Vohenstrauß
23.08.2019 - 11:54 Uhr

Werkhof möbelt Wohnungen und Lebensläufe auf

Das Beschäftigungsprojekt Werkhof Vohenstrauß entstand nach der Grenzöffnung, als viele Menschen durch den Strukturwandel in der Region am ehemaligen Eisernen Vorhang ihre Arbeit verloren. Nach 25 Jahren steht eine Feier an.

Im Sozialkaufhaus Vohenstrauß wird Teamarbeit groß geschrieben (von links): Anke Halverscheid, Markus Friedrich vom Diakonischen Werk Weiden, Anleiter Thomas Zahn und Blanka Weber. Bild: ck
Im Sozialkaufhaus Vohenstrauß wird Teamarbeit groß geschrieben (von links): Anke Halverscheid, Markus Friedrich vom Diakonischen Werk Weiden, Anleiter Thomas Zahn und Blanka Weber.

Das Gebiet rund um die ehemalige Kreisstadt Vohenstrauß war gebeutelt von der Schließung verschiedener Betriebe, zu denen auch die Hosenfabrik Hölzl zählte. Die Situation rief beherzte Frauen und Männer auf den Plan. Markus Friedrich, Leiter des Arbeitsförderungszentrum des Diakonischen Werks Weiden, denkt im Rückblick vor allem an den evangelischen Pfarrer Hermann Bock und den damaligen Bürgermeister Josef Zilbauer.

Alle politischen Parteien, die Kirchen und Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und auch das Arbeitsamt beteiligten sich an den wöchentlichen Gesprächsrunden. Der Evangelische Hilfsverein kam auf die Idee, in dem Second-Hand-Projekt Werkhof zumindest einigen Personen mit dem "Aufmöbeln" gebrauchter Einrichtungsgegenstände eine sinnstiftende Beschäftigung zu ermöglichen. Der positive Nebeneffekt: Jeder, der nicht viel Geld für seine Wohnung ausgeben konnte oder wollte, wurde in dem Warenlager fündig. Den Anfang machte der Werkhof im Dezember 1994 mit vier sogenannten "schwer vermittelbaren Arbeitslosen". Das Diakonische Werk Weiden mit seinem damaligen Geschäftsführer Josef Gebhardt erklärte sich bereit, mit einzusteigen. Das Projekt steht bis heute finanziell auf drei Säulen: Neben der Unterstützung durch die Agentur für Arbeit und die evangelische Kirche (mit dem Förderprogramm "1 + 1") sind die selbst erwirtschafteten Verkaufserlöse die wichtigsten Einnahmeposten.

Nachdem das erste "Werkhof"-Lager in einer Schreinerei beim Bahnhof schnell zu klein wurde, zog das Projekt in die Räumlichkeiten des ehemaligen Bahnhofs um. Die Idee hatte sich mittlerweile so bewährt, dass im März 1997 auch in Weiden ein "Werkhof" ins Leben gerufen wurde. 2008 notierten die Verantwortlichen mit dem Umzug an die Bahnhofstraße 4 (Eingang Fluderweg) den nächsten Meilenstein in die Chronik. Seit 2014 heißt der Werkhof nun Sozialkaufhaus.

Aktuell arbeiten dort acht Personen in unterschiedlichen Arbeitsmodellen. Anleiter Thomas Zahn ist einer von insgesamt zwei Festangestellten. Der gelernte Schreiner führt das Werkhof-Personal seit drei Jahren. Er weist auf einen weiteren wichtigen Aspekt hin: "Durch die Wiederverwendung von Gebrauchsgegenständen leistet der Werkhof einen Beitrag zum Umweltschutz und entlastet auch die öffentlichen und privaten Haushalte." Die Beschäftungsmaßnahmen sollen vor allem arbeitslosen Erwachsenen oder ungelernten Kräften, Spätausssiedlern, Migranten, langzeitarbeitslosen und schwerbehinderten Arbeitnehmern eine Chance auf den (Wieder-)Einstieg geben. Sozialpädagogin Ludmilla Schlehuber hilft den Beschäftigten bei der Entwicklung einer realistischen beruflichen Zukunftsperspektive und unterstützt bei der Stellensuche.

Anke Halverscheid und Blanka Weber sind ungemein dankbar, im Werkhof eine Beschäftigung gefunden zu haben. "Ich war zehn Jahre lang arbeitslos. Ich war ganz, ganz unten. Im Werkhof habe ich eine Chance bekommen, neu anzufangen", erzählt Halverscheid, die seit eineinhalb Jahren in dem Betrieb verschiedene Aufgaben übernimmt. Erst seit zwei Monaten ist Blanka Weber im Team. Sie war ursprünglich Werkhof-Kundin und hat nach einem "netten Gespräch" mit den Verantwortlichen die Möglichkeit genutzt, dort Arbeit zu finden.

Seit das Projekt 2013 in eine Integrations- und 2016 in eine Inklusionsfirma umgewandelt wurde, können auch kleinere Dienstleistungen angeboten werden. Diese werden nach pauschalen Kostenvoranschlägen oder auf Regie abgerechnet. Angeboten werden zum Beispiel einfache Hausmeisterarbeiten, Wohnungsräumungen, Umzugs- und Transporthilfen, Vor- und Nachbereitung bei der Sperrmüllabfuhr, leichte Gartenarbeiten und Grabpflege oder Begleitdienste zu Arzt oder Bank.

Altbürgermeister Josef Zilbauer ist nach wie vor ein Anhänger der damaligen Idee: "Das war und ist bis heute eine segensreiche Einrichtung. Es ist schön, dass sich das Projekt solange und so gut gehalten hat."

Markus Friedrich, Leiter des Arbeitsförderungszentrums des Diakonischen Werks Weiden, ist auch nach 25 Jahren in Sachen Werkhof ein engagierter Ansprechpartner. Bild: ck
Markus Friedrich, Leiter des Arbeitsförderungszentrums des Diakonischen Werks Weiden, ist auch nach 25 Jahren in Sachen Werkhof ein engagierter Ansprechpartner.
Warensortiment :

Zum Sortiment des Werkhofs zählen: Möbel, Kleidung und Textilien, Spielzeug, Bücher und Haushaltswaren, Glas- und Porzellanwaren, Flohmarktartikel, Betten und Nachtkonsolen, Küchenzeilen und -möbel. Vor allem gebraucht werden Elektrogroßgeräte wie Waschmaschinen, Kühlschränke oder Fernseher. Selbstverständlich sollten die Geräte funktionstauglich sein.

Jubiläumsfeier im Oktober:

25 Jahre Werkhof im Dekanatsbezirk Weiden sollen mit einem kleinen Fest am 11. Oktober gefeiert werden. Bei einem Tag der offenen Tür soll das Jubiläum zusammen mit den Bürgern begangen werden. Dekan Wenrich Slenczka, Landrat Andreas Meier und Bürgermeister Andreas Wutzlhofer haben ihr Kommen bereits zugesagt. Weggefährten von damals, sowie Freunde, Gönner und Kooperationspartner sind ebenfalls eingeladen.

Bis dahin läuft der Betrieb im Sozialkaufhaus der Diakonie normal weiter. Dies gilt auch für die bereits bekannte Kartonaktion, bei der sich Kunden für eine Pauschale von fünf Euro aus den nicht einzeln ausgezeichneten Bekleidungsstücken frei bedienen können. Außerdem gilt noch bis zum Monatsende eine Rabattaktion von 20 Prozent auf alle einzeln mit einem roten Preiszettel ausgezeichneten Möbelstücke. Einkaufen darf im Werkhof-Sozialkaufhaus am Fluderweg übrigens jeder, der für gut erhaltene Gebrauchtwaren nicht viel Geld ausgeben kann oder will.

Die Öffnungszeiten im Sozialkaufhaus sind: Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr und am Samstag von 9 bis 12 Uhr. Unter der Telefonnummer 09651/924 724 sind Auskünfte zum Angebot des Werkhofes erhältlich oder es kann auch ein Termin für eine Möbelbesichtigung vereinbart werden.

Ich war zehn Jahre lang arbeitslos. Ich war ganz, ganz unten. Im Werkhof habe ich eine Chance bekommen, neu anzufangen.

Anke Halverscheid

Anke Halverscheid

Blanka Weber arbeitet seit zwei Monaten im Sozialkaufhaus und ist dort hauptsächlich für die Bekleidung zuständig. Bild: ck
Blanka Weber arbeitet seit zwei Monaten im Sozialkaufhaus und ist dort hauptsächlich für die Bekleidung zuständig.
Im Sozialkaufhaus in Vohenstrauß gibt es allerhand Möbel und viele weitere Artikel zu günstigen Preisen. Das Team hilft gerne bei Auf- und Abbau sowie bei der Auswahl. Bild: ck
Im Sozialkaufhaus in Vohenstrauß gibt es allerhand Möbel und viele weitere Artikel zu günstigen Preisen. Das Team hilft gerne bei Auf- und Abbau sowie bei der Auswahl.
 
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