"Wer ist heute zum ersten Mal bei uns?", fragt Michaela Härtl in die Runde. Nur zwei Kinder melden sich. "Sehr gut", freut sich die Lehrerin. "Dann wissen fast alle, wie das Rechnen mit dem Zauberhut funktioniert." Sie hält einen von diesen geheimnisvollen blauen "Hüten" hoch, die auf den Schultischen stehen. Hier könne man Rechenaufgaben oben hineinwerfen, erklärt Härtl, "und bekommt unten das richtige Ergebnis zurück".
Etwa 15 Kinder sitzen im Kreis auf dem grünen Teppich in der Mathematik-Werkstätte der Jobst-vom-Brandt-Schule und freuen sich auf das Zaubern mit Zahlen. Die Erstklässler zeigen den Jüngeren eifrig, wie das funktioniert. Einige andere Kinder puzzeln mit Klötzchen ein kompliziertes Muster. Die Schulstunde vergeht wie im Flug, Mathe macht Spaß. Lehrerin Härtl kann sich in aller Ruhe jenen Kindern widmen, die Fragen haben. Sie ist nicht allein, bei der Betreuung der gemischten Lerngruppe wird sie von Kindergartenleiterin Silke Weinhold und deren Kollegin, Karin Oschatz, unterstützt.
Gegen 11 Uhr ist der Unterricht zu Ende. 25 Jungen und Mädchen gehen mit ihren Erzieherinnen zurück in ihre Kindergärten. Was sich da am Montagvormittag in der Grundschule abspielt, gehört seit einigen Jahren zum gewohnten Bild. Alltäglich ist es nicht. Die seit fünf Jahren anhaltende Kooperation mit den Kindergärten nimmt im Landkreis eine Sonderstellung ein.
"2001 haben wir begonnen. Zuerst sind die Lehrer in den Kindergarten gegangen. Oder die Kindergartenkinder haben uns besucht. Aber das war nicht regelmäßig", erklärt Schulleiterin Petra Andritzky. Dann wurde die flexible Grundschule mit Unterricht in gemischten Jahrgangsstufen eingeführt. "Wir hatten eine Schulstunde in den ersten Klassen zur Verfügung, die wir in Absprache mit den Erzieherinnen für eine regelmäßige Kooperation nutzen wollten." Jeden Montag üben sich seither die Vorschulkinder darin, ein richtiges Schulkind zu werden. In diesem Jahr pauken 25 Buben und Mädchen aus den Kindergärten St. Sebastian und Piccolino Poppenreuth mit 33 Erstklässlern Mathe oder ein anderes Unterrichtsfach.
Fünf Jahre lang hat die Jobst-vom-Brandt-Schule dieses Projekt konsequent durchgezogen. Petra Andritzky zieht positive Bilanz in jeder Richtung. "Die Kooperation ist für alle ein großer Gewinn", betont die Schulleiterin und erzählt von Eltern aus Marktredwitz, die davon erfahren haben und ihre Kinder extra in die Montags-Schulstunde nach Waldershof fahren. "Wenn die Kinder in die Schule kommen, sind ihnen die Lehrer, das Umfeld, das Lernen und das Schulgebäude bereits bestens vertraut", nennt sie nur einige der Gründe, die für dieses sanfte Kennenlernen der Schulstruktur direkt vor Ort sprechen.
Kindergartenleiterin Silke Weinhold freut sich über das Wohlwollen der Eltern. Die Vorteile für die Kinder liegen auf der Hand. Michaela Härtl kann aus der Praxis nichts Gegenteiliges hinzufügen: "Diese Schulstunde ist sehr wertvoll." Der einstündige Unterricht richte sich nach dem Schulprogramm oder den Jahreszeiten, je nachdem, was anstehe. Aus der Praxis erklärt Härtl, die Kindergartenkinder würden auf die ersten Klassen verteilt, also gedrittelt. Zu jeder Lehrerin käme eine Erzieherin als Betreuung. Härtl erwähnt das kollegiale Vertrauensverhältnis zu den Kindergärten, das nicht nur den Einstieg ins Schulleben erleichtere: "Alle profitieren davon", sagt die Schulleiterin.
"Und könnt ihr denn nun alle zählen?" Diese Frage ist an die Kindergartenkinder gerichtet, die immer wieder einmal im Rahmen der Kooperation auch den Mathematikunterricht näher kennenlernen. Lehrerin Michaela Härtl lacht. "Natürlich können sie das. Schließlich haben sie seit einem Dreivierteljahr bei uns Unterricht", antwortet sie im Sinne der Kinder, die nahezu alle bei dieser Frage die Hand gehoben haben - wie es sich für einen vorbildlichen Erstklässler gehört.























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