Weiden in der Oberpfalz
16.10.2019 - 15:56 Uhr

Unter Bedingungen: Gebhardt bleibt Tafel treu

Zehn Jahre besteht die Tafel Weiden-Neustadt/WN. Nun könnte es mit einem bekannten Gesicht in Weiden weitergehen.

"Tafel"- Chef Josef Gebhardt zeigt den Ehrengästen ein Essenspaket, das er gespendet bekam, weil es nicht zustellbar gewesen war. Wenn alle möglichen Lebensmittel an ein Städtchen in der Oberpfalz geliefert werden und dann von dort aus paketweise nach ganz Deutschland versendet werden, sei dies "zumindet eine fragwürdige Ökobilanz", so Gebhardt. Bild: hcz
"Tafel"- Chef Josef Gebhardt zeigt den Ehrengästen ein Essenspaket, das er gespendet bekam, weil es nicht zustellbar gewesen war. Wenn alle möglichen Lebensmittel an ein Städtchen in der Oberpfalz geliefert werden und dann von dort aus paketweise nach ganz Deutschland versendet werden, sei dies "zumindet eine fragwürdige Ökobilanz", so Gebhardt.

Dass es in einem so reichen Land wie Deutschland nötig ist, eine „Tafel“ zu betreiben, sei deprimierend und traurig, stellte SPD- Stadtverbandsvorsitzende Sabine Zeidler in der Jahreshauptversammlung der „Weidener Tafel“ fest.

Dass es nötig ist, Lebensmittel an bedürftige Menschen zu verteilen, belegte Vorsitzender Josef Gebhardt mit eindrucksvollen Zahlen. Habe man vor drei Jahren noch gut 37.000 Abholungen gezählt und in den vergangenen zwei Jahren jeweils über 33.000, so werden es 2019 mit voraussichtlich 31.000 etwas weniger sein, berichtete Gebhardt. Zu erklären sei dies, weil die Zahl der Asylbewerber und Flüchtlinge erheblich zurück gegangen sei. „Aber wer weiß, ob das übermorgen nicht wieder 1000 mehr sind?“, stellte der Stadtrat fest. 1386 Personen, davon 864 aus Weiden und 516 aus dem Landkreis, seien Ende vergangenen Jahres abholberechtigt gewesen. Jeder davon versorgte durchschnittlich 2,5 Menschen. Ein Drittel der Berechtigten seien Hiesige gewesen, ein Drittel waren Menschen aus den ehemaligen GUS-Staaten und ein Drittel Flüchtlinge bzw. Asylbewerber. Zu schaffen sei die Herkulesaufgabe, die Waren bei den Spendern abzuholen, zu sortieren und auszugeben, nur durch 12 feste Mitarbeiter und 70 Ehrenamtliche. Drei davon seien täglich da gewesen und seien ohne Entschädigung viele Kilometer für die „Tafel“ gefahren: Bert Mayer, Gerhard Landgraf und er, Gebhardt selbst.

Der Tafel-Vorsitzende erinnerte an die Inbetriebnahme der neuen Räume im April 2017. Die Enge im Stockerhutweg könne sich niemand mehr vorstellen. Heute habe man fünf Kühlzellen und einen Froster, dank einer großzügigen Spende von „Lidl“. Mit drei Transportern werde jährlich 70.000 Kilometer gefahren. Es werde von Lebensmittelgeschäften in der Region abgeholt, aber auch von Betrieben in Schwarzenfeld, Schwandorf, Kemnath, Regensburg, Nürnberg, Neunburg vorm Wald, Bor (Tschechien) und Pfaffenhofen/ Ilm. Daneben würden auch Landwirte aus der Region spenden. Zu Beginn der Sommerferien würden 600 neue Kinderbücher ausgegeben und zu Schulbeginn 100 Gutscheine à 30 Euro, die aus Pfandbons-Spenden bei Real stammten. Auch ein Flohmarkt im Haus, wo neben Kleinigkeiten auch Kinderwagen, Auto-Kindersitze und Kleidung zu finden sei, erfreue sich großer Beliebtheit. Rainer Nachtigall, Schatzmeister der SpVggSV, übergab Sitzplatz- Tribünenkarten im Wert von 500 Euro an Gebhardt, so dass auch Bedürftige die Spiele des Fußballvereins besuchen können.

Überhaupt soll die Teilnahme der „Tafel- Kunden“ am gesellschaftlichen Leben verbessert werden, forderte Gebhardt. Ein als Mitarbeiterbesprechungsraum vorgesehenes Zimmer soll zum „Abholertreff“ werden um dem „Alleinsein“ entgegen zu wirken. Weil zudem mehr Lagerkapazität benötigt werde, müsse man leer stehende Nebenräume anmieten. Wenn dies klappe, werde er im nächsten Jahr nochmals als Vorsitzender antreten, obwohl er eigentlich seinen Abschied angekündigt hatte, sagte Gebhardt unter tosendem Applaus der Anwesenden.

Gabriele Glaubitz legte Finanzen vor, die von den Revisoren Elmar Grosser und Stefanie Sperrer als „absolut zufrieden stellend“ bezeichnet wurden. Hedwig Reger von der „Tafel“-Ausgabestelle Vohenstrauß berichtete, dass die Waren dort zu einem Drittel aus Weiden und zu zwei Drittel aus dem Raum Vohenstrauß kämen. Durchschnittlich würden dort 73 Körbe Lebensmittel pro Woche ausgegeben. 21 Mitarbeiter, von denen 11 von der ersten Stunde an dabei gewesen seien, zähle man in Vohenstrauß.

Die Oberbürgermeisterkandidaten Benjamin Zeitler und Ali Zant betonten, dass es nicht allein um Hilfe für Bedürftige gehe, sondern auch um verantwortungsvollen Umgang mit Lebensmitteln. Noch immer würden in Deutschland jährlich 18 Millionen Tonnen auf dem Müll entsorgt. Die „Engel für Mitmenschen“, wie Zeitler die „Tafel“-Mitarbeiter bezeichnete, brächte diesen menschliche Wertschätzung entgegen. Zant wünschte Gebhardt noch einen „langen Atem und frische Ideen“.

Kleidung, Kinderartikel und Haushaltswaren zuhauf gibt es im Flohmarkt der "Tafel". Bild: hcz
Kleidung, Kinderartikel und Haushaltswaren zuhauf gibt es im Flohmarkt der "Tafel".
 
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