Weiden in der Oberpfalz
30.12.2018 - 20:14 Uhr

Nicht aufgeben

Es war ein besonderer Moment für Sylvia und Marcel Lang aus Weiden. Tochter Paula hat "Mama" und "Papa" gesagt. Denn leider ist das nicht selbstverständlich.

Marcel und Sylvia Lang mit der kleinen Paula. Bild: Sylvia Lang
Marcel und Sylvia Lang mit der kleinen Paula.

Unsere Maus Paula wurde am 23. Dezember 2015 geboren. In der Schwangerschaft und bei der Geburt war alles normal, und wir freuten uns auf ein gesundes Kind.

Als Paula jedoch einige Monate alt war, hat sie sich nicht altersgerecht entwickelt. Wir waren bei der Schreiberatung, da sie sehr viel geweint hat. Zur U 5, mit einem halben Jahr, hat der Kinderarzt uns mitgeteilt, dass etwas nicht stimmt und es aussieht, als wenn die Kleine eine Dystonie hätte. Wir mussten weiter ins sozialpädiatrische Zentrum, und mit acht Monaten wurde in der Kinderklinik ein MRT gemacht. Man hat festgestellt, dass ein Teil des Gehirns nicht richtig ausgewachsen ist. Die fehlende Stelle ist für die Motorik und Sprache zuständig. Was diese Diagnose jedoch bedeutete, war uns bis dahin überhaupt nicht klar.

Zu diesem Zeitpunkt konnte unsere Maus nicht gezielt greifen, sitzen, krabbeln oder lautieren. Wir sollten mit der Frühförderung Kontakt aufnehmen, um sie in allen Bereichen zu fördern. Bei allen Gen- und Bluttests kam nichts heraus. Der nächste Schritt sollte ein Tablettenversuch mit Madopar (Dopamin) sein.

Eigentlich hätte ich mir gerne die Decke über den Kopf gezogen und alles nicht wahrhaben wollen, aber wer kämpft dann für sie? Und man klammert sich ja doch an jeden noch so kleinen Strohhalm.

Im November wurden wir ins Krankenhaus eingewiesen, damit die Tabletten überwacht werden, da diese erst ab 25 Jahren zugelassen sind. Paula hat bis zu diesem Zeitpunkt von uns zweimal täglich Vojta-Therapie bekommen, um für einige Stunden entspannter zu sein. Ohne Therapie war sie steif und konnte ihre Hände nicht öffnen, und die Füße waren sehr gekrümmt. Jedoch war diese Therapie eine psychische Herausforderung für mich. Zwar ist die Therapie nicht schmerzhaft für den Zwerg, aber trotzdem muss Paula in eine Position gebracht werden, die nicht schön ist.

Während des Krankenhausaufenthaltes habe ich diese Therapie abgesetzt, da ich schon wissen wollte, woher ein eventueller Erfolg kommt.

In der dritten Woche hat Paula beim Abendessen im Krankenhaus einfach ihre Hände geöffnet und saß entspannt da. Zusätzlich hat sie zum lautieren begonnen. Es hat lange Zeit gedauert, bis uns bewusst wurde, dass die Tabletten helfen und es kein Entwicklungsschritt ist. Wir haben uns irgendwann wieder getraut, kleine Träume zuzulassen.

Man konnte innerhalb kürzester Zeit eine total veränderte, kleine Paula sehen. Es hieß sogar, dass sie keine Orthesen mehr benötigt. So durften wir Schühchen für die Kleine aussuchen. Ich kann mich noch an die Aussage der behandelnden Ärztin erinnern: „Sie wird nicht so sprechen können wie wir, aber sie wird einen Weg finden, um sich zu verständigen.“

Der größte Wunsch war, dass unsere Tochter einmal „Mama“ und „Papa“ sagen wird, und das hat sich 2018 erfüllt. Durch die Tabletten durften wir erfahren, wie es sich anfühlt, dass unser Kind „Mama“ und „Papa“ sagt. Nun zu sehen, wie sie es schafft, in ihrem Schaukelpferd zu sitzen, und schon genervt Mama sagt, weil ich mal wieder zu langsam reagiere, ist so unbeschreiblich schön.

Da ich immer schon drei Kinder und mein Mann Marcel, zwei Kinder wollte, haben wir uns für ein weiteres entschieden. Die Schwangerschaft war alles andere als einfach und psychisch sehr schlimm für mich. Aber der Wunsch, noch ein Kind zu bekommen, war einfach viel größer. So wurden wir zusätzlich belohnt, da wir im Mai 2018 den kleinen Oskar bekommen haben. Es ist eine wunderbare Erfahrung, einem gesunden Kind beim Wachsen zusehen zu dürfen. Nun haben wir zwei kleine Mäuse und werden jeden Tag kämpfen, egal, was kommen mag.

Papa Marcel Lang mit dem kleinem Oskar. Bild: Sylvia Lang
Papa Marcel Lang mit dem kleinem Oskar.
Mein 2018:

Wir haben unsere Leser gefragt, welches Ereignis aus dem Jahr 2018 ihnen besonders in Erinnerungen bleiben wird. Die Geschichten, die uns daraufhin erreicht haben, sind – jede auf ihre Art – einzigartig.

Alle Geschichten unserer Lesen lesen Sie hier.

 
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