In wenigen Orten der Oberpfalz geht am Aschermittwoch die Karnevalszeit in die Verlängerung. Der Grenzmarkt gehört seit 70 Jahren auch wieder dazu. Nach der Zwangspause während des Zweiten Weltkriegs und den damit verbunden Nachwehen in den Folgejahren lebte das frühere Brauchtum im Jahr 1949 wieder auf. Musikanten aus Reihen des Musikvereins verstärkten in den vergangenen Jahren das Interesse an der außergewöhnlichen Tradition und mehren dadurch die Zahl der Teilnehmer. Das besondere Schauspiel wird zwar als „Eigrom“ bezeichnet, doch steht schon seit Menschengedenken eine Einäscherung am Ende.
Während sich die Gläubigen zur Aschenauflegung nach christlicher Sitte in der Pfarrkirche versammeln, zieht es die „Jugger“ seit nunmehr sieben Jahrzehnten zeitgleich in die Gastwirtschaft „Haus am Eck“. Hier hatten sich die Anhänger der Narrenzeit nach dem Erhalt des Rathausschlüssels und der Marktkasse seit dem „Naschn Pfinsta“ ihre Residenz eingerichtet. Pünktlich um 18 Uhr beginnt auch heute die Trauersitzung mit der letzten Ansprache von „Prinz Karneval“. Dann geht es hinaus auf die Hauptstraße und ein beinahe unheimliches Spektakel nimmt seinen Verlauf. Die Blaskapelle „Krach“ gibt am Beginn des als Leichenzug bezeichneten Wegs den Takt vor. Gleich dahinter marschiert das Faschingskomitee „Die närrischen Henglecker“ und führt tatsächlich auf einer Art Bahre eine ausgestopfte Strohpuppe mit sich, die „Prinz Karneval“ verkörpert.
Während der gesamten Strecke durch die Ortsmitte werden Fackeln mitgeführt. Die Musikanten spielen schräge Trauerlieder dazu. Wehklagen und Trauerrufe über die verstorbene Fastnacht dürfen nicht fehlen. Wenn der Zug beim Rathausbrunnen auf dem Marktplatz sein Ziel erreicht hat, übernimmt der zuvor bestimmte Verbrennungskommissar die weitere Handlung. Zunächst ist die Rückgabe des Rathausschlüssels und der Marktkasse an Bürgermeisterin Margit Kirzinger fest eingeplant.
Anschließend ist das vorbereitete Krematorium gleich gegenüber das letzte Ziel. Hier besteht die Aufgabe des Kommissars im Halten einer erbärmlichen Grabrede und das Anstimmen der furchtbaren Litanei auf die „so abrupt beendete fröhliche Faschingszeit“. Alle teilnehmenden Trauergäste werden mit Nachdruck aufgefordert, den Ritus würdig trauernd zu begleiten und in die Wehrufe kräftig einzustimmen.
Ein letztes Liedstück der Staatskapelle „Krach“ umrahmt den schaurigsten Akt, wenn der bedauernswerte Leichnam mit Spiritus übergossen und durch die mitgeführten Fackeln in Brand gesteckt wird. Dazu treten eigens beauftragte Klageweiber und Klagemänner beängstigend heulend in Aktion. Erst wenn die letzte Flamme verloschen, die letzte Glut ausgemacht ist, wird der Ort des Krematoriums verlassen. Zurück bleiben nur die wenigen Aschenreste. In Gruppen machen sich die Teilnehmer ein letzten Mal auf den Weg in die zuletzt so eifrig aufgesuchte „Residenz“. Dort wartet schon das Abschiedsmahl auf alle Mitmachenden. Es sollte mit „saueren Leichenminen“ in den Gesichtern verzehrt werden, bevor man stillschweigend endgültig auseinandergeht.













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