Versunkener Audi: Polizei rekonstruiert Auto und liefert neue Erkenntnisse

Vohenstrauß
30.09.2022 - 11:42 Uhr

Im Pfreimdstausee bei Kainzmühle (Tännesberg) ist im Juli ein verrosteter Audi entdeckt worden. Ein Verbrechen ist nicht auszuschließen. Nun hat die Polizei das seltene Auto digital rekonstruiert. Die Beamten haben auch neue Erkenntnisse.

Seit der ersten Pressemitteilung über den im Pfreimdstausee versenkten Audi Mitte September sind bei der Vohenstraußer Polizei bundesweit mehr als 30 Mitteilungen und Hinweise zu dem Fall eingegangen. Alle werden bewertet, hinterfragt und überprüft – "so skurril diese im ersten Moment auch erscheinen mögen", betont die Polizei in einer weiteren Pressemeldung an diesem Freitag.

Ein abschließendes Ergebnis können die Beamten aber auch nach zwei Wochen Ermittlungen und Recherchen noch nicht präsentieren. Jedoch, so die Polizei, ergaben sich einige Hinweise für neue Ansätze für die weiteren Ermittlungen.

Der aktuelle Sachstand

  • Bei dem aufgefundenen Audi 100 Coupé S handelt es sich um ein Fahrzeug des Baujahres 1973.
  • Im Oktober 1973 durch die Audi NSU Auto Union AG an das Autohaus Ost GmbH, Straubinger Straße 34, 8423 Abensberg, ausgeliefert.
  • Wie mehrere Hinweisgeber angegeben haben, handelt es sich um ein „Face-Lift-Modell“, welches ausschließlich im Zeitraum von September 1973 bis August 1974 gebaut wurde.
  • Das Gewerbe des Autohauses Ost GmbH wurde zum 31. August 1977 abgemeldet.
  • Der Geschäftsnachfolger, das Autohaus Baumer KG, Abensberg, wurde über etwaige Unterlagen aus der Betriebszeit des Autohauses Ost GmbH befragt. Es sind aber keine Unterlagen mehr vorhanden.
  • Das Auto hat ein Schaltgetriebe (4 Gänge und Rückwärtsgang) sowie eine schwarze Innenausstattung. Weitere Besonderheiten im Inneren waren werkseitig nicht geordert und deshalb auch nicht verbaut.
  • Die damalige Farbbezeichung lautete „coronagelb“, hier handelt es sich um eine Sonderfarbe, die nur gegen Aufpreis erhältlich war.
  • An den Heckkotflügeln waren Schmutzfänger angebracht.
  • Schwarze Rallyestreifen waren durchgehend an beiden Fahrzeugseiten aufgeklebt.
  • Bei der auf dem linken Kotflügel angebrachten Antenne handelt es sich um keine Serienausstattung, sondern um ein Original-Zubehör von Audi, welches nachträglich angebaut wurde – deshalb ist es auf der Rekonstruktion nicht darstellbar.
  • Der im Kofferraum aufgefundene Ersatzreifen passt nicht zum aufgefundenen Fahrzeug, was wegen der verwendeten Reifengröße ermittelt werden konnte.
  • Die Baureihe war besonders im Bereich der Motorhaube und der Türen anfällig gegen Rost. Diese Teile wurden jedoch laut Auskunft eines Hinweisgebers nicht ausgewechselt und befinden sich noch im Originalzustand.

Die neuen Fragen

In den vergangenen zwei Wochen ergaben sich für die Ermittler auch neue Fragen:

  • Wer hat im Zeitraum von 1973 bis 1983 im Autohaus Ost GmbH in Abensberg gearbeitet?
  • Wer kann Angaben zu damaligen Verkauf-/Kauf-/Reparatur-/Kundendienst-Vorgängen des Audi Coupé S geben?
  • Wurde der Audi weiterverkauft? Wenn ja, an wen?
  • Wer hat im Zeitraum von 1973 bis 1983 in einem Audi-NSU-Autohaus im Landkreis Schwandorf gearbeitet?
  • Wer kann sich als Mitarbeiter in dieser Zeit an dieses Fahrzeug mit den markanten schwarzen Rallyestreifen erinnern?
  • Wurde dieses Fahrzeug in einem dieser Autohäuser repariert, wurden daran Kundendienste oder Hauptuntersuchungen ausgeführt?

Weil angenommen werden kann, dass in den 1970er Jahren viele Oberpfälzer ihre Heimat in Richtung Ballungsräume verlassen haben, ist auch das Wissen über damalige Fahrzeugbesitzer von Audi 100 Coupé S mit „weggezogen“, vermutet die Polizei. "Bei diesem Personenkreis sehen wir großes Potenzial an möglichen Hinweisen zum damaligen Fahrerkreis eines coronagelben Audi 100 Coupé S."

Im Juli dieses Jahres war im Zuge der Sanierung am Staubauwerk des Preimdstausees durch eine Sonaruntersuchung der versenkte Audi entdeckt worden. Das Auto war völlig verrostet, das hintere Kennzeichen SAD-AD 843 war aber noch angebracht. Die HU-Plakette zeigte das Ablaufdatum Januar 1980. Möglicherweise lag der Wagen bereits seit dieser Zeit im See, vermutete die Polizei in ihrer ersten Pressemeldung. DNA, Fingerabdrücke: "Da geht nichts mehr", heißt es aus der Polizeiinspektion Vohenstrauß, wo das Auto mittlerweile abgestellt ist.

Wem das Auto gehörte und warum es im See versenkt wurde, ist derzeit noch unklar. Die Zulassungsstelle Schwandorf hat keine Unterlagen mehr. Es besteht nach einer gewissen Aufbewahrungsfrist die Pflicht zur Vernichtung. Auch beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg gibt es keine Informationen.

Eine banale Schrottentsorgung schließt die Polizei aus. Zu neu, zu teuer war das Auto. Ansonsten schließt die Polizei ausdrücklich nichts aus. Diebstahl? Falsches Nummerntaferl? Sollten Spuren verwischt werden? Alles sei möglich – bis zum Kapitalverbrechen, meinen die Beamten.

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