Von RAin Dr. Christiane Bardenheuer
Es passiert nicht selten, dass der Erblasser per Testament nahe Angehörige von dem Erbe ausschließt. Nun sehen sich Angehörige mit der Frage konfrontiert, ob sie tatsächlich leer ausgehen oder dennoch einen Teil des Erbes beanspruchen können.
Grundsätzlich sind alle Personen in der Entscheidung frei, an welche Angehörigen oder auch Freunde, Bekannte oder sogar Fremden sie etwas vererben. Trotzdem gibt es unter bestimmten Voraussetzungen Pflichtteilsberechtigte, denen ein Teil des Erbes per Gesetz und aufgrund der gesetzlichen Erbfolge zusteht.
Wenn Pflichtteilsberechtigte Ansprüche geltend machen wollen, so müssen sie bestimmte Bedingungen erfüllen und viele rechtliche Aspekte beachten:
1. Welche Personen haben ein Pflichtteilsrecht?
Pflichtteilsberechtigt sind zunächst einmal die Kinder (eheliche, uneheliche sowie adoptiert), der Ehepartner und unter gewissen Einschränkungen die Eltern. Diese sind nur dann pflichtteilsberechtigt, wenn der Erblasser keine eigenen Kinder hat. Andere Verwandte, selbst nicht eheliche Lebensgefährten oder Stiefkinder oder Geschwister, sind nicht pflichtteilsberechtigt.
2. Wie hoch ist die Pflichtteilsquote?
Diese beträgt stets die Hälfte der gesetzlichen Erbquote. Letztere bestimmt sich nach den familiären Verhältnissen, also insbesondere, ob der Erblasser Abkömmlinge hatte, verheiratet war etc. Oft ist es schon schwierig diese Pflichtteilsquote zu ermitteln. Man wird auf jeden Fall Rechtsrat von einem spezialisierten Rechtsanwalt benötigen.
3. Wie berechnet man den Pflichtteilsanspruch?
Für die Berechnung des Pflichtteilsanspruches benötigt man neben der Pflichtteilsquote auch den Wert des Nachlasses. Hierzu zählen alle Vermögenswerte. Hiervon sind Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen, vor allem Schulden des Erblassers und der Bestattungskosten.
4. Wo muss ist den Pflichtteilsanspruch geltend machen?
Pflichtteilsberechtigte müssen den Ihnen zustehenden Pflichtteil aktiv, das heißt am besten schriftlich einfordern. Dies geschieht gegenüber dem Alleinerben oder den entsprechenden Miterben. Per Gesetz gibt es keine Verpflichtung für die Erben einen Pflichtteil automatisch an die Berechtigten zu zahlen. Auch das Nachlassgericht gewährt hier den Pflichtteilsberechtigten keine Unterstützung.
5. Muss mir der Erbe Auskunft über den Nachlass erteilen?
Als Pflichtteilsberechtigter haben Sie oft gar nicht die Möglichkeit sich einen Überblick über den Nachlass zu verschaffen, um die Ansprüche zu beziffern. Daher gibt Ihnen das Pflichtteilsrecht umfassende Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche gegenüber dem Erben. Dieser muss daher insbesondere ein Nachlassverzeichnis erstellen und vor allem bei Immobilien oder Unternehmensanteil, deren Wert durch Sachverständigengutachten, ermitteln lassen.
6. Wie werden Schenkungen berücksichtigt?
Hat der Erblasser zu Erbzeiten Vermögenswerte verschenkt, so ist der Wert der Schenkung unter Umständen dem pflichtteilsrelevanten Nachlass hinzugezählt. Die bis zu einem Jahr nach der Schenkung bestehenden Pflichtteilsergänzungsansprüche werden in Höhe des gesamten Wertes der Schenkung und mit jedem Jahr nach der Schenkung (bis zum Erbfall) um zehn Prozent reduziert, so dass zehn Jahre nach der Vermögensübertragung keine Ansprüche mehr bestehen.
7. Wann verjährt der Pflichtteilsanspruch?
Ihre Pflichtteilsansprüche verjähren in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, von dem Sie vom Erbfall und der Enterbung erfahren haben. Fristende ist aber stets erst der 31. Dezember des Jahres, in dem die drei Jahre verstrichen sind.
8. Kann auf den Pflichtteil verzichtet werden?
Zu Lebzeiten des Erblassers kann auf den Pflichtteil verzichtet werden. Dies bedarf aber der notariellen Form.
9. Habe ich auch einen Pflichtteilsanspruch, wenn ich etwas geerbt habe?
Auch wer Erbe geworden ist, kann unter Umständen ein Pflichtteil geltend machen. Einen Zusatzpflichtteil hat man bei einer teilweisen Enterbung, wenn also am Ende weniger als die gesetzliche Erbquote herauskommt. Sogar bei einem vollen Erbteil sind Pflichtteilsansprüche möglich, nämlich dann, wenn der Nachlass zu Lebzeiten durch Schenkung geschmälert wurde.
10. Ist man als Pflichtteilsberechtigter auch Teil der Erbengemeinschaft?
Das deutsche Erbrecht, insbesondere das Pflichtteilsrecht ist sehr detailliert, aber auch sehr kompliziert geregelt. Der Pflichtteilsberechtigte wird gerade nicht Erbe und wird daher auch nicht in eine Erbengemeinschaft eingebunden. Er hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf eine Geldzahlung in Höhe des Pflichtteils.
Es bedarf in jedem Fall einer rechtlichen Hilfe durch einen spezialisierten Anwalt. Dieser kann dann auch, von Beginn an, die Ansprüche der Berechtigten durchsetzen, sodass letztendlich auch dieser andere Pflichtteilsberechtigte ausgezahlt wird.
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