Waldsassen
28.12.2018 - 18:05 Uhr

Kein Cent vom Denkmalamt

Das Gärtnerhaus in Waldsassen war ein Schandfleck. 2014 kaufte es die Familie von Peter Breuer und machte daraus ein Schmuckkästchen. Mittlerweile bereut Breuer das Projekt. Besonders auf den Denkmalschutz ist er nicht gut zu sprechen.

Das sanierte Gärtnerhaus ist ein Schmuckstück geworden. Bild: rti
Das sanierte Gärtnerhaus ist ein Schmuckstück geworden.

Schon beim Kauf im September 2014 war der Familie von Peter Breuer klar, dass sie trotz möglicher Förderungen einiges an Geld in die Hand nehmen muss, um das Gebäude an der Brauhausstraße 5 grundlegend zu modernisieren. "Ich bin schon von rund 400.000 Euro ausgegangen, aber mittlerweile sind wir bei 707.441 Euro Selbstbeteiligung", klagt Breuer.

Seine Familie, zu der seine Frau Jutta und ihre beiden Kinder zählen, hätte in guter Absicht das ehemalige Gärtnerhaus des Klosters Waldsassen, welches unter Denkmalschutz steht, erworben. "Hiermit wollten wir etwas für unsere Kinder, die jetzt in dem Haus wohnen, tun. Uns aber auch gleichzeitig für den Erhalt der Kultur und historischer Gebäude einsetzen", bekennt Breuer. In über zwei Jahren sei aus einem maroden und eigentlich abbruchreifen alten Haus ein Schmuckstück entstanden.

Bei der ursprünglichen Planung mit vier Wohneinheiten, die die Stadt in Auftrag gegeben hatte, lagen die Gesamtkosten bei 750.000 Euro. Die Eigenbeteiligung wurde auf 250.000 Euro beziffert, was Fördergelder in Höhe von 500.000 Euro bedeutete. "Dies war bei den ersten Gesprächen mit der Stadt die Basis für den Kauf", erinnert sich Breuer.

Nach der Umplanung auf zwei größere Wohneinheiten sei der Eigenanteil auf 321.000 Euro beziffert worden, unter Einberechnung der in Aussicht gestellten Fördergelder. "Tatsächlich sind wir jetzt bei 707.441 Euro Selbstbeteiligung." Die Gesamtkosten liegen mittlerweile bei über 1,25 Millionen Euro. Aus den Töpfen der Städtebauförderung hat die Familie rund 450.000 Euro erhalten. Die Bayerische Landesstiftung hat 60.000 Euro gewährt und vom Landkreises Tirschenreuth gab es 5000 Euro. 40.000 Euro hat zudem der Bezirkstag zur Förderung der Denkmalpflege bewilligt.

Enorme Mehrkosten

Kein Geld gab es aber vom bayerische Landesamt für Denkmalpflege. Es lehnte den beantragten Zuschuss von 50.000 Euro ab. Für Breuer ist das komplett unverständlich. Denn ein Großteil der zusätzlichen Kosten sei entstanden, da der Denkmalschutz entsprechende Vorgaben gemacht habe. "Und genau diese Seite spricht jetzt die Ablehnung der Gelder aus", echauffiert sich Breuer. Auch der reduzierte Förderbetrag der Bayerischen Landesstiftung - beantragt waren 100.000 Euro, bewilligt wurden 60.000 Euro - ist für ihn nicht nachvollziehbar.

"Wir sind guten Glaubens davon ausgegangen, dass die beantragten Fördergelder - wie in Aussicht gestellt - auch in voller Höhe fließen würden. Auch konnten wir nicht davon ausgehen, dass die zusätzlichen Mehrkosten so enorm sein würden", erklärt Breuer. Als Beispiel nennt er die Stuckdecken. "Die mussten mit wahnsinnig viel Aufwand wiederhergestellt werden."

Seine Familie habe auf sehr viele "sinnvolle Sachen" verzichten müssen, weil diese nicht denkmalgerecht waren. Das Haus sei heute sicherlich ein Schmuckstück, allerdings habe es nicht einmal den Wert, "den wir als Eigenmittel einbringen mussten". Für diese Summe hätte seine Familie "locker zwei Einfamilienhäuser hinstellen können".

Das Landesamt für Denkmalpflege hatte die Ablehnung des Zuschusses schriftlich mitgeteilt. Die zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel für Zuwendungen zu denkmalpflegerischen Maßnahmen "reichen leider nicht aus, um allen Anträgen entsprechen zu können", steht im Brief vom 11. Juli. "Die Entscheidung über die Verteilung der dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege zur Förderung von Maßnahmen im Bereich des Denkmalschutzes und Denkmalpflege jährlich zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel erfolgen nach pflichtgemäßen Ermessen."

Prüfungskriterien seien unter anderem die Einhaltung der haushaltsrechtlichen Vorgaben, die Dringlichkeit des Einzelfalls, die Finanzkraft des Eigentümers, vor allem aber die Zahl der vorliegenden Anträge und die Höhe der bereit stehenden Haushaltsmittel. In den Hinweisen des Antragsformulars sei die Familie darüber unterrichtet worden, dass eine Förderung nur im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel möglich sei (Infokasten).

"Wenn es für die Denkmalschützer keinen Sinn macht, sich bei unserem Haus zu beteiligen, dann sollte der Denkmalschutz aufgehoben werden und man könnte ein Gebäude, wenn überhaupt, nach eigenem Gutdünken wiederherstellen", stellt Breuer dazu fest. Aufgrund des höheren Eigenanteils und der daraus resultierenden höheren Darlehen sei die finanzielle Situation seiner Familie "schon ernst". Er könne nur warnen, ein derartiges Unterfangen mit denkmalgeschützten Gebäuden zu beginnen. "Ich würde es nie wieder machen."

"Fast skandalös"

Ausdrücklich betont Breuer, dass er von seiner Kritik Bürgermeister Bernd Sommer ausnehme. Der Rathauschef habe sich für seine Familie eingesetzt, um entsprechende Fördergelder zu bekommen. Sommer hatte sich zudem mit einer E-Mail noch einmal an den Generalkonservator des Landesamtes für Denkmalpflege, Professor Mathias Pfeil, und an Landtagsabgeordneten Tobias Reiß gewandt. Darin bezeichnet der Bürgermeister das private Projekt Gärtnerhaus neben der Glückvilla als das zweite Modellprojekte für die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude in Waldsassen.

"Beim Projekt von Herrn Breuer sind wir bei der Finanzierung von voller Unterstützung ausgegangen." Der Eigenanteil der Familie liege mit über 700.000 Euro weit über dem Verkehrswert des Gebäudes. "Ich halte es als fast skandalös, dass das Landesamt sich hier völlig zurückzieht. Die Familie hat auf Unterstützung vertraut. Ich ebenso", schreibt Sommer. Er frage sich, wie er Bürger zu weiteren privaten Maßnahmen motivieren soll, "wenn es am Ende finanziell böse für die Investoren ausgeht".

Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege:

„Standards in Teilen nicht eingehalten“

Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege hat sich auf NT-Anfrage auch schriftlich zum Gärtnerhaus geäußert. „Bei der Instandsetzung des Baudenkmals in der Brauhausstraße 5 in Waldsassen kam es zu erheblichen Eingriffen in die Grundrissstruktur des Gebäudes und damit zu Verlusten bei der Überlieferungsdichte des Baudenkmals“, schreibt Pressesprecherin Silke Wapenhensch. Die Ablehnung einer Förderung aus der Denkmalpflege sei erfolgt, „weil die denkmalfachlichen Standards bei dieser Maßnahme in Teilen nicht eingehalten wurden“.

Die Mittel des Landesamtes für Denkmalpflege würden lediglich ausreichen, um besondere und herausragende Maßnahmen zu unterstützen, die sich in besonderer Weise von anderen Maßnahmen abheben.

In Bayern gebe es verschiedene Förderprogramme, die die Instandsetzung und Erhaltung von Denkmälern unterstützen. Eine Eigenbeteiligung des Denkmaleigentümers werde fast in allen Fällen erwartet. Wapenhensch weist darauf hin, dass ein Rechtsanspruch auf Förderung nicht bestehe.

Finanzierungshilfen und Steuererleichterungen für Maßnahmen an Denkmälern gewähre ihre Behörde in der Regel dann, „wenn die Maßnahme vor Beginn einvernehmlich mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt ist“.

Das sanierte Gärtnerhaus ist ein Schmuckstück geworden. Bild: rti
Das sanierte Gärtnerhaus ist ein Schmuckstück geworden.
So sah das Gärtnerhaus vor der Sanierung 2014 aus. Bild: Peter Breuer/exb
So sah das Gärtnerhaus vor der Sanierung 2014 aus.
Das sanierte Gärtnerhaus ist ein Schmuckstück geworden. Bild: rti
Das sanierte Gärtnerhaus ist ein Schmuckstück geworden.
 
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