Waldsassen
11.04.2023 - 14:13 Uhr

37. Feuerkinder-Hilfseinsatz in Tansania verläuft "außergewöhnlich erfolgreich"

Zum 37. Mal weilte ein Ärzte-Team der Aktion Feuerkinder in Tansania, um Kindern zu helfen. 138 Operationen standen dort auf dem Plan. Dr. Annemarie Schraml aus Waldsassen gibt Einblicke in die aktuelle Situation vor Ort.

Dr. Annemarie Schraml spricht in ihrer Bilanz von einem "außergewöhnlich erfolgreichen Operationseinsatz im Nkoaranga-Hospital". Zusammen mit anderen Ärztinnen und Ärzten sowie weiteren medizinischen Fachkräften unternahm sie den 37. Hilfseinsatz der Organisation in Tansania. Mit zum Team zählten Professor Dr. Johannes Hamel, Dr. Gerd Hohenberger, Dr. Mirjam Triebel, Dr. Klaus Schwendner, Schwester Grace Ayoo-Küfner, die OP-Schwestern Daniela Klughardt, Simone Uhl und Paula Scharrer sowie Anästhesiepfleger Gregor Wittmann.

Vor Ort arbeiteten vor allem Dr. Godnester Mungure, die Anästhesisten Emanuel Zablon und August Mallya sowie Dr. Peter Makansa mit dem deutschen Team, wie Dr. Schraml berichtet. Eine große Unterstützung seien wieder die aus Tansania stammende Schwester Grace Ayoo-Küfner und Dr. Mirjam Triebel gewesen. Triebel arbeitet im Süden Tansanias und ist in der Ausbildung von medizinischem Personal tätig. "So konnten sich die Operateure auf die operative Tätigkeit konzentrieren", kommentiert die 71-Jährige das Miteinander. An zwölf OP-Tagen seien 138 Operationen durchgeführt worden.

Keinerlei Komplikationen

"Der jüngste operierte Patient war 9 Monate, der älteste Patient 17 Jahre alt", schildert die Ärztin aus Waldsassen das unterschiedliche Altersspektrum. Es seien unter anderem 50 Klumpfuß-Operationen unterschiedlicher Schweregrade und 32 Achskorrekturen durchgeführt worden. "Es gab keinerlei Komplikationen weder auf operativer, noch auf anästhesiologischer Seite." Medikamente und Kunststoffgipse seien knapp geworden, hätten aber erfreulicherweise in Tansania besorgt werden können.

Alle Narkosen seien von Dr. Klaus Schwendner und Gregor Wittmann durchgeführt worden. Die Anästhesistin Dr. Lilian Ngwamkai aus Tanga habe zum Erlernen von Regionalanästhesien hospitiert und engagiert mit dem deutschen Team gearbeitet. "Insgesamt zeigten sich ein sehr gutes Miteinander und echte Teamarbeit", berichtet Dr. Schraml. Als besonders wohltuend hätten die jüngeren OP-Schwestern empfunden, dass jeder auch aufgabenübergreifend mitgearbeitet und jeweils notwendige Tätigkeiten übernommen habe, wie es in deutschen Kliniken leider oftmals nicht mehr in dieser Form geschehe.

Zur Hospitation seien auch die einheimischen Orthopäden Dr. Peter Makanza und Dr. Job Mwanyaga gekommen. Intensiv geschult worden sei auch Dr. Godnester Mungure, die in Zukunft Eingriffe wie Metallentfernungen bei voroperierten Kindern selbstständig am Nkoaranga-Hospital durchführen werde. "So kam man auch dem zweiten Ziel des Projektes, der Ausbildung von einheimischen Mitarbeitern, näher", erklärt Dr. Schraml. An zwei Voruntersuchungs-Tagen seien 160 Patienten begutachtet und ein OP-Plan erstellt worden. Dabei hätten auch wieder viele Patienten auf den nächsten Einsatz im Oktober 2023 vertröstet werden müssen, bedauert Dr. Schraml.

Elementarste Dinge fehlen

Als informativ und zutiefst beeindruckend beschreibt die Ärztin aus Waldsassen Besuche in einer Reha-Klinik ("The Plaster House") in Arusha, bei der Organisation "Zilper Foundation" in Babati (Betreuung von Kindern mit Handicap) und in einer Tagesbetreuungseinrichtung in Samaria. "Die Einfachheit und die Not in diesen Einrichtungen sind unvorstellbar, aber das Engagement der tansanischen Verantwortlichen ist zutiefst bewundernswert." Zum Teil fehle es an elementarsten Dingen. Samaria liege in einer äußerst trockenen und staubigen Gegend, in der es seit zwei Jahren nicht mehr geregnet habe. "Schwerst körperlich und geistig behinderte Kinder hielten sich dort unter Betreuung in einem provisorisch errichteten Raum ohne Möbel auf", so Dr. Schraml. Daraufhin sei initiiert worden, dass in einer Schreinerei in Usa River Stühle und Tische gefertigt werden.

Letion Lucas Marari von der "Zilper Foundation" hole behinderte Kinder aus Dörfern in Westtansania ab. Diese würden nach einem Zwischenaufenthalt zu Operationen gebracht und könnten dann bis zur vollständigen Genesung bei ihm wohnen. Mararis Frau und drei angestellte Mitarbeiterinnen kümmerten sich um die Versorgung der Kinder. "Da der australische Förderer seine Unterstützung einstellen musste, ist zukünftige Unterstützung dringend angezeigt", betont Dr. Schraml.

Einen großartigen Abend mit Abendessen und Chorgesang habe die Ärztin aus Waldsassen mit 160 Schülern und Lehrkräften des "Usa River Reha Centers" verbracht. Drei Chöre hätten eindrucksvoll für das deutsche Team gesungen. "Besonders beeindruckend war der Chor aus mehrfach Behinderten, begleitet durch Gebärdensprache der taubstummen Studenten", berichtet die 71-Jährige. Immer wieder sehr bewegend für die Teammitglieder sei der Dank für die Hilfe, der an verschiedensten Orten in Tansania zum Ausdruck gebracht werde. Dank der großzügigen Unterstützung aus der Heimat habe man den Alltag vieler Kinder etwas verbessern können - auch mit gestrickten Mützen, Socken und Decken sowie mit dem Kauf von Kleidung vor Ort. Auch seien die stationären Patienten wieder mit Essen und Obst-Zugaben sowie die Eltern mit Fahrgeld unterstützt worden.

Operieren mit Stirnlampe

"Ein unverändert großes Problem ist, dass sich auf dem Land nur wenige Familien eine Krankenversicherung leisten können und sich daher nur in äußersten Notfällen einer medizinischen Behandlung unterziehen, da alles sofort bezahlt werden muss. Kinder mit Fehlbildungen fallen oftmals durch dieses Raster", erklärt Dr. Schraml. "In diesem Jahr hatten wir auch oft mit Stromausfällen zu kämpfen und mussten manchmal mit Stirnlampe operieren." Große Fortschritte mache der Neubau der "GM-Medium School" und der geburtshilflichen Station am Nkoaranga-Hospital. Hier habe es eine Baustellen-Führung gegeben.

"Auch kamen wieder einige ehemalige Patienten zu Besuch, die jetzt studieren und so ein wesentliches Ziel des Feuerkinder-Projektes repräsentieren: dass behinderte Kinder operiert werden, um in die Schule gehen und einen Beruf erlernen oder studieren zu können", betont Dr. Annemarie Schraml und bedankt sich abschließend für die vielfältige Unterstützung der Aktion Feuerkinder.

Hintergrund:

Das Projekt Feuerkinder

  • Seit 2000 fährt ein Team von Orthopäden, Narkoseärzten, OP-Schwestern, Physiotherapeuten und einem Orthopädietechniker ein- bis dreimal jährlich in den Norden Tansanias.
  • Im Nkoaranga-Krankenhaus in der Nähe der Stadt Arusha operiert das Team kostenlos Kinder und Jugendliche mit Fehlstellungen an Armen und Beinen. Dazu zählen Klumpfüße sowie stark ausgeprägte X- und O-Beinstellungen.
  • Spendenkonto: Projekt Feuerkinder, Evangelische Bank Kassel , BIC: GENODEF1EK1; IBAN: DE53 5206 0410 0103 5099 82.
 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.