Weiden in der Oberpfalz
04.03.2020 - 10:56 Uhr

Augustinus-Gymnasium zeigt "Maria Stuart": Fake-News und Globalisierung im 16. Jahrhundert

„Maria Stuart“: Der Schiller-Klassiker wurde jetzt vom Oberstufentheater des Augustinus-Gymnasiums aufgepeppt: Am Dienstagabend feierte das Drama um die schottische Königin im Lichthof der Schule Premiere.

Maria Stuart (Josephine Holm, rechts), gerade erst aus der Festungshaft entkommen, schleudert der englischen Königin Elisabeth I. (Svenja Troidl, Zweite von links) ihren aufgestauten Frust entgegen. Bild: Kunz
Maria Stuart (Josephine Holm, rechts), gerade erst aus der Festungshaft entkommen, schleudert der englischen Königin Elisabeth I. (Svenja Troidl, Zweite von links) ihren aufgestauten Frust entgegen.

Zweimal 45 Minuten lang staunen die Zuschauer über ein Stück, dass vor mehr als 200 Jahren geschrieben wurde und bis in die Gegenwart nichts an Brisanz und Anziehungskraft verloren hat.

Der „Räuber“-Macher Friedrich Schiller gilt als einer der bedeutendsten deutschen Dramatiker. Das Schultheater will mit der Umsetzung des Klassikers das enge, verkrustete 150-Seiten-starke Reclam-Korsett aufbrechen und entstauben. Dem Ensemble geht es vor allem darum, das Publikum in die dramatische Geschichte von Verrat und Tod im England des 16. Jahrhunderts hineinzuziehen. Parallelen zur weltpolitischen und gesellschaftlichen Gegenwart inklusive. Es geht um Spannung, aber auch um Spaß.

Happy End? Fehlanzeige! Am tragischen Ausgang der Geschichte lässt sich auch im Abstand der Jahrhunderte nichts rütteln. Die katholische Schottin wird auch auf schulischer Bühne geköpft. Jugendfrei, weil nur akustisch angedeutet. Aber ihre Widersacherin, die protestantische Königin Elisabeth, triumphiert keineswegs. Schillers Werk ist brandaktuell. Das macht einen echten Literatur-Klassiker aus. Und das wollen Regisseurin Simone Lutz und ihre Theatergruppe beleuchten.

Der Plan ist, diese Feinheiten herauszustellen. Da fallen Sätze wie „Der Schotte kann niemals mit dem Engländer“. Sofort fällt einem der ewige Zank zwischen dem Norden und Süden Großbritanniens ein. Schottische Abspaltungsgedanken auch wegen des Brexits. Oder Protestanten gegen Katholiken, der leider nicht tot zu kriegende Kampf der Religionen. Es werden die persönlichen Befindlichkeiten der Herrschenden aufgezeigt. Auch Fake-News: Eine Nachricht, ein Todesurteil sind schnell unterzeichnet. Einer verbreitet irgendwas weiter und schon rollen Köpfe. Sogar die Globalisierung lässt sich bei "Maria Stuart" entdecken. Hat doch kein Geringerer als Sir Francis Drake im Auftrag der englischen Krone mit seinen marodierenden Banden weltweit Schätze zusammengeraubt.

Gespielt wird die klassische Version, die allerdings vom Fünf-Stunden-Stück auf 90 Minuten herabgekürzt wurde. Das Bühnenbild ist etwas moderner gehalten. Gleich im ersten Bild stapeln sich Altreifen übereinander. Beim Zusammentreffen der beiden Königinnen – Josephine Holm spielt Maria Stuart, Svenja Troidl Königin Elisabeth I. – prägen im Hintergrund Bierkästen die Bühnenlandschaft.

Hinter Schülern und Lehrern liegt „ein Haufen Arbeit“. Seit September wurde das Theaterstück einstudiert. Viele der Schauspieler bereiten sich parallel auf ihr Abitur vor. „Wir stellen das ohne finanzielle Mittel alles selbst auf die Beine“, meint die Regisseurin. „Wir sind ja nicht die Münchner Kammerspiele.“ Aus dem Blickwinkel des Betrachters gesehen: Schon aber ganz nah dran. Oberstudiendirektor Ulrich Winter: „Ich bin immer wieder begeistert, wie meine Schülerinnen und Schüler das hinbekommen.“

 
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