Wenn Eva und Johann Preisinger aus Waldsassen erzählen, sprudeln die Geschichten über ihren beruflichen Werdegang nur so. Schließlich kann nicht jedes Ehepaar von sich sagen, es habe gemeinsam über 80 Jahre lang im Friseurgewerbe gearbeitet. Der 69-jährige Johann Preisinger war 51 Jahre lang Friseur. Seine Frau Eva (64) hat nahezu 36 Jahre lang dasselbe Handwerk ausgeübt.
Beide haben sich in der Arbeit kennengelernt: Johann Preisinger war sein Berufsleben lang im Salon Kliebhan tätig. Eva Preisinger fand später auf ihren beruflichen Wegen nach mehreren Stationen ebenfalls dorthin und wurde kürzlich nach 24 Jahren in den Ruhestand verabschiedet – nicht ganz, wie Eva Preisinger verrät: Sie bleibt dem Betrieb in der Filiale Konnersreuth donnerstags erhalten. Dies freue die Stammkunden: Eine Frau fährt "ihrer Friseurin“ sogar aus Waldsassen hinterher.
Der erste Lehrling
Johann Preisinger erinnert sich intensiv an seine Lehrzeit. Mit 14 Jahren habe er bei Anton Kliebhan als erster Lehrling begonnen – am 1. August 1968. Dieser hatte im Juli zuvor in Waldsassen sein Geschäft eröffnet. Sechs Frisörsalons habe es damals in Waldsassen gegeben. „Das war damals so. Die Leute sind alle vier Wochen zum Friseur gegangen“, erzählt das Ehepaar.
Weihnachten, Fasching oder Ostern sei besonders viel los gewesen im Salon. "Am Heiligen Abend sind wir um 17 Uhr fix und fertig nach Hause gekommen. Und am Fasching war auch nichts mit Feiern. Wir haben den Frauen bis spät abends die Haare gestylt“, stöhnt Eva Preisinger, wenn sie nur daran denkt.
Keine regelmäßigen Besuche
Heute und besonders nach Corona sei alles anders. Die Leute kämen nicht mehr regelmäßig zum Friseur. Und wenn doch, dann höchstens alle sechs oder sieben Wochen: Der Preis für ein Komplettpaket mit Dauerwelle habe sich seither teils verfünffacht. Festpreise gebe es heute keine mehr, die Kosten errechneten sich durch die Länge der Haare, die Arbeitszeit und den Verbrauch von Haarpflegemittel. Der Männerhaarschnitt habe damals 1,40 bis 1,60 Mark gekostet.
„Mit meinem Chef Anton Kliebhan war das eine schöne Zeit“, erinnert sich Johann Preisinger an seine Lehre. "Zur Prüfung musste ich Dauerwellen und Hochsteckfrisuren machen." Für einen jungen Mann sei es nicht leicht gewesen, zum Beispiel Haare zu toupieren.
Immer wieder neue Trends
Inzwischen führt Sohn Alfons Kliebhan den Laden, und die Preisingers gehörten jahrzehntelang dazu. Besonders die Seminare, Schulungen und Messebesuche in Leipzig, Berlin oder München sowie Friseurmeisterschaften in Frankfurt sind dem Paar in guter Erinnerung geblieben. Die Friseure mussten regelmäßig die neuen Trends kennenlernen; denn Frisuren seien dem jährlichen Modewechsel unterworfen. "Johann war mein Herrenmodel bei der Gesellenprüfung“, fügt Eva Preisinger aus ihrer Lehrzeit an. Bis heute schneiden und stylen sich die Eheleute die Haare gegenseitig selbst.
Sogar bei der eigenen Hochzeit sei kein Friseur engagiert worden, erzählen sie, worauf Johann Preisinger eine nette Anekdote einwirft: „Bei uns war mal ein Bräutigam. Wir wussten das aber nicht. Bis jemand bei uns anrief, wo er bleibt.“ Der Bräutigam hätte "die Ruhe weg gehabt", wie Johann Preisinger sagt: Denn auch der Chauffeur des Braut-Autos sei im Salon gewesen. Beide Männer hätten über den Anruf nur gelacht und gemeint, ohne sie könnte die Hochzeit eh nicht beginnen. „Ich habe dann schnell den Bräutigam hergerichtet und der Chef den Fahrer.“
Niemals Ärger
Viel Arbeit hätten in den 1970er Jahren die langen Haare der Männer gemacht. „Da hat sich mancher auch eine Dauerwelle legen lassen“, wissen die beiden Fachleute. Jemandem die Haare verschnitten, sagen sie lachend auf die Frage, hätten sie in ihrem Arbeitsleben nie. Aber hin und wieder hätten Kunden gemeint: „Die sind ein bisschen kurz geworden." Ärger sei daraus nie entstanden. „Die wachsen schon wieder“, erinnert sich Johann Preisinger daran, was er in diesem Falle zu antworten pflegte.
Vieles gebe es noch zu erzählen aus dem Arbeits- und Privatleben der Preisingers, die gern gemeinsam campen und mit Kurzurlauben ihre Rente genießen. Johann Preisinger hat einmal Beatrice Richter die Haare gewaschen. Die Schauspielerin und Sängerin war damals mit Robert Hoh, Chef des Kaufhauses König, liiert. Auch ein Schauspieler aus der Fernsehserie „Königlich Bayerisches Amtsgericht“ sei im Salon gewesen.
Kurz und Türkis
Tochter Christine betreibt in Mitterteich eine Pizzeria. Enkelin Marcella und Enkel Alessandro kommen gern zur Oma und Opa zum Frisieren. „Einmal wollte Marcella als Teenager die langen Haare kurz und Türkis gefärbt." Der Opa sei dagegen gewesen. "Dann haben wir das heimlich gemacht“, erzählt die Großmutter schmunzelnd. „Aber Marcella schaute danach richtig gut damit aus.“
Eva Preisinger mag es heute sehr, nur einen Tag mehr zur Arbeit gehen zu müssen. Das sei genau das Richtige für sie, sagt sie. Ihr Mann Johann Preisinger meint lachend: "Ich muss mich erst daran gewöhnen, dass meine Frau jetzt nahezu immer daheim ist."
Zur Person: Eva und Johann Preisinger
- Johann Preisinger: 69 Jahre alt,
erster Lehrling bei Anton Kliebhan in Waldsassen,
51 Jahre im Betrieb geblieben - Eva Preisinger: 64 Jahre alt, begonnen im Friseursalon Rögner von 1974 bis 1977, nach einem Jahr Pause Tätigkeit bei Rögner bis 1988, 1988 bis 1996 Friseurin im Friseursalon Kliebhan, 1996 bis 2000 Wirtin im ASV-Sportheim Waldsassen, 2000 bis 2010 Friseurin im Salon Top Hair Waldsassen, 2010 bis 2023 Friseurin im Salon Kliebhan mit Zweigstelle Konnersreuth, seit August Friseurin in Teilzeit im Salon Kliebhan Konnersreuth
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