Betrüger schlagen im Landkreis Neustadt/WN mit "Tochtertrick" zu

Weiden in der Oberpfalz
08.08.2022 - 17:46 Uhr
OnetzPlus

Eine Betrugsmasche, wie man sie immer wieder hört: Ein Angehöriger hat eine neue Telefonnummer, steckt aber in Schwierigkeiten und braucht dringend Geld. Eine Mutter erzählt von der üblen Masche. Die Polizei weiß, wie man sich schützt.

Der Unterschied zwischen Enkeltrick und Tochtertrick ist, dass beim Tochtertrick das Opfer nicht über einen Anruf, sondern über Textnachrichten kontaktiert wird.

Die Nachricht ist harmlos. "Hallo Mama, ich habe mein Handy verloren und deswegen mein altes reaktiviert. Wundere dich nicht über die neue Nummer." Ohne Rechtschreibfehler. Damit hatten die Betrüger eine Frau aus dem östlichen Teil des Landkreises Neustadt/WN Mitte vergangener Woche an der Angel. Sie glaubt, mit ihrer Tochter zu sprechen. Doch dann: "Nach ein bisschen Blabla haben sie nach Überweisungen gefragt."

Insgesamt etwa 3600 Euro fordern die Betrüger von der Betroffenen, die ihren Namen nicht veröffentlicht wissen will. Von vornherein weigert sie sich, das Geld zu überweisen. "Das machen wir nur zusammen", schreibt sie ihrer vermeintlichen Tochter zurück. So etwas würde sie nicht über Nachrichten machen. Und fragt, warum das Ganze eigentlich? Die Frau gibt den Betrügern eine Vorlage: "Ich habe gefragt, wofür sie das Geld braucht. Für die Arbeit?" Darauf die Betrüger: "Ja, natürlich für die Arbeit."

Sorge um die Tochter

Immer wieder bittet die Frau ihre "Tochter", sie zurückzurufen. Jedes Mal wird ihre Bitte ausgeschlagen. Der Akku sei leer, die "Tochter" habe kein Ladekabel dabei. "Aber da hätte doch jemand da sein müssen, der eins hat, oder der ihr das Handy leihen kann", so die Betroffene. Bald merkt die Frau, da stimmt etwas nicht. "Aber ich habe mir trotzdem Gedanken gemacht. Vielleicht ist meine Tochter ja in Schwierigkeiten", erklärt sie.

Dann bauen die Betrüger Zeitdruck auf. "Bis zwölf Uhr muss das Geld da sein, haben sie mir gesagt", so die Betroffene. Es ist schon abends, die Mutter ist immer noch in der Arbeit. Als sie schließlich nach Hause kommt, nimmt sie sofort das Telefon in die Hand und ruft ihre Tochter auf der Festnetznummer an. "Meine Tochter ist aus allen Wolken gefallen."

Sofort bringen Mutter und Tochter den Betrugsversuch bei der Polizei in Weiden zur Anzeige. Dort kann man ihr aber nur wenig Hoffnungen machen. "Die Polizei meinte, vermutlich existiert die Nummer schon gar nicht mehr." Der Polizist, der ihre Anzeige aufnimmt, wundert sich über die Dreistigkeit, mit der die Betrüger vorgegangen sind. "Er meinte, er hat schon vieles gehört, aber so etwas noch nicht."

Neuester Trend: Tochtertrick

Mario Schieder von der Polizeiinspektion Weiden kennt diese Betrugsmasche. "Das Phänomen taucht seit zwei bis drei Monaten auch bei uns verstärkt auf." Man könne schon fast vom neuesten Trend sprechen. Etwa ein bis zwei Meldungen darüber bekommt die Polizeiinspektion Weiden wöchentlich. Und das sind nur die Betroffenen, die den Vorfall auch anzeigen. Apropos: Sollte man einen solchen Vorfall anzeigen? Schieder: "Solange die Betrüger nur Kontakt herstellen, sprechen wir von einer straflosen Vorbereitungshandlung. Da fehlt einfach die strafrechtliche Relevanz." Strafbar wird es erst, wenn die Betrüger konkret Geld fordern.

Ähnlich zum beliebten Enkeltrick über das Telefon versuchen die Täter, die vermutlich in einer Art Call Center zusammensitzen, beim sogenannten Tochtertrick, ihren Opfern per Whatsapp Geld abzuquatschen. Der Modus Operandi, die Verfahrensweise, ist laut Schieder dabei eigentlich immer gleich: Zuerst wird Kontakt aufgebaut, das Vertrauen gewonnen, dass die Opfer wirklich mit ihren Angehörigen sprechen, im richtigen Moment eine Notsituation vorgegaukelt. Die Betrüger nutzen den Schock ihrer Opfer aus, um hohe Geldsummen zu verlangen.

Betrug über Whatsapp schwierig

Was beim telefonischen Enkeltrick tatsächlich funktioniert, stellt sich für die Täter per Whatsapp aber als schwierig heraus. Schieder: "Ich kenne eigentlich keinen Fall von hier, wo jemand auf den Tochtertrick hereingefallen ist." Am Telefon schaffen es die Täter besser, Druck aufzubauen, wohingegen die Opfer auf Whatsapp oft einen kühleren Kopf bewahren. "Wenn man direkt miteinander spricht, hat man nicht die Zeit, über eine Antwort nachzudenken, wie man sie für eine Textnachricht hat."

Die Alarmglocken sollten bei der Kombination aus einer fremden Nummer, der bekannten Nachricht und der Forderung nach Geld läuten. Das beste Vorgehen, wenn einem eine Nachricht komisch vorkommt: "Ignorieren, löschen, beenden", sagt Schieder. Außerdem empfiehlt er, die Tochter oder andere Angehörige, die einem vorgegaukelt werden, einfach mal auf einer anderen Nummer zu kontaktieren. Dann löst sich der Spuk meist sofort auf.

Service:

Vorsicht vor diesen Betrugsmaschen

  • Enkeltrick: Die Täter rufen an, täuschen vor, Angehörige der Angerufenen zu sein und in einer Notlage zu stecken. So versuchen sie, an das Geld des Opfers zu kommen.
  • Tochtertrick: Ähnlich wie beim Enkeltrick kontaktieren die Täter die Angehörigen und geben sich als Tochter oder Sohn aus. Die Kinder steckten in einer Notlage und bräuchten dringend Geld.
  • Falscher Polizist: Bei diesen Anrufen erscheint oft die „110“ oder eine andere örtliche Telefonnummer auf dem Display. Die Betrüger fordern auf, Geld- und Wertgegenstände an vermeintliche Polizisten zu übergeben, weil angeblich demnächst ein Wohnungseinbruch geschehen wird.
  • Ebay: Ein sogenannter Dreiecksbetrug, bei dem zwei Nutzer von Ebay-Kleinanzeigen gegeneinander ausgespielt werden. Ein Verkäufer bietet etwas in Ebay-Kleinanzeigen zum Kauf an, der Täter zeigt Kaufinteresse und fordert zur Bezahlung die Paypal-Daten des Verkäufers. Dann bietet der Täter den Artikel zum Kauf an und wird so vermeintlicher Verkäufer. Er leitet dem Käufer die PayPal-Daten des Verkäufers weiter, lässt sich aber den Artikel an seine eigene Adresse weiterleiten.
 
 

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