Weiden in der Oberpfalz
17.01.2021 - 13:36 Uhr

Bündnis Walderhalt: Alternativen zu West IV nicht ernsthaft gesucht

Was taugt die Prüfung der Standortalternativen für ein großes Weidener Gewerbegebiet wirklich? Das Aktionsbündnis Walderhalt sieht Argumentationslücken und mahnt - vor dem Bürger- und Ratsentscheid am 14. Februar - schlüssige Unterlagen an.

Nach Ansicht des Aktionsbündnisses Walderhalt hat die Stadt Weiden bisher keine schlüssige Standortalanalyse für ein großes Weidener Gewerbegebiet vorgelegt. Das Bündnis, das einen Bürgerentscheid erzwungen hat, kritisiert die Fokussierung auf die Waldflächen Weiden-West IV. Bild: Gabi Schönberger
Nach Ansicht des Aktionsbündnisses Walderhalt hat die Stadt Weiden bisher keine schlüssige Standortalanalyse für ein großes Weidener Gewerbegebiet vorgelegt. Das Bündnis, das einen Bürgerentscheid erzwungen hat, kritisiert die Fokussierung auf die Waldflächen Weiden-West IV.

Ist die Prüfung von alternativen Standorten wirklich abgeschlossen, fragt das Aktionsbündnis in einer Presseerklärung, die die Sprecher Hans Riedlbauer und Corinna Loewert, die neue Vorsitzende der Ortsgruppe des Bundes Naturschutz, erstellt haben. Die Stadt Weiden erklärte die Prüfung von alternativen Standorten für ein Gewerbegebiet als abgeschlossen, wundert sich das Aktionsbündnis. Finanzdezernentin Cornelia Taubmann ("Warum macht das nicht der Baudezernent?") stelle dazu fest, dass nur ein bestimmter Bereich, nämlich "West IV" für ein Gewerbegebiet geeignet sei.

Gesteuerte Untersuchung?

Scharf kritisiere das Bündnis, dass sich die Stadt an der Planung des Gewerbegebiets West IV auf Kosten von knapp 70 Hektar Wald (rund 100 Fußballplätze) festklammere. "Dies ist auf eine früher getroffene Entscheidung zurückzuführen, die weder transparent, nachvollziehbar noch schlüssig ist", betonen die Sprecher.

Die Planungen zu West IV seien in den vergangenen Jahren ins Stocken geraten, da die damals vollzogene Entscheidung im frühzeitigen Bauplanverfahren keiner Überprüfung standgehalten hätte, erklären Loewert und Riedlbauer. "Deswegen wird sich nun erst um eine Alternativenprüfung bemüht. Nachdem sich allerdings eine Mehrheit des Stadtrats schon frühzeitig auf West IV versteift hat, wird man wohl wieder bei West IV landen wollen."

Kosten-Nutzen-Abgleich

Das Aktionsbündnis befürchte, dass es sich bei der offenbar derzeit laufenden Alternativenprüfung um eine gesteuerte Untersuchung handele, bei der das Ergebnis von vorneherein feststehe. "Solange nicht alle Kriterien für die Alternativenprüfung nachvollziehbar offengelegt werden, ist dieses Ergebnis nicht tragbar, da tendenziöse Aussagen in der Untersuchung nicht ausgeschlossen werden können." Es dürfe zum Beispiel keine Rolle spielen, dass die Fläche nur einem Eigentümer gehört, weil damit das Ergebnis automatisch auf große Waldgebiete der Freistaats Bayern hinauslaufen würde.

Zudem dürfe keine Rolle spielen, dass mit der Planung in Weiden-West landwirtschaftliche Flächen im Süden und Westen der Stadt geschont würden, weil damit Land- und Forstwirtschaft gegeneinander ausgespielt werden würden. Stattdessen müsse das Gebot des Flächensparens und des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden für alle Planungen gelten. Es muss ein Kosten-Nutzen-Abgleich bei allen alternativen Gebieten betrachtet werden. An einem Beispiel seien die Bedenken des Aktionsbündnisses vereinfach dargestellt: "Sie suchen ein straßentaugliches Auto, das mindestens 300 Stundenkilometer schnell ist, von einem italienischen Hersteller stammt, dessen Name mit dem Buchstaben „F“ beginnt und in dessen Logo ein Pferd dargestellt ist. Eine solche Suche ist erstens nicht ergebnisoffen und zweitens alternativlos. Genau wie bei West IV."

Kleinere Flächen vernachlässigt

Hätte sich die Stadt Weiden nicht auf West IV als Standort für ein Gewerbegebiet versteift, wären heute womöglich schon längst Gewerbeflächen realisiert, wenn auch in kleinerem Umfang (z.B. alter Rangierbahnhof), vermuten die Sprecher des Aktionsbündnisses Walderhalt. "Ohnehin wird die Aussage von der nicht vorhandenen Verkaufsbereitschaft der Landwirte gerade durch den Bau einer riesigen Reithalle bei Neunkirchen ad absurdum geführt."

Ebenfalls "nicht belegbar und damit mutmaßlich" sei die Behauptung der Stadtkämmerin, im autobahnnahen Umgriff des Luftlandeplatzes Latsch und in den beiden Neunkirchner Alternativstandorten lebten seltene Reptilien und Vogelarten. "Von dieser Tatsache, dass sich dort offensichtlich keine der vermuteten Arten befinden, konnte sich jeder Interessierte bei einer Führung des Bundes Naturschutz im Frühsommer 2020 überzeugen (Der NT berichtete). Die Veranstalter hätten sich sehr über einen Besuch von Frau Taubmann gefreut."

Hans Riedlbauer, einer der Sprecher des Aktionsbündnisses Walderhalt Bild: Riedlbauer/exb
Hans Riedlbauer, einer der Sprecher des Aktionsbündnisses Walderhalt
Corinna Loewert, Sprecherin des Aktionsbündnisses und Ortsvorsitzende des Bundes Naturschutz. Bild: Loewert/exb
Corinna Loewert, Sprecherin des Aktionsbündnisses und Ortsvorsitzende des Bundes Naturschutz.
Hintergrund:

Aktionsbündnis Walderhalt

  • Gegründet im Herbst 2019
  • Derzeit rund 60 Mitglieder
  • Sprecher sind Hans Riedlbauer (68, ehemaliger Handelslehrer an der Wirtschaftsschule Weiden) und seit kurzem Corinna Loewert (28, Ortsvorsitzende des Bundes Naturschutz in Weiden. Die Kohlbergerin wohnt seit drei Jahren in Weiden und wirkt seit Mai 2019 als Klimaschutzbeauftragte der Stadt Amberg). Zum Sprecherkreis zählen auch die Stadträte Helmut Schöner und Ali Daniel Zant.
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