Waldthurn
06.05.2019 - 08:41 Uhr

Theater in Waldthurn: Anni bedient Publikum souverän

„Die Kellnerin Anni“ nimmt knapp 40 Zuschauer im alten Raiffeisengebäude in Waldthurn wortgewaltig zu vielen ihrer Lebenssituationen mit und gibt erfrischend, gleichzeitig grantig und philosophierend Einblicke in ihr Seelenleben.

Kellnerin Anni (Claudia Lohmann) bei ihrer kurzen Zigarettenpause in der Rumpelkammer Bild: fvo
Kellnerin Anni (Claudia Lohmann) bei ihrer kurzen Zigarettenpause in der Rumpelkammer
Kellnerin Anni auf der LTO - Bühne in Waldthurn Bild: fvo
Kellnerin Anni auf der LTO - Bühne in Waldthurn

Mit dem Projekt "ZwischenSpielRaum" des Landestheaters Oberpfalz (LTO), gefördert von der Bundesanstalt für ländliche Entwicklung im Rahmen der Ausschreibung LandKultur, hat die Gemeinde dem alten Gebäude am Marktplatz neues Leben eingehaucht. Das LTO präsentierte von Donnerstag bis Sonntag zwei Stücke: Die "Kellnerin Anni" und den Insektenkrimi "Die Wanze".

Zu Beginn der Donnerstagvorstellung mit knapp 40 Gästen stellte Regisseur Till Rickelt diese temporäre Spielstätte des LTO als einen "Ort für den Ort" vor. Wegen der Kälte im Gebäude, der auch mit bereitgestellten Decken nicht auf Dauer entgegentreten werden könne, habe man das Stück von ursprünglich zweieinhalb Stunden auf gut eine Stunde gekürzt. Der zweite Teil ist ab 19. Juli in Burgtreswitz zu sehen.

"Eine deutsche Frau raucht nicht", provozierte die Kellnerin, die von Claudia Lohmann so präzise gespielt wurde, als stünde niemand anders als die Kellnerin Anni selbst auf der kleinen Bühne. Anni erzählte bei ihren Bedienpausen mit einer Zigarette in einer Rumpelkammer über ihre gescheiterte Ehe und stellte fest, dass Besoffene mehr Trinkgeld als Nüchterne geben.

"Auch eine Bedienung, die Single ist, hat ein Intimleben", gab sie zu. Enttäuscht sei sie von verheirateten Männern, die nur "dingsen" wollen und dann wieder weg sind. Die manchmal einsam wirkende Frau erinnerte sich amüsiert, als ein verheirateter Verkaufsdirektor bei ihr ein Bad genommen hatte und sich dabei ein Shampoo inklusive rotem Färbemittel versehentlich in die Haare gerieben hat. "Wie ein plattertes Eichhörnchen schlich er zu seiner Ehefrau", meinte Anni.

Die Kellnerin nahm kein Blatt vor dem Mund und erzählte auf ihrem alten Barhocker sitzend von ihrem Ex-Mann Giselher und philosophierte über ihr Malheur, als sie den falschen Kraftstoff getankt hatte: "Alles lernen sie einem in der Fahrschule, aber nicht das Tanken!"

"Sie sind eine Nacktschönheit", meinte ein weiterer Freund, der dies durch ihre Kleidung hindurch sofort erkannte. Der Schmeichler war Bildhauer und behauptete, dass der Anni kein Kleid so gut stehen würde wie die Nacktheit - aber auch der Künstler entpuppte sich als eine Pleite. Zu guter Letzt sprach Anni über den Randelbeck Günter, der verstorben war. Er war der Schafkopfkönig vom Stammtisch und einer der wenigen, die einen Herz-Solo-Tout gespielt haben. Er spielte in allen Lebenslagen sein geliebtes bayerisches Spiel.

Lohmann war für dieses Ein-Personen-Stück von Herbert Rosendorfer die Idealbesetzung. Ihr nahm man jedes Wort ab. Das Publikum schmunzelte und kicherte oft, war von der intimen Offenheit der Kellnerin überrascht und hatte mit der optimistischen Frau auch Mitleid.

 
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