Waldsassen
03.10.2022 - 09:18 Uhr

Landwirte bei Bürgerversammlung in Waldsassen strikt gegen Schutzzonen

In ihrer Existenz bedroht sehen sich die Bauern, wenn kein Umdenken in der Bevölkerung erfolgt. Darum und über weitere Sorgen und Nöte ging es in der Bürgerversammlung beim Punkte "Wünsche und Anträge".

Dass Landwirte strikt gegen die Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten sind, verdeutlichten Redner bei der Bürgerversammlung. Solche Zonen sollen im Landkreis im Zusammenhang mit der Ausweisung von Windkraft-Vorrangflächen geschaffen werden. Symbolbild: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Dass Landwirte strikt gegen die Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten sind, verdeutlichten Redner bei der Bürgerversammlung. Solche Zonen sollen im Landkreis im Zusammenhang mit der Ausweisung von Windkraft-Vorrangflächen geschaffen werden.

Im Nachklang zur September-Stadtratssitzung, in der über Windkraft-Nutzung und um Landschaftsschutzgebiete diskutiert wurde, meldeten sich in der Bürgerversammlung am Donnerstag in der Grundschule Vertreter aus der Landwirtschaft zu Wort. Dabei sah sich Bernd Sommer zeitweilig in einer schwierigen Situation: Viele Entscheidungen darüber werden auf Landkreis-Ebene getroffen.

"Dein Wort hat Gewicht", erklärte Hubert Schicker aus Pechtnersreuth, nannte Sommer den Bürgermeister "einer der wichtigsten Städte im Landkreis" und unterstrich dessen Einfluss als Chef der CSU im Kreistag. Sommer erklärte, dass in der Bürgerversammlung als Stadtoberhaupt agiere. "Das andere ist Privatvergnügen."

Hubert Schicker brachte die geplante Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten ins Gespräch, verwies auf Zukunfts- und Existenzängste in der Bevölkerung wegen der Entwicklung in Europa. "Die Welt hat sich seit Februar geändert." Vieles sei nichts mehr selbstverständlich, auch nicht die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln, unterstrich Schicker die wichtige Rolle der Landwirte.

Existenzgrundlage schützen

"Der Landkreis ist da ganz stark dabei", sah der Pechtnersreuther die Diskussion im Kontext mit der "Thematik Windräder". Schicker befürchtete Nachteile für Landwirte. Laut EU-Ebene, so Planungen, solle der Pflanzenschutzmittel-Einsatz in Landschaftsschutzgebieten bis 2030 um 50 Prozent reduziert und in sensiblen Gebieten sogar ganz verboten werden. Dabei würden Pflanzenschutzmittel ohnehin nur dort eingesetzt, "wo es notwendig ist", so Schicker: "Weil wir unsere Existenzgrundlage, unseren Grund und Boden, schützen müssen."

"Bitte verhindert das. Es geht um unsere Existenz", so Schicker über die geplanten Landschaftsschutzgebiete und sprach von "Aktionismus". Es müsse andere Wege geben, um Windräder zu verhindern. Bürgermeister Bernd Sommer sah den Stellenwert der Landwirtschaft vor dem Hintergrund der aktuellen Situation extrem gestiegen. "Ich glaube auch, dass die Menschen bei uns einen riesen Unterschied machen zwischen einem Großbauern mit Tausenden von Hektar und der bayerischen Landwirtschaft." Dies werde auch von den EU-Abgeordneten so bewertet.

Die Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten sei im Stadtrat noch kein Thema gewesen; beim Thema Windkraft soll nicht verhindert aber kanalisiert werden. Sommer erinnerte an "hitzige Diskussionen" darüber im Stadtrat: "Die Landschaft um Waldsassen ist eine andere als vielleicht in anderen Teilen des Landkreises", so Sommer, ohne konkrete Orte zu nennen. Ganz ohne Planung dürften Investoren Windräder überall bauen. "Dies will keiner." Frühere Planungen würden nun fortgesetzt, wobei Waldgebiete in der engeren Wahl stünden. Die Landwirtschaft sei nicht betroffen."

"Windradverhinderungszuschnitte"

Helmut Üblacker bezeichnete die geplanten Landschaftsschutzgebiete als "reine Windradverhinderungszuschnitte". Der Landwirt aus Groppenheim war strikt gegen die Ausweisung solcher Schutzzonen und meinte: "Ich bin ein gebranntes Kind." Es solle schnell gehen, Leute sollten nichts davon bemerken, die Gebiete sollten "mit Gewalt durchgedrückt" werden. Es werde suggeriert, dass es keine Beeinträchtigungen geben werde. "Nach zehn Jahren kommt das knüppeldick."

Üblacker beantragte, dass die Stadt Waldsassen die Ausweisung von Schutzzonen ablehnt – es sei denn, der Landkreis verpflichte sich dazu, die mit den Einbußen verknüpften finanziellen Konsequenzen zu übernehmen. Zum Vorwurf, wonach Landwirte beim Thema Landschaftsschutzgebiete nicht eingebunden worden seien, sagte Sommer: Dies werde erfolgen, "wenn uns der Kreis auffordert". Den Antrag von Üblacker werde bei den Beratungen mit einfließen.

Helmut Plommer verwies auf den Windatlas für Bayern. Dort seien die Flächen ausgewiesen. Der Sprecher warb darum Vorbereitungen zu treffen, "dass wir Windkraft haben" und bat den Bürgermeister, einen kleinen Planungsverbund zusammen mit Nachbargemeinden zu etablieren. Sommer sagte dazu, dass sich die Windhöffigkeit verändert habe, wegen inzwischen höherer Anlagen.

Ikom Stiftland kreativ

"Bauen im Außenbereich ist nicht einfach", beklagte Hubert Schicker in einem weiteren Beitrag. Dabei wäre dies so wichtig für die Zukunft bäuerlicher Familien. Zudem stellte der Landwirt die Diversifizierung heraus – also die Schaffung neuer Erwerbsfelder, etwa mit einem Hofladen. Dabei müssten die Bauern aber mit großen Supermärkten konkurrieren können. Dies sei für Familienbetriebe personell vielfach nicht machbar. "Wir sind dran und es wird auch besser", sagte Sommer im Hinblick aufs Bauen auf dem Land und fand: "Was möglich ist, muss auch möglich gemacht werden." Bei der Suche nach neuen Erwerbszweigen riet Sommer zur Zusammenarbeit mit der Ikom Stiftland; mit ihr ließen sich kreative Ideen verwirklichen.

Schlechter Weg und viel Laub

Hans Grillmeier kritisierte den schlechten Zustand des Waldwegs von der Konnersreuther Straße "zum Wald hoch". Auch fehlten dort Abfallbehälter sowie Spender von Hundekotbeuteln. Sommer sicherte zu, sich des Themas anzunehmen. Hans Schur beklagte die Verunreinigung von Dachrinnen und Fahrbahn – verursacht durch Blätter von Bäumen bei der Mittelschule. Außerdem sei in der Pfaffenreuther Straße in einem Abschnitt der Gehweg rissig und die auf der Oberfläche geflickten Stellen eine Stolperfalle für Senioren.

Geldinstitute im Wandel

Thomas Lanz erkundigte sich nach Ergebnissen der Befragung von Senioren im Frühjahr. Diese, so Bürgermeister Sommer, seien Arbeitspapier für das Konzept "Leben plus", das in Kürze starten werde. Geldinstitute müssten den Wandel vom Menschen am Schalter hin zu Automaten bewerkstelligen, antwortete der Bürgermeister, der von Lanz als Sparkassen-Verwaltungsrat auf die "Service-Verschlechterung" angesprochen wurde. Diese sei für Senioren problematisch.

Stromausfall-Konzept

Weiteres Thema war die Vorsorge bei einem Stromausfall: Vieles müsse der Landkreis hier noch erledigen, beklagte Lanz. Sommer erklärte dazu, dass die Stadt Waldsassen ihre Hausaufgaben gemacht habe – Beispiel Wasserversorgung: "Diese sei auch ohne Strom möglich." Wegen der Trinkwasserqualität müssten Waldsassener auch keine größeren Wasservorräte anlegen.

Keine Brauerei-Reaktivierung

Franz Härtl wollte wissen, welche Neuigkeiten es über die frühere Zieglerbrauerei gibt. "Nicht viel", sagte dazu Sommer. Man sei im Gespräch wegen weitere Planungen. Noch aber sei nichts konkret. Nicht mehr weiterverfolgt werde aber das frühere Vorhaben, die Brauerei in kleinerem Umfang wieder zu reaktivieren.

 
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