Weiden in der Oberpfalz
10.09.2023 - 14:24 Uhr

100 Jahre und kein bisschen leise: Posaunenchor St. Michael feiert

Der evangelische Posaunenchor von St. Michael in Weiden feiert im Oktober sein 100-jähriges Bestehen. Der Rückblick führt zum Ursprung, durch die dunklen Jahre der NS-Zeit und auf den Turm der Michaelskirche.

Am 1.Oktober um 9.30 Uhr feiert der Posaunenchor von St. Michael in Weiden sein hundertjähriges Bestehen mit einem Festgottesdienst in der Michaelskirche. "Dass ein Chor über eine so lange Zeit besteht, ist keine Selbstverständlichkeit, wie der Blick in die Vergangenheit beweist", teilt das evangelisch-lutherische Dekanat Weiden mit.

Die Idee zur Gründung entstand 1923 bei einem Ausflug des Evangelischen Männer- und Jünglingsvereins ins Pfreimdtal. Am 27. Juli desselben Jahres war es so weit: Auf Veranlassung des damaligen Stadtvikars von Lips fanden sich im evangelischen Vereinshaus vier Bläser zusammen – es war die Geburtsstunde des Posaunenchors von St. Michael. Die Gründungsmitglieder sind noch heute in der Chronik zu finden: Heinrich Keppner (Trompete), Stadtvikar von Lips (Flügelhorn), Hans Beer (Basstrompete) und Karl Mocker (Posaune). Ihren ersten öffentlichen Auftritt hatten die Bläser bei der Glockenweihe am 11. August.

Seitdem gehört das Musizieren im Gottesdienst zur DNA des Posaunenchores. „Gott zur Ehr, den Menschen zur Freud“ lautet das Motto. Beim Erntedankfest, zu Weihnachten oder beim Michaelsfest verleihen die Bläserinnen und Bläser den Feiern mit ihren Trompeten und Posaunen musikalischen Glanz. Der war anfangs hart erarbeitet. Gleich zweimal wöchentlich trafen sich die Musiker zur Probe, berichtete Chronist Hans Beer aus dem Jahr 1923.

NS-Zeit ließ Chor schrumpfen

Die Herrschaft der Nationalsozialisten brachte schwierige Zeiten mit sich. Die Chronik beschreibt, dass die Führung der SA-Reserve die Mitglieder nötigte. "Es solle sich die Kapelle geschlossen der besagten Parteiorganisation zur Verfügung stellen." Andersfalls drohe eine Untersagung jeglicher Aktivitäten. Schweren Herzens stimmte man zu. Trotz gegenteiliger Zusage: Zeit für das Blasen in der Kirche blieb von da an nur noch selten. Arbeitsdienst und Wehrmacht ließen den Posaunenchor erheblich schrumpfen. Nur durch beherztes Handeln einiger Mitglieder konnten nach Kriegsende einige Instrumente vor der Plünderung gerettet werden.

Doch nach und nach ging es aufwärts und die Mitgliederzahlen entwickelten sich positiv. Nicht zuletzt deshalb, weil das Blasen im Posaunenchor bald bei manchen Familien zum „guten Ton“ gehörte. Die Kinder der Mitglieder nahmen ganz selbstverständlich ein Blasinstrument zur Hand und verstärkten die Reihen. So tauchen Namen wie Stahl oder Leupold im Laufe der Jahrzehnte immer wieder in der Chronik auf. Gründer Hans Beer ist ein Großonkel von Christian Stahl, der heute nicht nur langjähriges Mitglied im Posaunenchor ist, sondern auch Mesner und Türmer von St. Michael.

Frauen seit 1974 dabei

Viele gemeinsame Einsätze schweißten die Mitspieler, zu denen seit 1974 auch Frauen gehören, zu einer Gemeinschaft zusammen. Für 1989 verzeichnet die Chronik 45 Proben sowie 11 Anfängerproben und 20 musikalische Einsätze, dazu 16 Mal Blasen mit dem Bezirkschor und fünfmal Turmblasen.

Das Blasen vom Turm der Michaelskirche war für den Posaunenchor über viele Jahrzehnte ein Highlight. Vor allem in der Silvesternacht. In alle vier Richtungen spielten die Musiker dann einen festlichen Choral. Damit sich der Klang der Instrumente mit dem der Glocken harmonisch verband, wählten sie die Musik mit Bedacht. Meistens stimmten sie deshalb den Choral „Herzlich lieb hab ich dich, o Herr“ an.

Raketen auf Turmbläser

Einige Silvesterraketen, die vor rund zwanzig Jahren gezielt in Richtung Michaelsturm abgeschossen wurden, machten der Tradition jedoch ein Ende. Die geschockten Bläser wollten sich dieser Gefahr nicht noch einmal aussetzen. Mittlerweile, gibt Günter Weigl, der den Chor seit 1992 leitet mit einem Schmunzeln zu, hat die Absage des Turmblasens noch einen weiteren Grund. Einige der Mitglieder seien doch etwas in die Jahre gekommen. Nach dem schweißtreibenden Aufstieg fehle ihnen einfach die Puste, um anschließend ihr Instrument zu spielen.

Grund genug, neue Ideen für die Zukunft zu entwickeln. Eine davon: Der Posaunenchor von St. Michael wird sich in diesem Herbst mit den Bläserinnen und Bläsern der Nachbargemeinde St. Markus zusammenschließen. Der Chor von St. Markus besteht seit 65 Jahren und wird von Fritz Landgraf geleitet. Beim gemeinsamen Musizieren bei den Freiluftgottesdiensten in den letzten Jahren hat sich herausgestellt, dass es miteinander passt. Den Taktstock übernimmt zukünftig Dekanatskantorin Anna-Magdalena Bukreev.

Hintergrund :

Chor sucht Mitglieder

  • Neue Mitglieder, "Jungbläser" willkommen, auch Erwachsene
  • Ehemalige Musiker gefragt
  • Kooperation mit Franz-Grothe-Musikschule ab Oktober
  • Monatlicher Beitrag
  • Weitere Informationen: anna-magdalena.bukreev[at]elkb[dot]de
 
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