssen versuchen, die Kette zu durchbrechen. Ist am Baum braunes Bohrmehl zu sehen, ist der Baum erledigt. Je früher man den Käfer erwischt, umso besser. Aber das zu erkennen, ist eine Kunst.“

Nach Aussage des Revierleiters habe sich das Käferholz in den vergangenen zwei Jahren jeweils verdoppelt. Die reine Statistik zeige, wie sich stark sich der Klimawandel bereits bemerkbar mache. Trotzdem sei man in unseren Gefilden in den vergangenen Jahren noch gut davongekommen. Stangl vermutet jedoch, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis in den Oberpfälzer Wäldern Verhältnisse herrschen wie im Frankenwald oder im Bayerischen Wald. Eine ähnlich drastische Entwicklung wie im Nachbarland Tschechien wäre fatal, meint Maier: „In Tschechien schaut es ganz schlecht aus. Ich glaube, hinter Prag siehst du kaum noch eine Fichte stehen.“

Der Plan der Waldexperten steht angesichts des massiven Klimawandels und der aktuellen Gegebenheiten auf dem Holzmarkt auf wackeligen Beinen. Mit einem gezielten Waldumbau, bei dem der Fichtenanteil von bislang 80 Prozent auf nur mehr 30 Prozent reduziert und deutlich mehr widerstandsfähige Laubbaumarten gepflanzt würden, könnte man dem Borkenkäfer das Leben schwer machen. Maier ist aber skeptisch: „Sicher, es gibt super staatliche Förderungen für Laubholz und Tanne. Wie soll ich aber meinen Wald umbauen, wenn ich derzeit kein Holz verkaufen kann? Es dreht sich nun mal alles um Abnahme und Preis.“

Forstdirektor Gerhard Hösl, Stellvertreter und Bereichsleiter Forsten beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), sieht im Waldbaulichen Förderprogramm 2020 sehr wohl einen "enormen Anreiz" für die Waldbesitzer, den Waldumbau ihn Richtung Mischbestände jetzt umzusetzen - zumindest auf den Schadflächen. "Die Fichte bekommt bei hohen Temperaturen zunehmend Probleme", ist sich Hösl sicher.

Der Forstexperte lobt jedoch den Einsatz der Waldbesitzer im Kampf gegen den Borkenkäfer: "Wir konnten bisher immer noch die große Katastrophe verhindern. Das ist auch das Verdienst der Waldbesitzer, die ihrer Pflicht in der Regel schnell nachkommen und das Käferholz aufarbeiten." Dies sei enorm wichtig, weil es abzusehen ist, dass es der Käfer heuer das zweite Mal in Folge schaffen werde, im September sogar eine dritte Generation zu bilden. "Wir sehen bei dem Käfer eine verkürzte Entwicklungszeit. Die Zahlen explodieren." Sollten einzelne Waldbesitzer mit der Aufarbeitung des Schadholzes überfordert sein, können sie sich an die WBV oder das AELF wenden, ergänzt Stangl.

Der Borkenkäfer hat besonders die Fichte im Visier.
Braunes Bohrmehl deutet auf einen Befall durch den Borkenkäfer hin. Der Baum ist nicht mehr zu retten und muss zügigschnell raus aus dem Wald.
Die drei Forstexperten nehmen die befallene Fichte unter die Lupe.
Forstrevierleiter Stefan Stangl (rechts) befürchtet in den nächsten Wochen einen enormen Borkenkäferbefall in unseren Nadelwäldern.
Der Borkenkäfer fühlt sich pudelwohl bei anhaltender Trockenheit und warmen Temperaturen.
Borkenkäfer befallen vor allem schadhaftes Holz. Die Bäume ringsherum sind aber dann somit auch in größter Gefahr.
 

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