Weiden in der Oberpfalz
03.04.2019 - 16:58 Uhr

Autor Harald Grill liest und erzählt

Manche fahren in einem Tag mit dem Auto nach Rumänien, er brauchte – wie es der Titel seines neuen Buches „Hinter drei Sonnenaufgängen“ ausdrückt – drei Tage. So begannen für den ostbayerischen Autor Harald Grill seine Streifzüge.

von FSB
Autorenlesung mit Harald Grill und dem Musiker Mike Reisinger Bild: fsb
Autorenlesung mit Harald Grill und dem Musiker Mike Reisinger

Beim Literaturabend des Heimatrings der 33. Weidener Literaturtage nahm er im vollen Vereinsheim „Almrausch“ die begeisterten Zuhörer in einer musikalischen Lesung auf diese Reise mit.

Der Schriftsteller wurde neben seiner Lyrik auch durch seine „Spaziergänge“ berühmt. So wanderte er von Juli 2000 bis August 2001 bei seinem Projekt „Zweimal Heimgehen“ einmal vom Nordkap und danach von Syrakus aus durch die Regionen unseres Kontinents zurück nach Regensburg und begründete damit seinen Ruf als Europa-Entdecker.

In seiner Autorenlesung hält er es mit einem Ausspruch des kolumbianischen Nobelpreisträgers Gabriel Garcia Márquez: „Das Leben ist nicht das, was geschah, sondern das, woran wir uns erinnern und wie wir uns daran erinnern.“ So streut er in den Prosatext seine durch ihre Einfachheit und ihren lapidaren Stil bekannten Gedichte ein, beschreibt seine Eindrücke auch auf diese Weise, beweist erneut sein großes sprachliches Können und die Weite und Nähe seiner Poesie. Das beginnt schon im Gedicht „balkan-müsli“ mit den Schwierigkeiten, in diese fremdartige Welt einzutauchen: „ziegen- oder schafsjoghurt / gut vermischen mit buchweizen-, dinkel- oder haferflocken / … / täglich von vorn / die versuche eins zu werden mit dieser welt“. Und in „herbsttag am eisernen tor“ dichtet er am Ende seiner Reise: „schau wie der ostwind / das glatte fell der donau / gegen den strich streichelt / … / der fluss scheint kehrtzumachen / heimzu geht es heim“.

Mit angenehmer Stimme, betont, mit Melodieführung und auf hochdeutsch liest er aus seiner Art „Reiseführer“ vor – wenn er denn schon mal zum Lesen kommt. Denn er muss einfach immer wieder den Text unterbrechen, der den Rhythmus von Grills Art zu reisen atmet, behutsam, immer wieder innehaltend, mit der Langsamkeit eines Entdeckers. Seine Erlebnisse sprudeln nur so aus ihm heraus. „Ich bin eine Gefahr für die Menschheit, weil ich nicht mehr aufhöre, wenn ich von meinen Reisen erzähle“, meint er.

Den Hauptteil der Lesung nehmen seine auf Oberpfälzisch vorgetragenen, selbst erlebten Geschichten ein. Er gibt sie mit Seele wieder, „malt“ sie mit seiner ruhigen Erzählstimme und gestenreich vor das Auge des Zuhörers. Er versteht es, die zahlreichen Fakten mit allerlei Gedankengängen zu einer Art Hör-Roman zu verbinden, der sowohl neue Eindrücke vermittelt, humorvoll und spannend unterhält und mannigfaltige Hintergrundinformationen auf menschlicher, kultureller, historischer und politischer Ebene vermittelt.

Grills musikalischer Reisebegleiter ist Mike Reisinger mit seiner prägnanten Stimme, mit den warmen Tönen von Saxophon, Akkordeon und Bassklarinette. Dabei bezieht er in seine improvisierte, fremdländisch klingende Musik den Klangraum, das Thema des Abends und die Angebote des Moments mit ein – wie im Song „And the water is wide“ beim Anblick des Schwarzen Meeres. Ihm gelingt seine Absicht: „Das zu spielen, was die Literatur in dem Moment nicht sagen kann oder will.“

So machte der Leseabend Appetit darauf, Harald Grills literarische Verarbeitung seiner Eindrücke noch einmal ausführlich durch die Lektüre seines Buches, das schnell ausverkauft war, zu verinnerlichen.

 
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