Waldthurn
02.12.2018 - 11:48 Uhr

Raubritter, Bauernkriege und noble Hochzeiten

Pfarrer Dr. Volker Wappmann durchschreitet in seinem Vortrag fast 500 Jahre Waldthurner Geschichte. Vor allem interessiert ihn die Rolle des katholischen und evangelischen Glaubens.

Pfarrer Dr. Volker Wappmann spricht vor 30 Zuhörern. Bild: fvo
Pfarrer Dr. Volker Wappmann spricht vor 30 Zuhörern.

Der Vohenstraußer Pfarrer referierte über die Konflikte der Christen zur Zeit der Reformation. Wie friedlich die Konfessionen inzwischen nebeneinander existieren, zeigte sich darin, dass er seinen Vortrag im Lobkowitzschloss hielt. Es wird auch als katholisches Pfarrheim genutzt und sogar Pfarrer Norbert Götz kam als Zuhörer. Der Sachausschuss Erwachsenenbildung des Pfarrgemeinderats mit Vorsitzenden Hans Beer aus Albersrieth hatte eingeladen.

Der Waldthurner Hans May, der 1902 das Buch "Der Fahrenberg" geschrieben hatte, konnte in seiner Heimatchronik mit den Evangelischen nicht besonders viel anfangen. Laut Pfarrer Wappmann bezeichnete er sie als "böse Lutherische" wobei das Wort lutherisch in der Oberpfalz keine Beleidigung ist. Waldthurn war laut May zu dieser Zeit von der evangelischen Gemeinde Floß und Vohenstrauß als katholische Gemeinde förmlich eingeklemmt.

Den evangelischen Glauben hatten die Wirsberger nach Waldthurn getragen. "May hatte diese Familie, die aus dem Frankenland stammte, richtig auf dem Kieker", erklärte Wappmann. Der evangelische Willibald von Wirsberg zog 1540 nach Waldthurn und heiratete einer Waldauerin. Er traf auf ein evangelisches Land. Seit Jahren tobte hauptsächlich im Stiftland der Bauernkrieg. "Damals hatten die Mönche von Waldsassen die Bevölkerung, sprich die Bauern, unheimlich gequält und vertrieben." So habe sich die Bevölkerung zum evangelischen Glauben orientiert. Die Auswirkungen waren bis nach Waldthurn zu spüren. May kritisierte, dass der evangelische von Wirsberg in Waldthurn katholische Symbole wie eine Monstranz verkaufte und davon eine Schule errichtete.

Die Wirsberger waren insgesamt fünf Generationen in Waldthurn, die ersten beiden Generation regierten sie als gelehrte Ritter. "Bei Georg Christoph in dritter Generation, der auf einer Landvilla in Georgenberg wohnte, und dessen Sohn Hans-Ulrich, handelte sich um Raubritter, die sich in der Region aufführten", erklärte Wappmann. Die Waldthurner und auch Waldauer beschwerten sich beim obersten Schutzherren, dem Kurfürsten von der Pfalz, über die verhassten Wirsberger, da Waldthurn zu dieser Zeit ein Lehen der Kurpfalz war. Ab 1623 begann sich der Katholizismus in der Region durchzusetzen.

Auf Druck des Kurfürsten von Bayern und entsprechendem Zwang wurden die Waldthurner deshalb 1628 wieder katholisch.

1647 stirbt die Familie Wirsberg in fünfter Generation aus und damit auch die Familie, die auf den Protestantismus sehr stark wert gelegt hatte - Waldthurn blieb anschließend herrenlos und wurde von München aus verwaltet.

Die Wirsberger wurden in Waldthurn in der St. Jodok-Kirche in der heutigen St. Sebastian-Kirche bestattet.

Nach dem 30-jährigen Krieg (1618 bis 1648) tauchte laut Wappmann um 1652 Fürst Wenzel Eusebius von Lobkowitz in Waldthurn auf. "Lobkowitz benötigte eine Grafschaft, die reichsunmittelbar ist." Dies bedeutete, dass Lobkowitz hier schalten und walten konnte, wie er wollte, denn er gehörte zu den obersten Adeligen im Deutschen Reich. Der Vater von Eusebius hatte bereits die Herrschaft Neustadt und Störnstein erworben. Eusebius wollte in der Oberpfalz ein großes Fürstentum aufbauen. Es gelang ihm - mit Hilfe seines Freundes Kaiser Leopold - den Kurfürsten von Bayern zu bewegen, Waldthurn abzugeben. Der Ort wurde im Jahr 1654 vom Kaiser zur reichsunmittelbaren Herrschaft erhoben und von Bayern unabhängig. Jetzt war Waldthurn kein Bauerndorf mehr und erhielt beispielsweise das Hochgericht. Eusebius heiratete in zweiter Ehe Prinzessin Auguste Sophie (1624-1682) von Pfalz-Sulzbach, die evangelisch war. Sie blieb protestantisch, obwohl die Familie Lobkowitz katholisch war.

Der Fürst ließ das Waldthurner Lobkowitzschloss für seine Frau bauen, denn diese wollte nicht mit in das katholische Wien ziehen. Er selbst ging als Reichshofkriegsratspräsident an den Kaiserhof. Er kam einmal im Jahr zur Zeugung der Kinder nach Waldthurn oder Neustadt/WN zu seiner Frau. Obwohl er katholisch war, war der Fürst laut Wappmann am Glauben wenig interessiert. Nach dem Tod von Auguste Sophie, die in der St. Lorenz-Kirche in Nürnberg begraben wurde, erlosch der evangelische Glanz der Fürstin von Neustadt/WN und Waldthurn.

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.