Mittlerweile soll sich die Situation für die verbessert haben. Auf die Missstände im Stall aufmerksam geworden ist ein Bürger, der der Tierrechtsorganisation Peta Fotos und Informationen hat zukommen lassen.
Auf der Homepage der Organisation gibt es ein Formular, mit dem Whistleblower Verstöße gegen den Tierschutz melden können. Die Mitarbeiter von Peta geben die Informationen danach an die zuständigen Veterinärämter weiter. So war es auch im Fall des Landwirts bei Waldershof. "Uns sind die Dokumente zugespielt worden", sagt auf Nachfrage Lisa Kainz, Fachreferentin für den Agrarbereich bei Peta. Sofort habe sie Kontakt zum Veterinäramt in Tirschenreuth aufgenommen.
Beanstandungen
Dies bestätigt der Leiter der Behörde, Dr. Klemens Dötsch. "Natürlich nehmen wir derartige Hinweise immer ernst. Wir haben uns den Stall in dem Betrieb angesehen und tatsächlich mehrere Dinge beanstandet. Der Betriebsleiter ist schriftlich aufgefordert worden, die Missstände zu beseitigen. Das hat er dann auch getan, wie wir bei einer anschließenden Kontrolle festgestellt haben", sagt Dötsch.
Allerdings, und das gibt er zu bedenken, seien die Beanstandungen nicht über das alltägliche Maß hinausgegangen. "Wir haben einen relativ hohen Anteil an Anbindeställen. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn es nur noch Laufställe oder Weidehaltungen geben würde. Aber solange die Anbindehaltung nicht verboten ist, handeln die Landwirte nach geltendem Recht."
Die von Peta in dem Fall beklagten Quetschungen am Hals und entzündeten Gelenke bei den Rindern kommen laut Dr. Dötsch durchaus auch andernorts vor. Auch Spaltenböden in den Ställen seien nicht unüblich. Die Mitarbeiter der Behörden reagierten aber nicht nur aufgrund von Mitteilungen. "Wir behalten uns immer Kontrollen vor."
Eine differenzierte Meinung zum Thema Anbindehaltung hat Harald Fischer, Obmann der Landwirte im Landkreis Wunsiedel. Es komme auf den jeweiligen Betriebsleiter an, wie gut es den Rindern gehe. "Es gibt Ställe mit Anbindehaltung, in denen die Kühe sicherlich sehr zufrieden sind. Der Landwirt muss sich eben entsprechend gut um die Tiere kümmern." Fischer selbst hat seinen Betrieb bereits vor 15 Jahren auf Freilauf-Haltung umgestellt. "So eine Investition ist im Grunde nur möglich, wenn man einen Nachfolger hat. Viele Landwirte, deren Kinder den Hof nicht übernehmen, wollen nicht mehr so viel Geld ausgeben - und das ist auch verständlich."
Häufig Anbindehaltung
Laut Fischer kostet die Umstellung auf Freilauf-Haltung pro Kuhplatz zwischen 5000 und 10.000 Euro. "Gerade die kleinen Betriebe können sich das nicht leisten, daher gibt es hier noch häufig die Anbindehaltung." Per se will Fischer diese Form der Rinderhaltung nicht verurteilen. So gäbe es in derartigen Ställen zum Beispiel keine Rangkämpfe. "Rinder sind Herdentiere. Wenn sie in der Gruppe frei im Stall oder auf einer Weide sind, werden rangniedrige Tiere immer Probleme haben. Sie dürfen zum Beispiel erst fressen, wenn die ranghöheren Rinder fertig sind.
Auch die von Peta beklagten Betonböden seien in vielen alten Ställen üblich. "Für den Landwirt haben harte Böden den Vorteil, dass die Kühe nicht so viel Klauenpflege benötigen." Generell ist auch die Diskussion um die Anbindehaltung - wie fast immer in der Landwirtschaft - eine Frage des Geldes. Wie Fischer sagt, würden weit mehr Betriebe auf Freilaufhaltung umstellen, wenn sie es sich leisten könnten. Aber gerade die Milchwirtschaft sei seit Langem nicht mehr rentabel.
Milch und Diesel
Der Landwirte-Obmann vergleicht die Preisentwicklung der Milch gerne mit der des Diesels. 1980 habe der Bauer für einen Liter Milch 80 Pfennige erhalten, der Liter Diesel kostete zu der Zeit ebenfalls 80 Pfennige. Heute bewege sich der Dieselpreis bei um die 1,30 Euro, während die Milch für 40 Cent vergütet werde. Peta hingegen lehnt die Rinderhaltung zur Gewinnung von Fleisch und Milch generell ab. "Wir setzen uns für eine vegane Ernährung ein (Anmerkung: der komplette Verzicht auf tierische Produkte). Es ist schlicht nicht artgerecht, wenn man Milchkühen eine Leistung von 30 bis sogar 50 Litern Milch pro Tag anzüchtet. Die Milchviehwirtschaft ist für die Kuh ein psychologischer und physiologischer Wahnsinn. Die Tiere sind nach spätesten vier bis fünf Jahren verbraucht und reif für das Schlachthaus", sagt Lisa Kainz.
Die Tierschutzverstöße seien in Rinderställen an der Tagesordnung. "Das beginnt schon bei den Kälbern, die in der Regel in viel zu kleinen Liegeboxen gehalten werden." Im oben beschriebenen Fall beklagte Peta zudem verschlissene und fehlende Liegematten für die Kühe, zu schmale Liegeflächen, schmutzige und zu harte Böden und eine allgemeine Vernachlässigung der Tiere.
Ist die Tierrechtsorganisation Peta mit ihren Ansichten militant? Dr. Dötsch vom Veterinäramt Tirschenreuth will sich dazu nicht dezidiert äußern. Nur so viel: "Wir gehen den Hinweisen von Peta natürlich nach. In ihrer Darstellung sind sie aber eben etwas reißerisch."
Tierschützer sind sich einig: Die Haltung auf der Weide ist für Rinder artgerechter als die im Stall. Während es zum Beispiel im Allgäu viele landwirtschaftliche Betriebe gibt, die ihre Rinder auf die Weide lassen, ist dies in Oberfranken kaum der Fall. Wie der Kreisobmann der Landwirte im Landkreis Wunsiedel, Harald Fischer, sagt, liegt dies unter anderem an den unterschiedlichen Strukturen. In Franken seien die Höfe in den Dörfern viel enger zusammengebaut. Auch die Fluren seien relativ zersplittert und lägen meist zu weit von den Ställen entfernt. Daher habe sich die Weidehaltung im großen Stil in der Region nicht durchgesetzt.
Es braucht weder höhere gesetzliche Anforderungen noch schärfere Kontrollen, um mehr Tierwohl zu erreichen. Laut Bauernverband sorgt ja jeder Landwirt freiwillig für maximales Tierwohl da dies ja seine Existenz bedeutet.
Der Verbraucher darf sich aber auch nicht nur beklagen, sondern muss seinen Teil dazu beitragen. Wer Fleisch essen will, soll auf artgerechte Freilandhaltung bestehen und darauf achten, dass die Tiere zu Lebzeiten weder einen Tiertransport noch einen Schlachthof haben erleben müssen. Das kostet zwar mehr, aber wenn man weniger wegwirft, kann man auch wieder etwas einsparen. Wem das alles wurscht ist (man verzeihe das Wortspiel) und wer lieber beim Discounter kauft, sollte sich dann aber auch nicht empören, wenn der Nachbar seinen Hund tritt. Das wäre äußerst unglaubwürdig.
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