(phs) Der Satz passt zurzeit für jede Wahlanalyse zwischen Kronach und Garmisch: Die AfD ist Gewinnerin. Im Stimmkreis Weiden ist das Gesicht dazu Karl Schmid im Bezirkstag. Er holte eines von zwei Listenmandaten. Was ihn freut, ist, dass er mit Finanzmathematiker Wolfgang Pöschl aus Cham den Parteifreund zur Seite hat, den er sich am meisten gewünscht hat. Pöschl trägt wie Schmid einen Doktortitel. Das kommt bei vielen Wählern an.
Zu zweit hat die AfD Fraktionsstatus. Was sie bewegen will, weiß Schmid noch nicht so recht: "Mein Steckenpferd sind Gesundheit und Soziales. Aber als Neue brauchen wir erst einmal Informationen, wie alles läuft", räumt der 80-Jährige ein. Wie etliche AfD-Kandidaten hat Schmid oberpfalzweit mehr eingeheimst als im Stimmkreis (7812 Voten gegenüber 16 109). Das ist auf den ersten Blick kurios, spricht aber vor allem für eine Protestwahl zugunsten der AfD. Der Mediziner ist allerdings als Leichtathlet überregional bekannt.
Höher Stimmenkönig
In ganz anderen Dimensionen bewegt sich die CSU. Lothar Höher (CSU) ist hinter Bezirkstagspräsident Franz Löffler aus Cham Stimmenkönig (25 641), ebenfalls mit einem sehr guten Ergebnis außerhalb des eigenen Stimmkreises (25 417). Deshalb will er sich auch wieder um den Posten des Bezirkstagsvizepräsidenten bewerben. Das Präsidiale ist ihm in seiner Freude über den Wiedereinzug von Brigitte Scharf (SPD) aus Erbendorf anzuhören, die dem vorletzten Bezirkstag angehörte, dann aber ihr Mandat verlor. "Mit ihr kann man hervorragend zusammenarbeiten." Gleiches gelte für Toni Dutz aus Wiesau und die bisherigen Bezirksräte. Karl Schmid kenne er nur als Sportler. "Ich bin aber keiner, der den anderen dämonisiert", sagt er über den AfD-Mann.
Höher geht in der Bezirksarbeit auf: "Gerade die letzten fünf Jahre waren vielleicht meine erfolgreichste politische Zeit." Die Arbeit der Bezirksräte werde aber in die "Watschenrunde wegen der Berliner Politik" mit einbezogen. Das habe sie nicht verdient.
Sabine Zeidler respektabel
Leid tut es Höher auch für Parteifreundin Andrea Lang, die als CSU-Listenbewerberin aussichtslos war. Oberpfalzweit war sie Drittbeste ihrer Partei. Fulminant war das Ergebnis der Pleysteinerin im heimatlichen Stimmkreis (11 995). Als Einzige schaffte sie ein fünfstelliges Resultat. Deshalb hadert sie ein bisschen mit dem Hare-Niemeyer-Wahlsystem, das kleinere Parteien begünstigt. Lang hat fast genauso viele Gesamtstimmen wie Scharf (15 869).
Die SPD-Direktkandidatin Sabine Zeidler kann die Wahl ebenfalls erhobenen Hauptes abhaken. Auf Anhieb landete sie auf Rang vier ihrer Liste mit 11 000 Stimmen. Damit ist sie zweite Nachrückerin. "Noch vor den Freien Wählern und den Grünen. Bei diesem SPD-Gesamtergebnis bin ich sehr stolz." Zeidler holte als Direktkandidatin 7179 Voten, die Freie Wählerin Gabriela Bäumler 6718 und die Grüne Agnes Scharnetzky 5479.
Damit bleibt der Bezirkstag für Freie Wähler aus der Nordoberpfalz ein schwieriges Pflaster. Scharnetzky dagegen kann sich freuen. Sie eroberte im ersten Anlauf bei den Grünen Platz drei und ist damit erste Nachrückerin.
Berliner Fluch über dem Bezirk
Bezirke sind neben Kommunen und Landkreisen die dritte kommunale Ebene Bayerns. Sie kümmern sich um Gesundheit und Soziales, Kultur und Fischereiberatung.
Das klingt nicht wie ein Schlachtfeld für Protestwähler und Wutbürger. Deshalb haben vor allem CSU-Politiker den gemeinsamen Wahltermin mit dem Landtag verflucht. Ihre Befürchtung: Es geht um Psychiatrie, der Wähler grollt aber wegen Diesel-Chaos in Berlin. Es geht um Museen, der Wähler denkt aber an Merkel und Maaßen.
Tatsächlich haben die beiden Volksparteien je ein Mandat verloren. Der Bezirk beweist aber, dass bunte Parlamente durchaus funktionsfähig sein können. Nach zuletzt sechs, gehören nun sieben Parteien dem Bezirkstag an. Lothar Höher ist in diesem Umfeld zum souveränen Vizepräsidenten gereift, Werner Windisch oder Petra Dettenhöfer haben dort für HPZ und Wöllershof, Neusath-Perschen und die Weidener Jugendpsychiatrie gekämpft.
Ihr unideologischer Ansatz sollte einem Kommunalparlament ein Vorbild sein, in dem erstmals AfD und Linke sitzen.
Von Friedrich Peterhans