Weiden in der Oberpfalz
11.04.2025 - 12:49 Uhr

Auftakt Weidener Literaturtage: Als sich die Welt und Thomas Mann veränderten

In Weiden können sich Bücherfreunde derzeit wohlfühlen. Zum Auftakt der Literaturtage lag der Fokus auf der vielleicht bedeutendsten deutschen Schriftstellerfamilie des 20. Jahrhunderts: den Manns.

Die Journalistin und Autorin Kerstin Holzer bringt den Zuhörern einen entscheidenden Sommerurlaub im Leben Thomas Manns näher. Bild: stg
Die Journalistin und Autorin Kerstin Holzer bringt den Zuhörern einen entscheidenden Sommerurlaub im Leben Thomas Manns näher.

Es passt gut, dass bei der feierlichen Eröffnung der Weidener Literaturtage am Donnerstagabend im Neuen Rathaus die wohl bedeutendste deutsche Erzähler- und Schriftstellerfamilie des 20. Jahrhunderts im Mittelpunkt steht: die Familie Mann. Die Verantwortlichen haben dazu die Journalistin und Autorin Kerstin Holzer eingeladen. Am selben Tag ist ihr neues Buch erschienen: „Thomas Mann macht Ferien. Ein Sommer am See“. Weiden wird damit quasi zur Premierenstadt und markiert zugleich den Auftakt zu Holzers Lesereise, die sie in den nächsten Wochen und Monaten zu rund 40 Stationen in Deutschland führen wird.

Thomas Mann wurde vor genau 150 Jahren geboren und ist vor 70 Jahren gestorben – diese Jubiläen werden dafür sorgen, dass in diesem Jahr viel von dem Schriftsteller zu hören sein wird. „Zu Recht“, wie Kerstin Holzer betont und darauf verweist, dass Thomas Mann immer noch unglaublich spannend sei. „Das liegt an seinen Einsichten als Seelenkenner und seiner Melange aus der Tragik und Komik des Lebens“, meint Holzer. Sie selbst lässt sich wohl zweifellos als „Mann“-Kennerin charakterisieren, ist es doch bereits das dritte Buch Holzers über die Familie – nach dem Lebensporträt über Elisabeth Mann Borgese (die jüngste Tochter Thomas Manns) und dem Werk über die andere Tochter Manns „Monascella. Monika Mann und ihr Leben auf Capri“.

Für ihr neues Buch hat sich Holzer eine entscheidende Phase aus Thomas Manns Leben herausgesucht – den Sommerurlaub der Familie von Mitte Juli bis Mitte September 1918 am Tegernsee. „Die Welt ändert sich dramatisch und auch der 43-jährige Thomas Mann verändert sich“, so Holzer. In den ausgewählten Passagen, die Holzer vorliest, nimmt sie die Zuhörer mit zu den Ängsten und Sehnsüchten Thomas Manns. Zu der Lebenssituation, in der der spätere Nobelpreisträger mit sich selbst hadert. Sie berichtet von der Abreisesituation aus München, den „Leiden“ Thomas Manns wie die politische Lage und seine bald erscheinende reaktionäre Schrift „Betrachtungen eines Unpolitischen“, dem Wetter, dem gespannten Verhältnis zu Bruder Heinrich und seinen Zahnschmerzen. Holzer beschreibt den Tegernsee als „kreativen Kraftort“ und zeichnet eine Wanderung von Thomas und Katja Mann zum knapp 2000 Meter hohen Hirschberg nach.

Nicht fehlen dürfen die Episoden mit Manns Lieblingshund Bauschan, der die Vorlage für die humorvolle Erzählung „Herr und Hund“ lieferte, die wiederum während dieses Urlaubs am Tegernsee entstand. Und das alles in einer leichten und zugleich süffigen Sprache, in der auch Thomas Mann oder dessen Schwiegermutter immer wieder selbst zu Wort kommen. Viel Applaus gibt es dafür vom Publikum im voll besetzten Festsaal.

 
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